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Soldaten der Wagner-Gruppe in Bachmut

© Imago/SNA/Viktor Antonyuk

Handbuch aufgetaucht: Russische Truppen gleichen Taktik offenbar an Wagner-Gruppe an

Die neue Taktik soll die Personal- und Munitionsprobleme auffangen. Experten erwarten, dass der Fokus auf Frontalangriffe keine größeren Durchbrüche verspricht.

Aus einem offenbar erbeuteten russischen Militär-Handbuch geht hervor, dass die Kreml-Truppen neue Angriffstechniken eingeführt haben, um die derzeitigen Personal- und Munitionsprobleme aufzufangen. Sie sollen auch eine Reaktion auf die fortwährenden Fehler bei Angriffen sein.

Ein ukrainischer Reserveoffizier, der sich „Tatarigami_UA“ nennt, postete auf Twitter Fotos aus dem Handbuch. Darin wird eine neu eingeführte „Angriffsabteilung“ genannt, die die Größe eines Bataillons haben und extra für Frontalangriffe auf verstärkte Verteidigungslinien spezialisiert sein soll.

Eine solche „Angriffsabteilung“ umfasst demnach sechs T-72-Kampfpanzer, zwölf Infanterie-Kampffahrzeuge, mehrere tragbare Raketenwerfer, Drohnen, Artilleriegeschütze, Granatwerfer und Flugkörper für den Einsatz gegen Panzer.

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Diese neue Einheit speist sich offenbar aus drei bisherigen Angriffstruppen und einer Panzereinheit. Bis zu 90 Fußsoldaten sollen in einer solchen „Angriffsabteilung“ kämpfen und aus taktischen Gründen immer in Dreiergruppen operieren. Die Frontalangriffe der Einheit sollen weniger als eine Minute nach Artilleriefeuer auf die verstärkten Verteidigungslinien erfolgen.

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Das Handbuch legt nahe, dass die russischen Truppen dafür ihre Bataillonskampfgruppen (BTG) in diesen kleineren, flexibleren Formationen aufgeteilt haben.

Die BTG bestehen normalerweise aus mindestens 700 Soldaten. Die T-72-Kampfpanzer haben demnach auch eine neue Rolle und dienen als direkte Unterstützung der Infanterie – und nicht, wie üblich, als ein Teil eines Verbunds schwerer Waffen.

Diese neue Taktik legt dem US-Thinktank „Institute for the Study of War“ (ISW) zufolge nahe, dass die russischen Kommandeure den Schutz ihrer Kampfpanzer als höhere Priorität einstufen als den Schutz ihrer Soldaten.

Das ist die logische Schlussfolgerung aus Berichten der vergangenen Wochen, die hohe Verluste an schweren Waffen auf russischer Seite feststellen. Diese neue Taktik macht auch keine großartige Ausbildung der Soldaten notwendig – weil sie sozusagen als „Kanonenfutter“ dienen. So setzt die Wagner-Gruppe ihre Rekruten, zumeist Häftlinge, bereits seit Monaten ein.

Wagner-Gruppe nutzt Taktik aus Munitionsmangel

Die neue Taktik ähnelt dem Vorgehen der Wagner-Söldner, auf das diese seit Monaten rund um Bachmut setzen. Wagner nutzt solche Frontalangriffe in kleinen Gruppen, um nicht auf eine große Anzahl an Munition angewiesen zu sein. Denn gerade die Artilleriemunition ist in den vergangenen Wochen immer knapper geworden.

Das russische Verteidigungsministerium machte die Söldnergruppe Wagner zuletzt für den Munitionsmangel an der Front im Donbass verantwortlich. Das suggeriert ein offizieller Schriftwechsel, der auf dem Telegram-Kanal „VChK-OGPU“ aufgetaucht ist. Das Ministerium wirft den Söldnern sogar direkt vor, schuld an „erheblichen Verlusten“ von konventionellen Brigaden zu sein.

Mit dem Vorgehen gelang es der Wagner-Gruppe allerdings, für zumindest minimale Bewegung an der Front zu sorgen. Die regulären russischen Truppen kamen mit ihren BTG an anderen Punkten der ukrainischen Verteidigungslinien kaum noch voran.

Die Hoffnung des russischen Kommandos ist es nun offenbar, mit der Angleichung an die Wagner-Taktik und daraus folgenden massiven Frontalangriffen größere Fortschritte zu machen.

Das ISW geht davon aus, dass die Ausweitung der Taktik allerdings nur dafür sorgt, dass Russland noch größere Verluste erleidet – und nicht das Ziel erreicht, die konventionellen ukrainischen Bataillone und Brigaden effektiv zu bekämpfen.

Solche kleinen „Angriffsabteilungen“ dürften zwar in der Lage sein, kurzfristig taktische Erfolge herbeizuführen, allerdings aufgrund ihrer Größe und der hohen Verluste keine langfristige Option darstellen.

Möglicherweise soll diese Taktik nur dafür sorgen, einen kurzfristigen strategischen Erfolg einzufahren: die vollständige Einnahme Bachmuts. Größere, bedeutsame Durchbrüche seien mit dieser Taktik allerdings nicht möglich, erwartet das ISW.

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