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TikTok wird in Europa nach eigenen Angaben jeden Monat von 134 Millionen Menschen genutzt.

© dpa/Monika Skolimowska

Vor der Europawahl: Die SPD in der TikTok-Falle

Bei den Bundestags-Accounts liegen SPD und AfD beinahe gleichauf, doch bei der Mobilisierung der Nutzer sieht es ganz anders. Was sich bei TikTok vor der Europawahl ändern muss.

Ein Kommentar von Kurt Sagatz

| Update:

Besonders die SPD sollte im Superwahljahr dringend an ihrer Social-Media-Strategie arbeiten. Die Mobilisierung der Sozialdemokraten ist speziell bei TikTok desaströs. Die SPD-Fraktion stellt auf der chinesischen Plattform fast ein Drittel der Accounts aller Bundestagsparteien, konnte damit aber – Stand Oktober 2023 – gerade einmal 290.000 Likes erzielen.

Nur die Grünen mit leicht über 190.000 Likes schnitten noch schlechter ab. Die Linke kam hingegen auf sechs Millionen und die AfD sogar auf 17,7 Millionen Likes – obwohl die rechtspopulistischen Bundestagsabgeordneten nur unwesentlich mehr TikTok-Accounts unterhalten als die SPD.

Der Ruf von TikTok ist kaum besser als der der AfD. Allerdings nicht wegen einer wie auch immer gearteten politischen Linie, sondern wegen Sicherheitsbedenken. Bundesinnenministerin Nancy Faeser sieht zwar keinen Grund für eine Verbotsdebatte in Deutschland – wie es sie derzeit in den USA gibt. Aber die Gefahr, dass „die Daten natürlich abfließen können“, sieht auch sie.

Die zum chinesischen Bytedance-Konzern gehörende Social-Media-Plattform ist bemüht, die Bedenken gegen TikTok zu zerstreuen. In dieser Woche hat der Dienst ausführlich erläutert, „wie wir uns auf die Europawahl 2024 vorbereiten“.

Community-Regeln und externes Fact Checking

Der Maßnahmen-Katalog wirkt umfassend: Mit der „konsequenten Durchsetzung der Community-Richtlinien“ sollen Fake News und verdeckte Einflussnahme „frühzeitig erkannt und entfernt“ werden. Stolz verkündet TikTok, dass zuletzt 99 Prozent aller Inhalte mit Fehlinformationen unter anderem zu Wahlen entfernt wurden, bevor Nutzer sie gemeldet hätten. Zudem soll die Kooperation mit Fact-Checking-Partnern ausgeweitet, der Zugang zu Wahlinformationsseiten mit gesicherten Inhalten erleichtert und die politische Beeinflussung durch KI-Trolle verhindert werden.

Die Sache hat einen Haken: Einige der Vorkehrungen gab es schon zur Bundestagswahl 2021, unter anderem durch eine Kooperation mit Funk, der „Tagesschau“ und den jungen ARD-Radiowellen. Die überproportionale Verbreitung von AfD-Inhalten konnte das nicht verhindern. Vielleicht ist der zivilgesellschaftliche Protest, wie er sich in der ganzen Republik manifestiert, das wirksamere Mittel gegen antidemokratische Tendenzen und den Populismus von rechts.

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