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Kultur: Laptop trifft Legende

Moritz von Oswald und Tony Allen im Berghain.

Wer der eigentliche Star beim Club-Transmediale-Auftritt des Moritz von Oswald Trios im Berghain ist, das ist unübersehbar: Tony Allen. Seine beiden musikalischen Mitstreiter sitzen konzentriert über ihre Gerätschaften gebeugt, über den Laptop und Analog-Synthesizer, er aber hockt lässig an exponierter Stelle auf der Bühne hinter seinem Schlagzeug. Als derjenige, auf den sich alle Augen richten, fühlt er sich sichtbar wohl.

Tony Allen, muss man dazu wissen, geht langsam auf die achtzig zu, auch wenn man ihm, dem drahtigen Männlein, das überhaupt nicht ansieht. Er wurde als Hausdrummer des nigerianischen Superstars Fela Kuti berühmt, an dessen Erfindung des Afrobeat er maßgeblich beteiligt war. Auf unzähligen Platten von Kuti ist Allens minimales, aber immer teuflisch grooviges Spiel zu hören. Spielte Fela Kuti mal ohne Tony Allen, war er immer nur halb so gut. In den siebziger Jahren wurde Tony Allen so fast zum Mythos, stand allerdings stets im Schatten des Superexzentrikers Kuti, der 1997 starb.

Auch in der Trio-Konstellation, die im Berghain auftritt, ist offiziell jemand anders der Chef. Das Moritz von Oswald Trio heißt schließlich deswegen so, wie es heißt, weil der Berliner Technoproduzent von Oswald unter diesem Namen eine Art elektronische Soundforschung unter Einbezug von Jazztechniken betreibt. Jammen und Improvisieren gehört mit zum Konzept. Aber im Vergleich zum gerne diktatorisch auftretenden Kuti ist von Oswald ein ziemlich handzahmer Boss, der anderen gerne die Bühne überlässt.

Mal pumpt Moritz von Oswald seine tanzbaren, dubbigen Beats, mal streut er eher Jazzrockiges in Herbie-Hancock-Manier. Stets hat er so ein leichtes Lächeln auf den Lippen, auch sein Blick ist immer wieder auf den alten Mann hinter der Schießbude gerichtet. Scheinbar voller Vorfreude darauf, was diesem wohl zum nächsten Technobeat einfallen wird, den er aus seinem Laptop hervorkramt. Manchmal, das muss man ehrlich sagen, ist es gar nicht mal so viel, was Tony Allen zu dem mal jazzigen, mal krautrockigen Dub-Techno-Gebräu beisteuert. Aber das geschickte Weglassen machte ja schon immer seine Kunst aus.

Andreas Hartmann

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