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Die Vertreterin der ukrainischen Organisation Center for Civil Liberties (CCL), Oleksandra Matwijtchuk, spricht bei der Verleihung des Friedensnobelpreises 2022.

© picture alliance/dpa/Javad Parsa

„Helft uns mit Waffen!“: Ukrainische Friedensnobelpreisträgerin sendet flammenden Appell auch an Deutschland

Oleksandra Matwijtchuk reagiert auf die dramatische Situation in der Ukraine. Russland will unterdessen nicht am Friedensgipfel Mitte Juni in der Schweiz teilnehmen.

Eindringlich könnte die Nachricht an die Regierungen der westlichen Verbündeten und insbesondere die Ampelkoalition unter Kanzler Olaf Scholz (SPD) kaum sein: Die ukrainische Friedensnobelpreisträgerin Oleksandra Matwijtchuk hat Deutschland angesichts der dramatischen Lage in ihrem Land im Krieg gegen Russland dringend zu mehr Waffenlieferungen aufgerufen.

„Helft uns! Helft uns mit Waffen! Liefert uns Taurus-Raketen, damit wir diesen Krieg gewinnen können“, sagte Matwijtchuk dem Magazin „Focus“.

Scholz lehnt eine Lieferung der deutschen Marschflugkörper aus Beständen der Bundeswehr bisher strikt ab. Seine Begründung lautet, Deutschland könnte damit Kriegspartei werden. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte gerade erst erneut betont, dass er aber mit der Bundesregierung weiter im Gespräch über die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern sei.

Der russische Angriffskrieg hat genozidalen Charakter. Und das heißt: Legen wir die Waffen nieder, droht uns die Vernichtung.

Oleksandra Matwijtchuk, ukrainische Friedensnobelpreisträgerin

„Soweit ich es verstehe, sagt der Bundeskanzler (Olaf Scholz), dass Deutschland keine Atommacht ist und dass es das stärkste Waffensystem in Deutschland ist“, wurde er in Medienberichten zitiert. Scholz wolle sein Land nicht ohne dieses Waffensystem zurücklassen. Selenskyj hatte zuvor auch vor Stimmen wie SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich gewarnt, der vorgeschlagen hat, den Krieg einzufrieren.

Matwijtchuk sagte zu den Forderungen nach einer Verhandlungslösung mit Russland: „Es gibt keine andere Option, als weiterzukämpfen. Der russische Angriffskrieg hat genozidalen Charakter. Und das heißt: Legen wir die Waffen nieder, droht uns die Vernichtung“, mahnte die Nobelpreisträgerin.

Russlands Präsident Wladimir Putin wolle keinen Frieden, sondern „er will seine militärischen Ziele erreichen“. „Alles Gerede über den angeblichen russischen Verhandlungswillen soll nur die Stimmung im Westen beeinflussen und die Unterstützung für die Ukraine schwächen“, warnte die Menschenrechtsanwältin.

„So bitter es klingt: Wir müssen die Realität akzeptieren – auch wenn sie furchtbar ist. Nur wenn die Ukraine den Krieg gewinnt, gibt es eine Chance auf Frieden“, sagte sie weiter.

Matwijtchuk äußerte sich enttäuscht über nachlassende Unterstützung aus dem Westen. „Direkt nach dem russischen Überfall auf mein Land hieß es: Wir stehen der Ukraine bei, koste es, was es wolle. Ich bin mir nicht sicher, ob das immer noch so gilt“, sagte sie.

Zuvor war bekannt geworden, dass die Schweiz am 15. und 16. Juni eine Friedenskonferenz ausrichten möchte, Russland aber eine Teilnahme ablehnt. Dies berichtet die Schweizer Zeitung „Blick“. Moskau habe keine Einladung zur Konferenz erhalten, teilte die russische Botschaft in Bern demnach mit.

„Aber selbst im Fall des Erhalts einer Einladung für so ein Ereignis würde sie die russische Seite nicht annehmen“, heißt es dem Bericht zufolge in der Pressemitteilung weiter. Ohne russische Beteiligung verkomme das Treffen am Berg Bürgenstock zu einer weiteren Runde fruchtloser Konsultationen. 

Die Botschaft erklärte die Ablehnung demnach damit, dass in der Schweiz angeblich nur der Friedensplan Selenskyjs verhandelt werde. Dessen Friedensformel aber „ist eine Ansammlung an Ultimaten gegenüber Russland und zieht die Interessen der nationalen Sicherheit unseres Landes nicht in Betracht“, heißt es demnach in der Mitteilung.

Selenskyj hatte unter anderem den vollständigen Abzug der russischen Truppen von ukrainischem Gebiet gefordert – darunter auch von der bereits seit 2014 von Moskau annektierten Krim.

Moskau bemängelte demnach, dass andere Friedensinitiativen – unter anderem aus China und Afrika – bei der Konferenz keine Beachtung fänden.

Dagegen sagte der Schweizer Außenminister Ignazio Cassis bei der Vorstellung der Konferenz, dass sie über den von Selenskyj erarbeiteten Friedensplan hinausgehen und auch existierende Vorschläge von anderen Ländern, beispielsweise China, berücksichtigen werde. Cassis zufolge ist China eingeladen, es gebe allerdings noch keine Rückmeldung.

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