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Blick vom Entree in den Garten, den Raum füllt eine Buchstabenarbeit von Jaume Plensa.

© Adolfo Benetó

Tausend Pferdestärken: Eine neues privates Museum für Valencia

Sieben Jahre lang wurde eine Villa im Zentrum der Altstadt restauriert, nun ist Platz für die Sammlung der spanischen Milliardärin Hortensia Herrero.

Ein Koloss stellt sich in den Weg. Er ist aus Stein, meterhoch und unüberwindbar. Dass es sich um antikes Erbe handelt, muss man wissen – und wird in der Sammlung von Hortensia Herrero sofort erklärt. Es gibt Infotafeln und einen Medientisch zur Geschichte der Villa: Im Keller schlummert ein Stück jener römischen Arena, die sich einst durch Valencia zog.

Der Palacio Valeriola in der Altstadt hat seine Wurzeln im 14. Jahrhundert, aber es geht immer noch ein bisschen tiefer und älter in der spanischen Metropole. Nachdem Hortensia Herrero die Ruine übernommen hatte, in der mal ein Boutique-Hotel entstehen sollte, bis 2008 die Investoren das Bauwerk ohne Dach der Witterung überließen, wurde sieben lange Jahre renoviert. Dann zog vor wenigen Wochen Herreros Kunstsammlung ein.

Engagement der Mäzene

Für die Mittsiebzigerin, die zusammen mit ihrem Mann die größte spanische Supermarktkette besitzt, mag das finanziell kein Thema sein. Und doch wundert man sich über den beständigen Enthusiasmus und die Großzügigkeit solcher Mäzene, die man hierzulande vergeblich sucht: Das Paar fühlt sich seiner Stadt tief verbunden, hat bereits Kirchen restaurieren lassen und in Hafennähe mit der Initiative „Marina de Emprasas“ eine Adresse für die Vermittlung von Wissen geschaffen.

Kunst auf 3500 Quadratmetern

Wissen treibt auch die Hortensia Herrero Collection. Anfangs sammelte die Unternehmerin spanische Kunst, wie sie die Künstlerin Elena del Rivero verkörpert oder Cristina Iglesias, deren ortspezifische Installation „Tránsito mineral“ wie ein unterirdischer, von der Natur geschaffener Gang von der historischen Architektur in den Neubau führt. Ein Künstler wie der 1942 geborene Manolo Valdés irritiert mit seiner monumentalen Menina (2020) nach Velázquez aus Kunstkristall, und mit dem Engagement des Kurators Javier Molins verschob sich das Interesse: Nun dominieren internationale Positionen auf den verschachtelten 3500 Quadratmetern Ausstellungsfläche.

Hortensia Herrero neben einer Skulptur von Tony Cragg.

© Adolfo Benetó

Olafur Eliasson, Roy Lichtenstein, Alexander Calder, Tony Cragg, Jaume Plensa, Julian Opie. Männliches Namedropping, zweifellos – und man darf sich fragen, ob diese Angleichung eine individuelle Kollektion nicht auch konform werden lässt. Doch erstens hebt Molins als künstlerischer Direktor die Sammlung so auf ein internationales Niveau und macht das junge Privatmuseum zu einem spektakulären Ort für zeitgenössische Positionen. Und zweitens ist es dem Duo gelungen, herausragende Werke von Künstlerin wie Antoni Tàpies oder Anselm Kiefer zu ergattern: In dessen Atelier hing eines der drei Gemälde in Herreros Haus, und eigentlich hatte es dort bleiben sollen. Bis Kiefer die Möglichkeit erkannte, drei seiner monumentalen Motive in einem Votiv-Raum zu vereinen.

Stampfende Pferde in der Arena

Ähnliches geschieht mit den Streifenbildern und Glasfenstern von Sean Scully in der alten Kapelle. Ein kontemplativer Ort, der den britischen Maler ebenso feiert, wie er die sakrale Stimmung befeuert. Zusammen mit Bildern von Georg Baselitz oder Andreas Gurskys Fotografie „Nha Trang“ (2004) geht die erste, auf unbestimmte Dauer ausgelegte Schau einen wunderbaren Dialog mit der Architektur ein; nicht zuletzt, weil einige Werke unmittelbar für das Museum entstanden sind.

Etwa Mat Collishaws Multimedia-Installation „Left in Dust“ mit Computer generierten Pferden. Drei Meter hoch über den Köpfen der Besucher traben sie über Screens, die zu einem Oval verbunden sind. Daraus wird ein Galopp, das Stampfen intensiver. Eine Reminiszenz an die Arena im Keller, die als archäologisches Artefakt zugleich von der politischen Macht Roms wie auch den grausamen Wagenrennen erzählt, die hier einst stattfanden. Kunst als Kommentar, deren Echo durch alle Etagen dringt.

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