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Alberto Núñez Feijóo, Vorsitzender der PP und Kandidat für das Amt des Regierungspräsidenten, winkt bei seiner Ankunft im Unterhaus des spanischen Parlaments.

© dpa/Bernat Armangue

Wahlsieger stellt sich dem Parlament: Spanien ringt um neue Regierung

Alberto Núñez Feijóo gewann die spanische Parlamentswahl im Juli. Am Mittwoch entscheidet das Parlament, ob er Ministerpräsident wird – dafür fehlen dem Wahlsieger aber die Stimmen.

Von Juan F. Álvarez Moreno

Am Dienstag hat Alberto Núñez Feijóo noch einmal alles gegeben. Der Wahlgewinner und Chef der spanischen Konservativen PP wollte die Abgeordneten in Madrid davon überzeugen, dass er ein besserer Regierungschef als der Sozialdemokrat Pedro Sánchez wäre.

So hat er Sánchez dafür angegriffen, dass dieser mit den katalanischen Separatisten verhandelt. „Ich würde die Gleichheit aller Spanier nicht aufgeben“, tönte der Konservative.

Feijóo stellt sich dem Parlament, obwohl er keine Mehrheit hinter sich hat: Trotz der Zustimmung von Konservativen, Rechten und zwei kleinen Parteien werden ihm bei der entscheidenden Abstimmung am Mittwochnachmittag voraussichtlich vier Stimmen fehlen.

Konservative Wahlsieger steht unter Druck

Scheitert Feijóo, darf er es am Freitag ein zweites Mal versuchen. Erst danach wäre der amtierende Ministerpräsident Pedro Sánchez am Zug.

Der Sozialdemokrat wirbt derzeit um die Zustimmung von separatistischen Parteien aus Katalonien, deren Stimmen er für die Fortsetzung seiner linken Minderheitsregierung braucht.

Als Gegenleistung ist eine Amnestie für einige Separatisten im Gespräch, die die spanische Justiz wegen eines illegalen Unabhängigkeitsreferendums im Jahr 2017 verfolgt.

Doch wird Feijóo voraussichtlich nicht zum Ministerpräsidenten gekürt. Deswegen übt er sich bereits in der Rolle des Oppositionsführers: Das erklärt auch seine Attacken gegen Sánchez in seiner Parlamentsrede am Dienstag, obwohl es eigentlich um sein Regierungsprogramm gehen müsste.

„Seine Partei hat ihn unter Druck gesetzt“, erklärt Fernando Vallespín, Politikprofessor an der Universidad Autónoma in Madrid, dem Tagesspiegel. „Hätte er das Handtuch geworfen und sich nicht als Wahlgewinner präsentiert, wäre er als Parteichef geschwächt.“

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Die konservative PP konnte nach der Regionalwahl im Mai in vielen Regionalparlamenten Mehrheiten aushandeln und regiert seitdem in zwei Drittel der spanischen Regionen – ein klarer Sieg über den Sozialdemokraten Sánchez.

Auch bei der Parlamentswahl im Juli wurden die Konservativen stärkste Kraft. Doch ohne eine Parlamentsmehrheit ist die Lage von Parteichef Feijóo prekär: „In der Partei hatten alle damit gerechnet, dass er regieren wird“, sagte der Politologe Vallespín. „Nun sind sie frustriert.“

Konservative machen Stimmung gegen Sánchez auf der Straße

Am Sonntag zeigte die PP deswegen bei einer Demonstration mit etwa 50.000 Parteianhängern in Madrid Einigkeit. Besonders wütend sind die Konservativen über den wahrscheinlichen Pakt von Sánchez mit den Separatisten aus Katalonien, die der Sozialdemokrat seit dem illegalen Referendum immer wieder verurteilt hatte.

„Wir sind eine Partei, die niemals ihre Prinzipien verkaufen würde, um an die Macht zu kommen“, sagte Feijóo vor seinen Unterstützern auf dem Felipe-II-Platz.

Hätte er das Handtuch geworfen und sich nicht als Wahlgewinner präsentiert, wäre er als Parteichef geschwächt.

Fernando Vallespín, Politikwissenschaftler an der Universidad Autónoma in Madrid.

Bei den Abstimmungen am Mittwoch und Freitag darf Feijóo mit der Unterstützung der rechten Partei Vox rechnen, mit der seine PP in zahlreichen Regionen und Städten Koalitionen gebildet hat.

Doch die Beziehung mit den Rechten setzt die Partei auch unter Druck, meint Politikprofessor Vallespín: „Feijóo muss beide Seelen seiner Partei bedienen, die radikale und die moderate. Das wird nicht leicht“, so Vallespín.

Diesen Balanceakt versuchte Feijóo auch mit seiner Parlamentsrede am Dienstag, die auch als Wahlkampfrede verstanden werden kann. Denn sollte sein Wettbewerber Sánchez am Ende ebenfalls keine Mehrheit zusammenbekommen, müssten die Spanier am 14. Januar erneut wählen.

Auch Sánchez fiel bei der Abstimmung schon mal durch

Noch besteht jedoch Hoffnung auf einen Sieg bei den Konservativen: In den vergangenen Tagen versuchte die PP sogar, sozialdemokratische Abgeordnete zu umwerben, sollten diese den Pakt mit den katalanischen Separatisten ablehnen.

Auch bei der bürgerlich-nationalistischen PNV aus dem Baskenland, die sich bereits für Sánchez ausgesprochen hat, wirbt man um Stimmen. Dass diese Taktik jedoch erfolgreich sein wird, bezweifelt Politikbeobachter Vallespín jedoch stark: „Das wird nicht passieren.“

Etwas Trost könnte Feijóo in der jüngeren spanischen Geschichte finden: Auch der Sozialdemokrat Sánchez stellte sich 2019 ohne ausreichende Mehrheit der Abstimmung im Parlament – und verlor.

Nach Neuwahlen konnte er aber doch noch die Macht erringen. Auf ein ähnliches Szenario scheint Feijóo sich vorzubereiten. Dafür wird er – vielleicht auch jahrelang – noch etwas Geduld brauchen.

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