zum Hauptinhalt
Jens Stoltenberg, Secretary General of the North Atlantic Treaty Organization (NATO), this year's recipient of the Henry A. Kissinger Prize, speaks during the event at the Deutsche Telekom Representative Office in Berlin on November 10, 2023. (Photo by John MACDOUGALL / AFP)

© AFP/John MacDougall

„So schnell wie möglich“ ratifizieren: Stoltenberg fordert Zusage der Türkei zu Nato-Beitritt Schwedens

Vor dem Außenministertreffen der Nato-Länder mahnt der Generalsekretär des Bündnisses die Türkei an, dem Beitritt Schwedens zuzustimmen. Das Land hätte alle vereinbarten Voraussetzungen erfüllt.

Im Konflikt um den Nato-Beitritt Schwedens hat Bündnis-Generalsekretär Jens Stoltenberg den Druck auf die Türkei erhöht. „Schweden hat seine Versprechen erfüllt, nun ist es Zeit für die Türkei, den Beitrittsprozess abzuschließen“, sagte Stoltenberg am Montag in Brüssel. Der Streit belastet das zweitägige Nato-Außenministertreffen ab Dienstag, bei dem es um die Vorbereitung des Nato-Jubiläumsgipfels zum 75-jährigen Bestehen geht sowie um die militärische Lage in der Ukraine.

Stoltenberg rief die Verbündeten Türkei wie auch Ungarn auf, das schwedische Beitrittsprotokoll „so schnell wie möglich“ zu ratifizieren. Als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine hatte das traditionell blockfreie Schweden die Nato-Mitgliedschaft im Mai des vergangenen Jahres gemeinsam mit Finnland beantragt. Doch während Finnland im April als 31. Nato-Land beitreten konnte, verzögert sich die Aufnahme Schwedens weiter, vor allem wegen Vorbehalten in der Türkei.

Die Enttäuschung in der Nato ist nach Brüsseler Angaben extrem groß. In diesem Jahr ist die geplante Aufnahmezeremonie für Schweden nun endgültig vom Tisch. Ob sie bis zum Jubiläumsgipfel in Washington im Juli nachgeholt werden kann, ist unklar.

Schweden geht nun härter gegen PKK vor

Diplomaten zufolge herrscht große Frustration über die Haltung des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Stoltenberg hatte von ihm im Juli beim Nato-Gipfel in Litauen die Zusage erhalten, dass der Weg für den schwedischen Beitritt frei sei. Im Gegenzug sagte Schweden ein noch härteres Vorgehen gegen die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) zu, die in der Türkei als „Terrororganisation“ verboten ist.

Nach dem Gipfel passierte erneut monatelang nichts. Nach Stoltenbergs Angaben leitete Erdogan die schwedische Beitrittsakte erst dann an das türkische Parlament weiter, als der Generalsekretär bei ihm interveniert hatte. Seitdem hängt sie in der Volksvertretung fest.

Präsident Recep Tayyip Erdogan bei seinem Staatsbesuch in Deutschland.
Präsident Recep Tayyip Erdogan bei seinem Staatsbesuch in Deutschland.

© IMAGO/Bernd Elmenthaler/IMAGO/Bernd Elmenthaler

Ungarn wurde in der Nato zunächst als eine Art Gehilfe der Türkei beschrieben. In Ungnade fiel das EU- wie Nato-Mitglied allerdings, als sich Regierungschef Viktor Orban im Oktober beim Handschlag mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin ablichten ließ.

Vor dem Hintergrund dieser Streitigkeiten steigt in der Nato die Sorge über die militärische Lage in der Ukraine. Die Außenminister beraten darüber am Mittwoch mit ihrem ukrainischen Kollegen Dmytro Kuleba. Der ukrainische Oberbefehlshaber Waleryj Saluschnyj hatte kürzlich eingeräumt, die Gegenoffensive im russischen Angriffskrieg sei zum „Stillstand“ gekommen. Der erhoffte Durchbruch der Ukraine bleibe vermutlich aus, sagte er dem „Economist“.

„Es ist schwierig auf dem Schachfeld“

„Es ist eine schwierige Situation, es ist schwierig auf dem Schlachtfeld“, sagte Stoltenberg dazu der Nachrichtenagentur AFP. Die Nato habe aber „keine Alternative“ als die Ukraine auch im zweiten Kriegswinter zu unterstützen. Ein Sieg des russischen Präsidenten Wladimir Putin wäre „eine Tragödie für die Ukraine und gefährlich für uns“, warnte er. „Trotz aller Schwierigkeiten, trotz des Mangels an Fortschritten, Erfolgen oder Geländegewinnen müssen wir die Ukraine weiter unterstützen“, betonte Stoltenberg.

Diplomatischer äußerte er sich in der offiziellen Pressekonferenz. Die Ukraine habe 50 Prozent des von Russland besetzten Territoriums zurückerobert, das sei „ein großer Gewinn“, betonte Stoltenberg. Er lobte in diesem Kontext die von Deutschland auf acht Milliarden Euro verdoppelte Ukraine-Hilfe.

Währenddessen wird im Bündnis Stoltenbergs Nachfolge diskutiert. Der Norweger will zum 1. Oktober 2024 endgültig aufhören, spätestens zum Gipfel in Washington soll Klarheit herrschen.

Viele Mitgliedsländer favorisieren den scheidenden niederländischen Regierungschef Mark Rutte, Interesse bekundet haben daneben der lettische Außenminister Krisjanis Karins und die estnische Regierungschefin Kaja Kallas. Zu Rutte sagte Stoltenberg AFP, der 56-Jährige sei „ein fähiger Politiker mit einer Menge Erfahrung als Ministerpräsident“. Es sei aber an den Nato-Staaten, über seine Nachfolge zu entscheiden. (AFP)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false