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Die UN-Mission Monusco war zeitweise eine der größten und teuersten Operationen weltweit.

© dpa

UN-Friedenstruppe vor dem Abzug: Was wird aus dem Kongo?

Kürzlich wurden 272 Zivilisten durch eine Rebellengruppe getötet. Doch eine UN-Mission soll abgezogen werden. Eine afrikanische Friedenstruppe wäre jedoch kein Ersatz. Ein Gastbeitrag.

Seit Mitte der 1990er Jahre ist die Demokratische Republik Kongo Schauplatz anhaltender gewaltsamer Konflikte. Besonders im ressourcenreichen Osten des Landes kämpfen hunderte Rebellengruppen um die Kontrolle wertvoller Territorien.

Eine der größten bewaffneten Gruppen, die M23 (benannt nach dem Friedensabkommen vom 23. März 2009), hat in diesem Jahr erneut an Stärke gewonnen. Seit Oktober gibt es immer wieder Berichte von Massakern an Zivilisten, Angriffen auf Dörfer und Städte, für die die Regierung die M23 verantwortlich macht.

Die UN nimmt jedoch an, dass auch die Regierungsarmee an den Menschenrechtsverletzungen beteiligt ist. Das Nachbarland Ruanda nimmt dabei eine besondere Stellung ein: In der Vergangenheit unterstützte Ruanda die von Tutsi dominierte M23 militärisch, mit dem vorgeblichen Ziel des Schutzes der im Osten des Landes ansässigen Ruander.

Verstärkte Rufe nach Abzug

Gleichzeitig häufen sich die Rufe nach einem Abzug der internationalen Friedensmission Monusco. Zeitweise eine der größten und teuersten Missionen weltweit, wurde die Mission im Jahr 1999 zunächst als Monuc zur Überwachung des Friedensprozesses nach dem zweiten Kongokrieg entsendet.

Im Jahr 2010 erweiterte sich das Mandat auf friedensschaffende Maßnahmen wie den Schutz der Zivilisten und die militärische Stabilisierung des Landes.

Im Jahr 2013 wurde dann die Interventionsbrigade geschaffen, die erste „robuste“ UN-Operation, die das Mandat zur „Neutralisierung und Entwaffnung“ bewaffneter Gruppen hatte.

Proteste gegen die UN-Soldaten

Die Hoffnung war, dass der andauernden Gewalt Einhalt geboten würde. Zwar verzeichnete die Operation einige frühe Erfolge, wie etwa den Waffenstillstand und Rückzug der M23 im Jahr 2013. Doch mit dem erneuten Aufflammen der Gewalt stellt sich für viele Kongolesen die Frage, welchen Zweck die Stationierung internationaler Truppen überhaupt hat.

Seither häufen sich die Proteste gegen die Monusco besonders in den Provinzen Nordkivu (Beni, Butembo und Goma) sowie Südkivu (Bukavu).

Der Unmut gegen die UN-Friedenstruppe (Monusco) besteht schon länger.

© Moses Sawasawa/AP/dpa

Zwar ist Unmut gegen die Mission nichts Neues, doch sind nun zum ersten Mal zivilgesellschaftliche Akteure massiv an den Protesten beteiligt. Die Kritik richtet sich vor allem dagegen, dass es die Friedensmission trotz robustem Mandat – also mit dem Einsatz von militärischen Mitteln – nicht geschafft hat, Frieden zu schaffen.

 Die UN-Friedenstruppe ist auch eine unangenehme Zeugin für anhaltende Menschenrechtsverletzungen des kongolesischen Militärs.

Alex Ntung und Nadine Ansorg

Dies spielt auch der kongolesischen Regierung in die Hände. Die Forderung eines Monusco-Abzugs lenkt von der Tatsache ab, dass auch das kongolesische Militär und die Regierung es bislang nicht geschafft haben, das Land zu befrieden.

Zudem ist die Friedenstruppe eine unangenehme Zeugin für anhaltende Menschenrechtsverletzungen des kongolesischen Militärs und der Zusammenarbeit der Regierung mit gewaltsamen Gruppierungen wie der FDLR oder den Mai Mai Milizen.

Kein Ende der Gewalt in Sicht

Experten nehmen zudem an, dass Präsident Tshisekedi sein Mandat auch über 2023 hinaus verlängern will. Dies würde jedoch schwieriger unter dem Druck der internationalen Gemeinschaft. 

Mit einem möglichen Abzug der Truppen stellt sich jedoch auch die Frage eines Sicherheitsvakuums. Das kongolesische Militär ist zu schwach, um die Lücke zu füllen, und es würde wohl zu einer Intensivierung der Gewalt kommen. Ein vermeintlicher Ausweg aus dem Dilemma bietet die regionale Truppe der Ostafrikanischen Gemeinschaft (EAC).

Die Regierungen von Burundi, Kenia, Uganda und Südsudan bemühen sich darum, die Gewalt in der Region in den Griff zu bekommen. Mit Hilfe einer regionalen Friedenstruppe soll damit ein Übergang nach dem Abzug der Monusco geschaffen werden.

Dennoch bestehen auch weiterhin Probleme: Die EAC ist als regionaler Sicherheitsakteur noch neu und unerfahren, und die Finanzierung der Mission ist unklar. Militärisch ist eine EAC-Mission nicht stark genug, um der Gewalt im Osten Kongos genug entgegenzusetzen.

Hinzu kommt, dass es wirtschaftliche und sicherheitspolitische Differenzen zwischen den Mitgliedstaaten gibt. Besonders der politische Konflikt zwischen Ruanda und Kongo, ausgelöst unter anderem durch die Unterstützung der M23, ist hinderlich für eine regionale Zusammenarbeit.

Letztlich ist zu erwarten, dass es auch in naher Zukunft mit einer regionalen Friedenstruppe nicht zu einem Ende der Gewalt kommen wird. Zu groß sind die Herausforderungen, die das Land zu meistern hat – neben der Unsicherheit und den Angriffen auf Zivilisten gestalten sich vor allem politische Reformen als schwierig.

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