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Anne-Sophie Mutter

© Hoffmann/DG

Anne-Sophie Mutter in Berlin: Gemeinsam sind wir unschlagbar

Die beste Anne-Sophie Mutter, die es je gab: Mit Lambert Orkis, ihrem Klavierpartner seit nunmehr 25 Jahren, gibt die Geigerin ein umjubeltes Konzert in der Berliner Philharmonie, bei dem sie moderne Musik mit Klassikern mixt.

Seit einem Vierteljahrhundert sind sie unzertrennlich: Wenn Anne-Sophie Mutter einen Pianisten braucht, dann wählt sie Lambert Orkis. Ein „Glücksfall“ sei ihre Begegnung 1989 gewesen, schwärmt die Geigerin im Beiheft zum „Silver-Album“, einer Jubiläums-Doppel-CD mit neuen und bekannten Einspielungen, die passgenau zur aktuellen Tournee erschienen ist. Ohne viele Worte funktioniert die Kommunikation der beiden verwandten Künstlerseelen, rein über den Klang, über den gemeinsamen Atem. Am Mittwoch allerdings betritt Anne-Sophie Mutter zunächst allein das Podium der Philharmonie, für Krzysztof Pendereckis Solostück „La Follia“. Einst schrieb Niccolò Paganini seine Werke selber, die Stars von heute lassen sich lieber von zeitgenössischen Komponisten mit maßgeschneiderten Werken beschenken. Was Penderecki 2013 mit „La Follia“ geschaffen hat, ist klassisches Virtuosenfutter, eine mit höchsten technischen Anforderungen gespickte Showpiece für Teufelsgeigerinnen. Das Hörvergnügen erwächst dabei aus der Neugier, welche exorbitante Schwierigkeit wohl als nächste zu meistern sein wird. Mit ihrem wärmsten, üppig blühenden Ton spielt Anne-Sophie Mutter das 2013 entstandene Stück, als Missionarin einer musikalischen Moderne, die sich melodischer Schönheit nicht verweigert. Schlicht, ja geradezu karg wirkt nach Pendereckis Klangfarbenfülle Mutters Interpretation von Mozarts e-Moll- Sonate KV 304. Extrem nimmt sie sich hier zurück, lässt Lambert Orkis oft den Vortritt – was historisch korrekt ist, wurde doch in den Noteneditionen des 18. Jahrhundert das Klavier stets vor der Geige genannt. Berührend wird diese Introvertiertheit im langsamen Satz, wenn das melancholische Thema wie in milchigem Morgenlicht erscheint. Humorvoller als André Previn, Mutters Ehemann von 2002 - 06, komponiert kaum ein Zeitgenosse: Gewitzt lässt er im Kopfsatz seiner 2. Violinsonate spätromantisches Pathos auf die Lässigkeit eines George Gershwin prallen, kreuzt im zweiten Satz Volksliedhaftes mit Expressionistischem, um im rasanten Finale dann die Ungarnklischees von Zugabenschmankerln wie Montis „Csardas“ ironisch aufzuspießen. Was für ein Spaß!

Und dann Beethovens Kreutzer-Sonate, dieses alle Grenzen sprengende, vom Widmungsträger für unspielbar erklärte Meisterwerk:Rückhaltlos gibt sich die Geigerin dem Sog der Musik hin, in perfekter Symbiose mit ihrem Klavierpartner. Wann hat man bei Anne-Sophie Mutter, der Perfektionistin, einen derartigen Spaß am Risiko erlebt, eine so beseelte Feurigkeit? Mutters Behauptung, Orkis und sie seien „wie Drahtseilartisten, die versuchen, dem anderen die optimale Position für den dreifachen Salto mit Schraube zu ermöglichen“, hier wird sie tatsächlich Ereignis. Trommelwirbel, Tusch, großer Jubel.

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