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21.09.2022, Großbritannien, Dungeness: Eine Gruppe von Menschen, bei denen es sich vermutlich um Migranten handelt, wird von der Royal National Lifeboat Institution (RNLI) nach einem Zwischenfall mit einem kleinen Boot im Ärmelkanal nach Dungeness in der Grafschaft Kent gebracht. Foto: Gareth Fuller/PA Wire/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

© Foto: Gareth Fuller/dpa

Umstrittener Asyl-Pakt mit Ruanda: Oberstes Gericht erklärt britische Abschiebeflüge für illegal

Der Supreme Court hat die Pläne der konservativen Regierung in London gekippt. Demnach sind unbegründete Abschiebungen von Großbritannien nach Ruanda rechtswidrig.

Die britische Regierung wollte künftig Asylsuchende jeglicher Herkunft und ohne Perspektive auf eine Rückkehr an Ruanda abgeben. Damit ist sie vor Gericht gescheitert. Das Oberste Gericht in London nannte das Vorhaben am Mittwoch rechtswidrig.

Das Urteil ist Höhepunkt eines zähen Rechtsstreits. Das Berufungsgericht (Court of Appeal) hatte im Juni geurteilt, dass Ruanda nicht als sicheres Drittland einzustufen ist und ein Asylverfahren dort nicht ausreichend vor einer Abschiebung an das Herkunftsland schützt. Es kippte damit eine erstinstanzliche Entscheidung des High Courts, der den Plan für rechtskonform erklärt hatte. Dagegen geklagt hatten Asylsuchende aus Syrien, dem Irak, dem Iran, Vietnam, Sudan und Albanien.

Dagegen ging die konservative Regierung von Premierminister Rishi Sunak in Berufung. Sie will mit dem Ruanda-Plan, für den ein Abkommen mit dem ostafrikanischen Land geschlossen wurde, Migranten von der irregulären Einreise in kleinen Booten über den Ärmelkanal abschrecken. Im vergangenen Jahr waren mehr als 45 000 Menschen auf diesem Weg ins Vereinigte Königreich gekommen. Zwar ist die Zahl in diesem Jahr mit bislang etwa 27 000 niedriger als im Vorjahresvergleich, doch das Versprechen der Regierung, die Boote zu stoppen, gilt noch nicht als eingelöst.

Dem Plan zufolge sollten irreguläre Migranten künftig ohne Prüfung eines Asylantrags direkt nach Ruanda abgeschoben werden und stattdessen dort um Schutz suchen. Das war im In- und Ausland auf heftige Kritik gestoßen. Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen hatte das Vorgehen als Bruch internationalen Rechts verurteilt. Englands Bischöfe sprachen von einer „Schande für Großbritannien“. Zudem gibt es Zweifel daran, ob der erhoffte Abschreckungseffekt tatsächlich eintreten würde.

Das Vorgehen Großbritanniens wird auch in Deutschland verfolgt - und die Gerichtsentscheidung dürfte hierzulande Einfluss auf die Debatte haben. Im Ringen um den Umgang mit den vielen Flüchtlingen und Migranten, die vor allem über das Mittelmeer in die EU und schließlich nach Deutschland kommen, hatte es Forderungen nach der Auslagerung von Asylverfahren in Drittländer gegeben.

Die Bundesregierung bekräftigte vergangene Woche auf Drängen auch der Ministerpräsidenten, Asylverfahren außerhalb Europas prüfen zu wollen. Der Bund-Länder-Beschluss geht hier nicht ins Detail. Die SPD-Ministerpräsidenten machten aber deutlich, dass sie sich allenfalls vorstellen können, dass Asylgesuche noch vor der Einreise geprüft werden. Ein One-Way-Ticket nach Ruanda, wie es Großbritannien vorhat, steht nicht zur Debatte.

Italien schloss kürzlich ein Abkommen mit Albanien mit der Absicht, zwei Zentren zur Aufnahme von im Mittelmeer geretteten Migranten in Albanien zu erreichen. Menschen, die von Schiffen der italienischen Behörden gerettet werden, sollen nach Albanien gebracht werden, um dort ihr Asylverfahren zu durchlaufen. Nur Menschen, deren Asylantrag bewilligt wird, sollen dann nach Italien gebracht werden. (dpa)

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