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Kirill Petrenko dirigiert die Berliner Philharmoniker.

© Promo/Stephan Rabold

Update

Stage+, Spotify oder Idagio: Berliner Philharmoniker im Wohnzimmer

Immer mehr Streamingdienste buhlen um die Fans von klassischer Musik und Oper

Eine „neue Welt der Musik“ verspricht die Deutsche Grammophon auf ihrer gerade erst freigeschalteten Online-Plattform Stage+ (https://www.stage-plus.com/de/discover). Livestreams aus aller Welt, brandneue Alben sowie Archivaufnahmen in Ton und Bild sollen das Klassikpublikum in Scharen an die Bildschirme locken. Doch ist das, was das traditionsreiche Gelblabel seinen zukünftigen Abonnenten als „Musik fürs Auge“ und „Magie fürs Ohr“ anpreist, tatsächlich eine so große Neuigkeit?

Öffentlich-rechtliche und privatwirtschaftliche Plattformen

Neben öffentlich-rechtlichen Sendern wie Arte oder dem Bayerischen Rundfunk, die Liveübertragungen und Mediatheken bieten, konkurrieren längst zahlreiche privatwirtschaftliche Streaming-Plattformen um die Aufmerksamkeit von Opern- und Konzertliebhabern.

Die Corona-Pandemie hat dem Musikstreaming offensichtlich noch einen kräftigen Schub versetzt. Nach Angaben des Bundesverbands der Musikindustrie wurden 2021 in der Branche erstmals mehr als drei Viertel der Umsätze von-insgesamt rund zwei Milliarden Euro digital erwirtschaftet. Gut zwei Drittel davon entfielen auf das Audio-Streaming. Die Verkäufe physischer CDs und Musikvideos auf DVD oder Blu-ray sanken weiter. Nicht nur Rock- und Pop-Fans, sondern auch Klassikhörer loggen sich demnach immer häufiger bei Streaming-Portalen ein.

Auf der virtuellen Bühne DG Stage hatte die Deutsche Grammophon bereits im ersten Pandemiejahr 2020 unter anderem sechs Wagner-Opern aus Bayreuth übertragen – jeweils am Tag ihrer ursprünglich geplanten Aufführung bei den Festspielen, die wegen Corona ausfallen mussten. Momentan können zahlende Kunden auf Stage+ die diesjährige Neuproduktion des Bayreuther „Ring des Nibelungen“ in der Regie von Valentin Schwarz sehen. Parallel dazu bietet allerdings Arte kostenfrei den „Ring“ aus der Berliner Staatsoper, bei dem unlängst Christian Thielemann am Pult für den erkrankten Hausherrn Daniel Barenboim einsprang.

Die audiovisuellen DG-Produktionen betreut Robert Zimmermann, vorher Leiter der Digital Concert Hall (https://www.digitalconcerthall.com/de/concerts) der Berliner Philharmoniker. Mit der Einführung ihres virtuellen Konzertsaals wurden die Philharmoniker Ende 2008 zu Pionieren im Klassik-Streaming-Geschäft, Vorläufer hatte es bis dahin nur in der Opernwelt gegeben. 

14 Jahre Philharmoniker-Programme

Die Abonnenten können Livekonzerte hören und ein stetig wachsendes Archiv mit Hunderten Aufzeichnungen nutzen. Enthalten sind sämtliche während der vergangenen 14 Jahre aufgeführten Philharmoniker-Programme sowie ältere Konzerte, etwa mit den damaligen Chefdirigenten Herbert von Karajan und Claudio Abbado. Interviews, Dokumentarfilme und Beiträge aus dem Education-Programm ergänzen das Angebot. Seit diesem Sommer ermöglicht die Plattform dank des Surround-Sound-Formats Dolby Atmos ein neues, dreidimensionales Klangerlebnis.

Im Archiv der Digital Concert Hall kann man anhand unterschiedlicher Suchkategorien – beispielsweise Komponist*innen, Dirigent*innen, Solist*innen, Epochen – zu den gewünschten Konzerten gelangen. Solch differenzierte Funktionen kann der Streaming-Marktführer Spotify (https://open.spotify.com/) , der mehr als nur das Klassiksegment abdeckt, nicht bieten. Darauf hat sich die Plattform Idagio (https://www.idagio.com/de/) spezialisiert, die auch mit einer fairen Vergütung für Urheber wirbt. Die Künstler werden hier nämlich nicht wie üblich pro Klick, sondern pro gehörter Sekunde bezahlt - denn Klassikstücke sind meist länger als Popsongs.

Apple plant unterdessen für Ende März den lang erwarteten Start seines Streamingdienstes Apple Music Classical. https://apps.apple.com/de/app/apple-music-classical/id1598433714. Als Basis dient die Streaming-Plattform Primephonic , die der US-Technologieriese 2021 erworben hatte. Der neue Dienst kann zunächst nur auf iPhone Modellen von iOS 15.4 aufwärts genutzt werden. Laut dem Konzern werden Abonnenten Zugriff auf mehr als fünf Millionen Klassik-Titel erhalten. Zusätzlich werden kuratierte Playlists, exklusiv bei Apple verfügbare Musikalben und vertiefende Informationen wie etwa Komponistenbiografien geboten. Eine App für das Betriebssystem Android soll bald folgen. 
 

Neben CD-Aufnahmen aus verschiedenen Epochen kann man bei Idagio zahlreiche von Musikexperten kuratierte Playlists anhören. Die „Weekly Mixes“ enthalten eine Auswahl von Tracks auf der Basis des persönlichen Hörverlaufs.

Mit der Global Concert Hall verfügt auch dieser Anbieter über eine Bühne für Video-Livestreams, die dann für eine begrenzte Zeit ins Archiv wandern. Für manche Übertragungen müssen auch Abonnenten zusätzliche Tickets erwerben, etwa nach dem „Pay As You Wish“-Modell, wonach ein beliebiger Preis in einer angegeben Preisspanne gezahlt werden kann. Unter Idagio Interactive werden teils mehrwöchige Kurse angeboten, die von Komponisten-Workshops bis zur Vorbereitung für Profimusiker auf Orchestervorspiele reichen.

Apple Music (https://www.apple.com/de/apple-music/) deckt alle Musikgenres ab, ebenso wie Spotify oder die Streaming-Dienste Qobuz (https://www.qobuz.com/de-de/discover), Tidal (https://tidal.com/) und Deezer (https://www.deezer.com/de/)..

Die vom Österreichischen Rundfunk ORF und Unitel betriebene Videoplattform myfidelio (https://www.myfidelio.at/) präsentiert Opern, Konzerte und Ballette, unter anderem aus der Wiener Staatsoper und von den Salzburger Festspielen. Ein ähnliches Programm internationaler Bühnen hat Medici.TV (https://www.medici.tv/en) im Portfolio.

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