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Pianist Martin Helmchen lebt in Berlin.

© Pentatone

Klassik-CD  der Woche: Mozart im Kerzenschein

Der Berliner Martin Helmchen hat mit dem Nederlands Kamerorkest zwei Klavierkonzerte von Wolfgang Amadeus Mozart eingespielt. Entstanden ist eine wunderbar beseelte Aufnahme.

Drei neue Aufnahmen, die zeigen, was bei Mozart derzeit möglich ist: Da wäre zunächst der junge Geiger Ray Chen, der mit Christoph Eschenbach und dem Schleswig Holstein Musikfestival Orchester die Violinkonzerte KV 216 und 218 in betörendem Schönklang zelebriert (Sony). Da wäre andererseits der 84-jährige Nikolaus Harnoncourt, der die Haffner-Sinfonie und die Posthorn-Serenade derart ruppig angeht, als wäre er noch immer ein jugendlicher Alte-Musik-Revoluzzer. Unglaublich, aber wahr: Seinen Concentus Musicus, der natürlich auch hier dabei ist, hat Harnoncourt 1953 gegründet (ebenfalls erschienen bei Sony). Den Mittelweg, der in diesem Fall tatsächlich ein goldener ist, wählt der Berliner Pianist Martin Helmchen. Mit dem Nederlands Kamerorkest hat er die beiden B-Dur-Klavierkonzerte eingespielt (Pentatone Classics) – und vom ersten Takt fühlt sich der Hörer wohl, wird in die Interpretation hineingezogen, spürt, dass die Künstler im Probenprozess tatsächlich zum Kern der Werke vorgedrungen sind.

KV 450 schrieb Mozart 1784 als virtuoses Schaustück für sich selbst. Helmchen spielt es ungeheuer gestisch, erzählerisch eloquent, charmant, dabei wunderbar beseelt. Eine ideale Umsetzung der ästhetischen Ideale des „galanten Stils“, der ab der Mitte des 18. Jahrhunderts mit klanglicher Klarheit und melodischer Anmut die strenge Polyphonie des Barockzeitalters abgelöst hatte. Warm, wie in einem von Kerzenschein erhellten Saal, ist die Atmosphäre. Die Musiker aus den Niederlanden begleiten den Solisten dabei so präsent, so mitdenkend und beteiligt, dass man förmlich meint, sie mit leuchtenden Augen an ihren Pulten sitzen zu sehen.

KV 595, Mozarts finaler Beitrag zur Gattung des Klavierkonzerts, entstand im Jahr seines Todes 1791 – parallel zur Arbeit an der „Zauberflöte“. Die Uraufführung war zugleich sein letzter öffentlicher Auftritt als Pianist. Martin Helmchen macht die künstlerische Weiterentwicklung des Komponisten zwischen den beiden B-Dur-Konzerten auf mehreren Ebenen deutlich: Reifer, erwachsener, gestaltet er den Solopart beim späten Werk, analog zur deutlich persönlicheren musikalischen Struktur. Gleichzeitig aber ist auch die unbeschwerte Heiterkeit aus seinem Spiel gewichen. Melancholie herrscht als Grundstimmung vor, mit gedämpfter Anschlagsdynamik legt Helmchen einen Schleier über die Musik, lässt die Ahnung des nahen Endes mitschwingen. Eine wirklich berührende Aufnahme.

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