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Der Pavillon des Gastlandes Frankreich bei der 69. Frankfurter Buchmesse.

© Boris Roessler/dpa

69. Frankfurter Buchmesse: Macron: Literatur "beste Waffe" gegen Fanatismus

Angela Merkel und Emmanuel Macron eröffnen gemeinsam die Frankfurter Buchmesse und betonen die Bedeutung der Kultur für die Freiheit.

Die 69. Frankfurter Buchmesse ist am Dienstagabend gemeinsam von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron eröffnet werden. Merkel und Macron betonten in ihren Ansprachen bei der Eröffnungsfeier, wie sehr die Kultur beide Länder verbinde - trotz aller Kontroversen und Kriege. Merkel und Macron besichtigten am Abend gemeinsam einen Nachbau der Gutenberg-Presse und druckten die erste Seite der Menschenrechtserklärung.

"In der Literatur spiegelt sich die Seele unserer freiheitlich verfassten Gesellschaft wider, in der die Freiheit des Geistes und der Meinungsäußerung einher geht mit politischer Freiheit", sagte Merkel. Sie und Macron wüssten, wie wichtig es sei, sich überall in der Welt für etwas einzusetzen, was uns selbstverständlich sei. Die Kultur könne Europa helfen, sich in einer Welt des Wandels zurechtzufinden. Autoren würden gebraucht als "Seismographen aktueller und denkbarer Entwicklungen, als Ideengeber und Brückenbauer", betonte Merkel.

Der französische Staatspräsident Macron bezeichnete die Literatur als "beste Waffe" gegen jene, die versuchten, Mauer zwischen Menschen zu bauen und Fanatismus zu schüren. Er betonte ihre Bedeutung für die deutsch-französischen Beziehungen und plädierte für mehr bilingualen Unterricht an den Schulen. Zugleich sprach er sich dafür aus, den Bologna-Prozess für die Universitäten auf Schulen auszuweiten.

7300 Aussteller aus über 100 Ländern

In diesem Jahr steht das Gastland Frankreich im Mittelpunkt der weltgrößten Bücherschau mit 7300 Ausstellern aus über 100 Ländern, das sind 2 Prozent mehr als im Vorjahr. Alleine 269 französische Verlage stellen sich vor. Der gemeinsame Auftritt von Merkel und Macron versteht sich als Bekenntnis für die enge Verbundenheit der Länder und für ein gemeinsames, starkes Europa.

Schon am Nachmittag forderte Marcron bei einer Veranstaltung in der Frankfurter Goethe-Universität eine „Koalition des guten Willens“ für Europa. „Wir haben ein bisschen den Faden verloren in den letzten Jahren“, sagte er bei einer Diskussion mit dem deutsch-französischen Politiker Daniel Cohn-Bendit und dem französischen Sozialwissenschaftler Gilles Kepel. Im östlichen Europa gebe es einige Versuche, „dieses Europa ein wenig umzukrempeln“; nötig sei ein „Wegeplan für Europa“ für politische, soziale und kulturelle Konvergenz.

Im Vorfeld der Messe, die bis Sonntag dauert und ab Samstag nicht nur fürs Fachpublikum, sondern für alle Besucher geöffnet ist, forderte die Bruchbranche ihrerseits von der künftigen Bundesregierung mehr Einsatz für eine unabhängige, lebendige Verlagslandschaft. „Es geht um nichts Geringeres als die Qualität der Bildung“, sagte der Vorsteher des Börsenverein des Deutschen Buchhandels, Heinrich Riethmüller. Nur wenn Verlage auch eine marktgerechte Vergütung erhielten, könnten sie in Literatur und innovative Vertriebsmodelle investieren.

Riethmüller kritisierte die kürzlich vom Bundestag beschlossenen Einschränkungen des Urheberrechts. Wenn etwa Kindergärten und Hochschulen bestimmte Anteile von digitalen Werken kostenlos zusammenstellen dürften, sei dies ein schwerer Schlag für die rund 600 Bildungs- und Wissenschaftsverlage. Der Deutsche Kulturrat forderte wiederum, Plattformbetreiber und andere neue Anbieter digitaler kultureller Inhalte in die Medienregulierung konsequent einzubeziehen. Für alle Marktakteure müssten faire Wettbewerbschancen bestehen.

Bücher helfen gegen Angst und Hass, sagen die Veranstalter

Buchmesse-Direktor Juergen Boos betonte die Bedeutung der Verlage angesichts eines erstarkten Rechtspopulismus. „Wir liberal-demokratisch gesinnten Büchermenschen müssen in Zeiten, in denen die Verbreitung von Angst und Hass wieder gesellschaftsfähig wird, mit attraktiven Gegenentwürfen antworten“, sagte Boos. Auch Riethmüller machte darauf aufmerksam, dass Verlage und Buchhandlungen in unruhigen Zeiten den Dialog, verlässliche Information und Meinungsbildung fördern.

Markus Dohle, Chef des Publikumsverlags Penguin Random House, wies auf die „gesunde Koexistenz“ zwischen gedruckten und digitalen Büchern hin, was den Buchhandel stabilisiere. Das Buch erlebe seine „weltweit beste Zeit seit 50 Jahren“. Die Buchmärkte seien in den vergangenen Jahren in den meisten Ländern langsam, aber kontinuierlich gewachsen, besonders bei Kinder- und Jugendbüchern.

Weniger Leute lesen mehr Bücher: Der Umsatz ist stabil, während die Zahl der Käufer sinkt

In Deutschland stieg der Umsatz 2016 um ein Prozent auf 9,28 Milliarden; im Zehnjahresvergleich beläuft sich das Minus auf lediglich 0,2 Prozent. Dabei stellt der klassische Buchhandel immer noch den wichtigsten Vertriebsweg dar. Die Gesamtzahl der Käufer ist allerdings rückläufig, sie sinkt auf 30,8 Millionen Leser, das sind 2,3 Millionen weniger als im Vorjahr. Mit anderen Worten: Weniger Menschen kaufen mehr Bücher, in Deutschland jedenfalls.

Bis zum Sonntag, wenn in der Frankfurter Paulskirche der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels an die kanadische Schriftstellerin Margaret Atwood verliehen wird, erwarten die Veranstalter der Buchmesse 270.000 Besucher. Zu den zahlreichen anreisenden Schriftstellern zählen 180 französische Autorinnen und Autoren, darunter Michel Houellebecq und Yasmina Reza. Erwartet werden unter anderem auch Daniel Kehlmann ("Tyll"), Paul Maar, Richard David Precht, Reinhold Messner, Ken Follett, Nicholas Sparks und der Bestsellerautor Dan Brown, der seinen Thriller "Origin" vorstellen wird. (Tsp/dpa/KNA)

Mehr zur Frankfurter Buchmesse siehe hier.

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