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Feuerwehrleute bauen ein Zelt vor der Verklärungskathedrale von Odessa auf, nachdem die Kirche durch russische Raketenangriffe schwer beschädigt wurde.

© dpa/Jae C. Hong

Russischer Angriff auf Odessa: Ukrainische Kulturstätten werden ganz bewusst zerstört

Raketen beschädigten die Verklärung-Christi-Kathedrale und weitere Kulturorte in Odessa. Das Ziel ist die Zerstörung kultureller Identität.

Ein Kommentar von Nikolaus Bernau

In der vergangenen Woche wurden von Russland an jedem einzelnen Tag gerade so legendär lebendige Städte wie Mykolaijv oder Odessa beschossen. Es gab viele Tote und Verwundete.

Getroffen wurden aber auch Wohnhäuser, Wasserkraftanlage, die auf der Liste des Welterbes stehende Altstadt von Odessa, dort das Archäologische Museum, das Flottenmuseum oder das Literaturmuseum, ganz zu schweigen von den Getreidelagern, die einen wesentlichen Teil des Welthungerprogramms bewirtschafteten.

Verklärung-Christi-Kathedrale schwer zerstört

Nun trafen russische Raketen auch die Verklärung-Christi-Kathedrale. Sie ist ein Symbolbau in vieler Hinsicht: Errichtet seit 1795 unter Kaiserin Katharina der Großen und ihrem erzreaktionären Gouverneur Duc de Richelieu, galt sie als Hauptkirche von „Neu-Russland“.

1936 wurde der barocke Prachtbau auf Befehl Stalins geprengt, entstand aber seit 1999 wieder nach alten Plänen und Fotografien. Die Weihe vollzog 2010 ausgerechnet jener Moskauer Patriarch Kyrill, der seit 2014 ruchlos den Krieg Putins gegen die Ukraine verteidigt.

Desaströse Statistik zerstörter Kulturstätten

Dass sie von der russischen Armee genau deswegen beschossen wurde, kann man getrost annehmen, so wie ukrainische Bildungs- und Kulturstätten schon seit 2014 systematisch beschädigt, geplündert oder zerstört werden. Alleine in dem nun schon 516 Tage dauernden Angriff wurden selbst nach der überaus skrupulösen Rechnung der Unesco 116 religiöse Stätten, 27 Museen, 95 Gebäude von herausragender historischer oder künstlerischer Bedeutung, 19 Denkmale, 12 Bibliotheken, ein Archiv getroffen.

Nicht erfasst in dieser Statistik sind die Institutionen, die schon seit 2014 im Donbas und auf der Krim unter der Herrschaft Russlands leiden, Dorfensembles, „normale“ Häuser oder die vielen zerstörten, für die regionale Bildungs- und Kulturpolitik zentralen Kulturpaläste.

Es geht in diesem Krieg vor allem um neokoloniale Unterwerfung: Die Ukraine, ihre kulturelle Vielfalt und Demokratie sollen, das gibt Putin offen zu, verschwinden. Und dazu ist offenbar aus seiner Sicht die Zerstörung der historischen Dokumente dieser Nation nötig.

Eine Theorie, wir wollen es ganz klar sagen, der einst auch Adolf Hitler oder Stalin folgten, in Polen, der Ukraine, in ganz Mittel- und Osteuropa. Hitler und Stalin haben auch dieses Ziel nicht erreicht, so wie keines ihrer Ziele. Aber sie haben unendliches Leid und fürchterliche kollektive Traumata verursacht – so wie derzeit Wladimir Putin.

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