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Das „Shanghai Google Creators’ Society Center“.

© Su Shenglian

Nachhaltiges Bauen: Wie funktioniert Architektur für Mensch, Körper, Geist und Natur?

Innenhöfe und vertikal geschichtet: Das Aedes Architekturforum macht mit moderner Baukunst im Großraum Shanghai bekannt und stellt Projekte von Scenic Architecture Office vor.

Seit etlichen Jahren schon macht das Aedes Architekturforum mit der Vielfalt und dem Einfallsreichtum der gegenwärtigen chinesischen Baukunst bekannt. Derzeit ist das im Jahr 2004 gegründete Büro Scenic Architecture Office in der Galerie zu Gast. Neun Bauten werden vorgeführt, jeweils in einem Modell und in Großfotos, die ringsum an den Wänden auf jeweils ein Projekt bezogen sind.

Alle gezeigten Bauten sind in Shanghai und dessen weiterer Umgebung entstanden. Sie tragen dem dortigen Klima Rechnung, das feuchtwarm im Sommer ist und kühl im Winter. So wollen die Bauten offen gegen die Umgebung sein und dennoch Schutz bieten. Es ist dieses Wechselspiel von Öffnung und Einschließung, das die Bauten des Shanghaier Büros kennzeichnet.

Die Aedes Architekturgalerie macht schon seit einigen Jahren mit chinesischer Baukunst bekannt. Die aktuelle Ausstellung zeigt neun Bauten vom Büro Scenic Architecture Office.

© Erik-Jan Ouwerkerk

Besonders schön ist das zu sehen am „Shanghai Google Creator’s Society Center“, das aus mehreren, gegeneinander jeweils abgewinkelten Bauten besteht, die auf einem gleichfalls in drei Richtungen gewinkelten Unterbau aufgesockelt sind und jeweils weit über diesen hinausragen.

Die Fassaden sind mit einem Aluminiumgeflecht verkleidet, das einen Blick durch den jeweiligen Raum hindurch erlaubt, so dass sich schemenhaft die zahlreichen Bäume abzeichnen, die das Gebäude umstehen. Die Höhe und Verzweigung der Bäume lassen das lediglich 730 Quadratmeter Grundfläche messende Ensemble besonders zart erscheinen.

Weder in Material noch Konstruktion ist das Büro festgelegt, Holz findet sich ebenso wie Beton. Letzterer erlaubt größere Spannweiten wie beim Dongyuan Qianxun-Gemeinschaftszentrum, das sich teils über einem traditionellen Garten mit Teich und sorgfältig platzierten Bambusstauden erhebt, teils ebenerdig Ausblicke durch große Fensterflächen erlaubt.

Die für eine Gartenbauausstellung geschaffene Fußgängerbrücke über ein Flüsschen in Nanjing besteht aus neun Podesten, auf der einen Seite fünf ansteigend bis zur höchsten, von dort aber nur drei wieder hinunter, die Asymmetrie durch ein geschwungenes Holzdach betonend und doch harmonisch in die Landschaft eingefügt.

Ganz an traditionellen Bauformen orientiert sich das bereits 2011 fertiggestellte Senioren-Tagespflegeheim in einer historischen Nachbarschaft. Lediglich die stabartig verkleideten Fassaden verraten eine heutige Entstehung. Sie ermöglichen den Tagesgästen Ausblicke in begrünte Höfe, ohne sie dem Blick von außen preiszugeben.

Bürogründer Zhu Xiaofeng hat sowohl in China als auch in Harvard studiert

Gänzlich frei von Traditionsbezügen hingegen ist der wabenartige Kindergarten der Ostchinesischen Universität, der eher an die strukturalistische Herangehensweise eines Aldo van Eyck denken lässt. Dabei bietet jede einzelne Wabe einen eigenen Identifikationsraum und ist dennoch in die gemeinsame Struktur eingebunden.

Bürogründer Zhu Xiaofeng hat sowohl in China als auch in Harvard studiert. Die Einbeziehung traditioneller chinesischer Elemente erschöpft sich nicht in Zitaten, sondern führt zur Weiterentwicklung, wo immer dies von der Bauaufgabe her als sinnvoll erscheint. 

Gemeinsam ist den gezeigten Projekten die betonte Horizontalität und das Ausgreifen in den Raum. Dabei wird der natürlichen Umgebung Platz gelassen; so beim Ruderklub im Jahrhundertpark von Shanghai, der ganz auf stählernen Stelzen im Wasser steht und in seiner langgestreckten Form die Silhouette der mehrsitzigen Boote anklingen lässt.

Das eingeschossige Gebäude läuft in einen spitzen Steg aus, von dem aus die nebenan unter knappen Satteldächern gelagerten Boote zu Wasser gelassen werden. In den den Fluss säumenden Wald ist so wenig als möglich eingegriffen worden.

Dies eben kennzeichnet die Arbeit von Scenic Architecture Office, dass sich ihre Bauten durchaus bemerkbar machen, aber stets respektvoll bezogen bleiben auf die umgebende Natur und vor allem den Raum. Er ist kostbar im dicht bebauten städtischen China. Gerade dort behaupten die Bauten des Büros den menschlichen Maßstab.

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