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Stanismaw Skrowaczewki

©  Toshiyuki Urano

Stanisław Skrowaczewski und das RSB: Energie der Langsamkeit

Er ist Jahrgang 1923, doch von märchenhafter Kondition: Stanisław Skrowaczewski dirigiert Bruckners Achte beim RSB.

Der Maestro ist 92 Jahre alt und betritt das Podium der Philharmonie, um Anton Bruckners umfangreichste Symphonie zu dirigieren. Auswendig, stehend. Naturgemäß erfährt Stanisław Skrowaczewki zunächst Bewunderung wegen seiner märchenhaften Kondition. Aber das Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin spürt darüber hinaus, warum ihm die Zusammenarbeit mit dem Altmeister, die nach Möglichkeit fortgesetzt werden soll, durchaus gut tut. Er führt die Musiker in seine Bruckner-Welt. Und es zeigt sich, dass der Unbedingtheitsanspruch des Komponisten sich in der Interpretation des Dirigenten spiegelt.

Die Achte ist der Gipfel der Monumentalsymphonie, und Skrowaczewskis Kunst besteht darin, das Weihevolle des Adagios ohne theatralisches Pathos zu treffen: vom stockenden Atem des Beginns an „Feierlich langsam, aber nicht schleppend“.

1923 in Polen geboren, war er zwar Wunderkind, aber als Künstler namhaft erst in der jüngsten Ausgabe des Riemann-Lexikons. Obwohl er schon 1958 beim Cleveland Orchestra debütiert, Einladungen zumal in Amerika angenommen und 19 Jahre als Chef des Minneapolis Symphony Orchestra gewirkt hat. Dort konnte er, mit Joseph Haydn zu sprechen, original werden. Als Erster Gastdirigent des Rundfunk-Sinfonieorchesters Saarbrücken erntet er endlich internationalen Ruhm vor allem mit seinem Bruckner-Zyklus, aber auch mit Beethoven.

Was Marek Janowski bis 2015 aus seinem Berliner Orchester gemacht hat, trägt nun auch Früchte, wenn ein Gast mit eigener musikalischer Vorstellungskraft kommt. Das heißt, dass die Gruppenführer ihre Rollen als Vorspieler voll ausschöpfen. Das RSB trägt Skrowaczewskis Intentionen. Auch den kleinsten Wink, wenn die Coda des Kopfsatzes in dreifachem Piano der Streicher und der Pauke verebbt (von Bruckner als „Totenuhr“ bezeichnet). Die Balance zwischen Detail und Ganzheit der Musik ergibt sich organisch, da Skrowaczewski die langsamen Tempi bis in den Tubenchoral belebt. So strahlen die Wunder der Partitur unter seiner Leitung eine eigene Energie der Langsamkeit aus.

Die Spannung während der Aufführung hat die Qualität des Außerordentlichen, und zum Schluss teilt das Orchester applaudierend die Begeisterung des Publikums.

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