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Magdalena M. Moeller war 29 Jahre lang Direktorin des Brücke-Museums.

© Thilo Rückeis

50 Jahre Berliner Brücke-Museum: Haus im Grünen

Das Berliner Brücke-Museum wird 50. Gefeiert wird mit einer Jubiläumsausstellung. Die Direktorin Magdalena Moeller verabschiedet sich.

Da sind sie alle versammelt: die Kunsthistorikerin Rosa Schapire, die Karl Schmidt-Rottluff mit leidenschaftlich rotem Gesicht porträtierte. Die grauhäutigen Raucherinnen im Großstadt-Café von Ernst Ludwig Kirchner. Der Mob der Kriegsknechte mit höhnischen Fratzen von Emil Nolde. Und natürlich das Mädchen im schwarz-gelben Trikot von Max Pechstein. Im Hintergrund staksen vier nackte Männer auf Zehenspitzen zum Wasser – wohl die Künstler der Brücke.

Die große Jubiläumsschau zu 50 Jahren Berliner Brücke-Museum lässt die Highlights der Sammlung Revue passieren. Mit der Ausstellung zieht auch Magdalena M. Moeller nach fast 30-jähriger Dienstzeit Bilanz. Die Direktorin ging Ende September in den Ruhestand. Seit 1. Oktober leitet Lisa Marei Schmidt das kleine, feine Haus in Dahlem.

Zum Jubiläum kann man sich vergewissern, wie gut die Sammlung dasteht. Auch wie sich Malerei und Arbeiten auf Papier ergänzen. Das schönste Beispiel ist das „Laute spielende Mädchen“ von Erich Heckel, das der Künstler 1912 als Aquarell entwarf und später in Öl präzisierte. Als Klaus Schütz, Bürgermeister von West-Berlin, am 15. September 1967 das Brücke-Museum eröffnete, monierten Kritiker, dass es nicht die ganze Künstlergemeinschaft abbilde. Denn die Initiative für ein Museum ging von Karl Schmidt-Rottluff aus, der mit einer Schenkung von 75 Gemälden und Aquarellen den Grundstock zur Sammlung legte.

Im Katalog rechnet die scheidende Direktorin ab

Ein Haus im Grünen stellte sich Schmidt-Rottluff vor, um die Freiluftmalerei der Brücke-Künstler naturnah zu präsentieren. Für den Flachbau von Werner Düttmann wurde eigens eine Sackgasse angelegt, der Bussardsteig. Mit der Karl und Emy Schmidt-Rottluff Stiftung gelangte auch der Nachlass des Künstlers nach Berlin. Hinzu kamen Schenkungen von Erich Heckel und seiner Frau Sidi – dem Laute spielenden Mädchen im Bild von 1912.

Schon Leopold Reidemeister, bis 1987 Direktor des Brücke-Museums, kaufte in den 70er und 80er Jahren fleißig ein. Seine wichtigste Erwerbung war 1980 die „Berliner Straßenszene“ von Ernst Ludwig Kirchner – heute die größte Wunde in der Geschichte des Hauses. Im Jubiläumskatalog erinnert Magdalena M. Moeller daran, dass damals die Museumsdirektoren West-Berlins in einer konzertierten Aktion zwei Jahre lang auf eigene Ankäufe verzichteten, damit das Land dieses wichtige Bild für das Brücke-Museum erwerben konnte.

Magdalena M. Moeller übernahm 1988 die Leitung des Museums. Ihre Bilanz klingt getrübt. Spektakuläre Kooperationen mit überregionalen Partnern, Zeichnungen von Franz Marc als Blockbuster mit 100 000 Besuchern. Hochgradige Spezialisierung auf ein Sammlungsgebiet auf der einen Seite. Auf der anderen Seite die vierjährige Amtszeit von Thomas Flierl als Kultursenator von 2002 bis 2006.

Im Katalog rechnet die scheidende Direktorin ab. Das Brücke-Museum sollte der Berlinischen Galerie zugeordnet, die Immobilie verkauft werden. Magdalena M. Moeller fühlte sich drangsaliert und von den Gesprächen über die Restitution der Berliner Straßenszene ausgeschlossen. 2006 ging das Bild an die Erben des Schuhfabrikanten Alfred Hess zurück. „Ohne den Versuch, es für Berlin zu retten, und ohne die eingeräumte Frist, es zu einem bestimmten Preis kaufen zu können, zu nutzen“, schreibt Moeller. Ronald S. Lauder erwarb das Bild für 38 Millionen Dollar. Heute hängt es in New York.

Immerhin hat die umstrittene Restitution bei einigen Museen zur Erkenntnis geführt, dass sie proaktiv die Provenienz ihrer Werke erforschen müssen, ehe Anwälte die Forderungen der Erben übernehmen. Dem Kirchner-Konvolut rings um die Berliner Straßenszene fehlt nun das Herzstück. Aber die Geschichte des Gemäldes bildet deutsche Geschichte des 20. Jahrhunderts ab. Eigentlich auch Stoff für eine aufregende Ausstellung.

Manchmal wirkt das Haus etwas hermetisch

Die Spitzen, die Ecken, die Kanten – durchaus eine Stärke der Expressionisten – fehlten manchmal im Programm des Brücke-Museums. Opulente Ausstellungen, originelle Themen, prächtige Publikationen lieferten verlässlichen Augenschmaus. Aber das Museum traute sich nicht an einen kritischen Blick auf seine Helden. Die irritierende Erotisierung der Kindermodelle Fränzi und Marcella machte 2010 zuerst das Frankfurter Städel Museum bei einer Kirchner-Retrospektive zum Thema – mit Leihgaben des Brücke-Museums.

Dieses ist für seine Expertise hoch geachtet, wie man bei der knallbunten Schau des Madrider Museo Thyssen-Bornemisza zum 100. Geburtstag der Brücke erkennen konnte. Aber manchmal wirkte das Haus im Wald auch etwas hermetisch. Lisa Marei Schmidt hat angekündigt, das Museum auch für zeitgenössische Künstler zu öffnen. Vielleicht wird das luftige Haus dann auch durchlässiger für unbequeme Fragestellungen. Und vielleicht geht auch die Stadt künftig sorgsamer um mit ihrem Juwel.

Brücke-Museum, Bussardsteig 9, Dahlem, bis 7. 1., Mi–Mo 11–17 Uhr

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