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Teil Partner, teils Gegner: US-Präsident Joe Biden und Chinas Staatsoberhaupt beim G20-Gipfel in Bali 2022.

© Reuters/Kevin Lamarque

Grenzen für US-Investitionen in China: Biden handelt deutlich entschlossener als Scholz

Derisking, nicht Decoupling: Bei der Grundrichtung gegenüber China sind sich die USA und Deutschland einig. Washington geht allerdings schneller und schärfer vor als Berlin. Eine Analyse.

Mit seiner Aussage von Mittwoch, amerikanische Investitionen in China schärfer zu kontrollieren, hat US-Präsident Joe Biden die Regierung in Peking, aber auch Verbündete in Europa aufgeschreckt. Er begründet die Beschränkungen, die auf gemeinsamen Unternehmen (Joint Venture) von Investitions- und Risikokapitalfirmen mit chinesischen Unternehmen zielen, mit der nationalen Sicherheit.

Die USA wollen Chinas Zugang zu sensiblen Technologien, die der militärischen Aufrüstung dienen können, einschränken. Sie drängen andere westliche Staaten, sich den Beschränkungen anzuschließen.

Die neuen Investitionskontrollen folgen auf Hightech-Sanktionen der Biden-Regierung vom vergangenen Oktober. „Wir wollen China daran hindern, sich die fortschrittlichsten Technologien zu beschaffen, um die militärische Modernisierung voranzutreiben und die nationale Sicherheit der USA zu untergraben“, argumentiert die US-Regierung.

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Militärische Sicherheit ist Biden wichtiger als Scholz

Droht da ein neuer Konflikt zwischen Amerika und Europa, speziell auch mit Deutschland? In der prinzipiellen Beschreibung des Umgangs mit China sind sich die USA, die EU und die Ampelkoalition einig. Sie wollen kein „Decoupling“, keinen Abbruch der Wirtschaftskooperation mit China, wie ihn Ex-Präsident Donald Trump gefordert hatte. Sondern ein „Derisking“: die Überprüfung und Reduzierung riskanter Abhängigkeiten.

In der Praxis geht Biden dabei nun schärfer, schneller und entschlossener vor als Bundeskanzler Olaf Scholz. Fragen der militärischen Sicherheit spielen für die USA zudem eine wichtigere Rolle als für Deutschland.

Diese Unterschiede wecken in deutschen Wirtschaftskreisen bisweilen den Verdacht, Biden verfolge eine härtere Strategie als Scholz und die Verwendung der gemeinsamen Formel „Derisking“ solle das überdecken.

Manche beschweren sich, Deutschland dürfe sich von den USA nicht zu einer China-Politik drängen lassen, die den deutschen Wirtschaftsinteressen schade. Freilich beklagen sich auch deutsche Konzerne über China.

Arbeitsteilung zwischen Scholz und Baerbock

Zudem wirkt die US-Regierung geschlossener als die Bundesregierung. Die Ampelkoalition erweckt mitunter den Eindruck, als sei Scholz für den Nutzen der ökonomischen Kooperation zuständig und die grüne Außenministerin Annalena Baerbock für die Kritik an Peking, etwa wegen der Menschenrechte.

Die US-Regierung fährt ebenfalls eine Doppelstrategie aus Diplomatie und Abgrenzung, freilich ohne die deutsche Rollenverteilung. Sie bemüht sich stärker als Peking um Gesprächskanäle zwischen den beiden rivalisierenden Großmächten. Nach dem offenen Konflikt um chinesische Überwachungsballons im US-Luftraum Anfang Februar hatte es über Wochen kaum noch hochrangigen Austausch gegeben.

Im Juni reiste Außenminister Antony Blinken nach Peking, im Juli Notenbankchefin Janet Yellen und der Klimabeauftragte John Kerry, um die Gesprächsformate wieder zu öffnen. Auf den Wunsch der USA nach speziellen Kanälen, um eine Eskalation militärischer Spannungen zu verhindern, ging China jedoch nicht ein.

Im Großen und Ganzen bewegt sich die Chinapolitik der USA, Deutschlands und Europas in die gleiche Richtung, wenn auch oft zeitversetzt. Vor den Gefahren für die Datensicherheit durch den  Einbau von Huawei-Komponenten in die 5G-Netze hatten die USA seit Jahren gewarnt.

Nach und nach überzeugten sie die Verbündeten. Inzwischen drängt auch Deutschland die Mobilfunkkonzerne, sie wieder auszubauen. Den US-Sanktionen gegen die Weitergabe sensibler Hightech an China schlossen sich im vergangenen Herbst und Winter Japan und die Niederlande an.

Amerika und Europa bauen neue Fabriken für Hochleistungschips mit dem taiwanesischen Weltmarktführer TSMC. So wollen sie der Gefahr begegnen, dass ihre Industrien vom Nachschub aus Taiwan abgeschnitten wären, falls China versucht, den demokratischen Inselstaat mit Gewalt unter seine Kontrolle zu bekommen. Die USA wurden mit TSMC 2022 einig. In Deutschland ist die Investitionsentscheidung für Dresden gerade gefallen.

Unter dem Strich bleibt aber noch Raum für einen besser abgestimmten Umgang mit China der USA, Deutschlands und der EU-Partner.

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