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Ware im Widerstand. Die Arbeit der Künstlerin Hilla Toony Navok.

© Sebastian Mayer

Ausstellung über Normen und Konsum: Weg damit!

In der Ausstellung „Outlet“ in der Galerie KM schaut die israelische Künstlerin Hilla Toony Navok hinter die Maske der Durchschnittlichkeit.

Eigentlich ist ein Outlet ein trauriger Ort. Die Produkte, die keine Käufer im Laden gefunden haben, erhalten eine letzte Chance und werden noch einmal besonders günstig angeboten. Die israelische Künstlerin Hilla Toony Navok aus Tel Aviv macht sich diesen Ort für ihre neueste und erste europäische Galerie-Show in der Galerie KM zunutze.

Anders aber als bei einem herkömmlichen Shopping-Outlet herrscht in der Installation „Outlet“ eine anregende Stimmung. Durch die roten und blauen Supermarktregale, die mit Einlegeböden, Stangen und farblich passenden Pullovern viele vertikale und waagerechte Linien in den Raum zeichnen, entstehen interessante optische Reize. Navok löst diese Linien mit Interventionen jedoch immer wieder auf. Es sind ihre Details in der Anordnung und Platzierung, die aus den schlichten und standardisierten Textilien etwas Lebendiges machen. Ein ungewöhnlich langer, dunkelblauer Ärmel windet sich aus dem hellblauen Regal und befreit sich so von den strengen Formen der Installation. Auch in der roten Regaleinheit „Outlet – Red system unit“ gegenüber (10 000 Euro) schlängelt sich ein rosa Ärmel an der Stange herunter.

Spiel mit Oberflächen

Navok durchbricht die Durchschnittlichkeit der Pullover, die auf Masse produziert wurden und sonst auf Kante gestapelt im Regal liegen. Die individuellen Gesten der Kleidungsstücke haben etwas ganz Menschliches: Wie neugierige Augen, die einen Blick auf die andere Seite des Raumes werfen wollen, spähen die Ärmel der gestreiften Blusen zwischen der Lüftungsjalousie hervor, die in eine Trennwand eingebaut ist. Obwohl Menschen in der Installation abwesend sind, kreiert Navok eine performative Ebene. Ihre Ausstellung fokussiert auf die Individualität, die aus der Masse heraussticht. Was in der Wirtschaft eine Maßanfertigung wäre, ist in ihrer Installation eine Kritik an der gesellschaftlichen Norm.

Navoks Arbeiten machen auch das Material der verwendeten Objekte und ihre Herstellungsbedingungen zum Thema. Das alles versteckt sich hinter der Maske der Durchschnittlichkeit. Es ist Navoks Raffinesse, diese oberflächliche Unschuld mit den beschriebenen eigenständigen Motiven aufzudecken. Auch ihre Zeichnungen in der Ausstellung tun dies auf subtile Weise. Bei dem Werk „Outlet Drawing“ (2200 Euro) aus dem vergangenen Jahr zeichnete die Künstlerin eine abstrakte Version ihrer Regaleinheiten in der Galerie. Erst auf dem zweiten Blick erkennt man die Collage. Das Spiel mit Oberflächen wird von der Künstlerin also nicht nur in ihrer Installation suggeriert, sondern auch wortwörtlich auf dem Papier fortgeführt.

Galerie KM, Mehringplatz 8; bis 20. 1., Mi–Sa 11–18 Uhr

Lorina Speder

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