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Palästinenser inspizieren zerstörte Gebäude nach israelischen Luftangriffen auf das Flüchtlingslager Shati. Israel reagiert auf den massiven Angriff durch die Hamas mit Luftangriffen im Gazastreifen.

© dpa/Mohammed Talatene

Gaza ist abgeriegelt: Wenn Strom, Essen und Wasser fehlen

Nach den schweren Anschlägen radikal-islamistischer Terroristen hat Israel den Gaza-Streifen abgeriegelt. Die Versorgung wird immer schwieriger, Trinkwasser stehe nur noch begrenzt zur Verfügung, sagt ein Experte.

Nach dem Angriff der radikal-islamischen Hamas auf Israel hat der israelische Verteidigungsminister Yoav Gallant am Montag die komplette Abriegelung des Gazastreifens angeordnet. Energieminister Israel Katz befahl einen Stopp der Wasserversorgung des Gazastreifens durch Israel. Zudem fliegt die israelische Luftwaffe Bombenangriffe, das Ziel: Alle Hamas-Stellungen dem Erdboden gleichmachen.

Zwei Millionen Menschen leben in Gaza auf nur engstem Raum. Nun versuchen sie, sich vor den Luftangriffen in Sicherheit zu bringen, wie etwa Mustafa Razi (Name geändert). Er macht sich große Sorgen um seine Familie. „Wir sind am Samstag aus dem Süden Gazas geflohen, als wir Tausende Raketen der Hamas fliegen gehört haben“, sagt er dem Tagesspiegel am Telefon. Während des Gesprächs hört man die Bomben des israelischen Militärs einschlagen.

Versorgung wird immer schwieriger

Razi arbeitet als Journalist für eine Nachrichtenagentur, berichtet rund um die Uhr über die aktuelle Lage. Seine Familie ist bei einem Cousin untergekommen, der 26-Jährige selbst schläft in seinem Büro in einem Hochhaus in der Stadt. „Von hier sehe ich die Zerstörung der Stadt“, sagt er.

Die Menschen in dem etwa 40 Kilometer langen und an einigen Stellen maximal zwölf Kilometer breiten Stück Land trifft die Totalblockade hart. Die Versorgung mit Lebensmitteln und Wasser werde in der kommenden Zeit immer schwieriger, sagt Martin Rentsch, Sprecher des Welternährungsprogramms in Deutschland.

Die meisten Geschäfte im Gazastreifen haben nur noch Lebensmittelvorräte für zwei Wochen.

Martin Rentsch ist Sprecher des Welternährungsprogramms in Deutschland.

„Die meisten Geschäfte im Gazastreifen haben nur noch Lebensmittelvorräte für zwei Wochen, ein Drittel sogar für weniger als eine Woche“, sagte Rentsch dem Tagesspiegel. „Zudem verderben Lebensmittel wegen der häufigen Stromausfälle schnell.“ Dem einzigen Kraftwerk in Gaza könnte schon in wenigen Tagen der Brennstoff ausgehen.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hatte am Montag gefordert, einen humanitären Korridor zur Versorgung der Zivilbevölkerung im Gazastreifen einzurichten. Es müsse möglich sein, die Menschen mit dem Nötigsten zu versorgen, sagte ein Sprecher in Genf.

Kaum Trinkwasser

„Wir wissen, dass nur noch begrenzt Trinkwasser zur Verfügung steht“, erklärt Rentsch. Nach Angaben des UN-Hilfswerks Unicef hat nur jeder Zehnte in Gaza Zugang zu sauberem Trinkwasser. Das aus einem Küstengrundwasserspeicher geförderte Wasser ist nach Aussage von Experten nicht trinkbar – es ist versalzen und kontaminiert.

Eine Alternative soll die Entsalzung von Meerwasser bieten – dafür aber braucht es Ausrüstung und Strom, die angesichts der nun verschärften Blockade aus Israel nicht in die Region gelangen können.

Die Menschen können nicht fliehen, der Gazastreifen ist komplett abgeriegelt.

Marta Lorenzo ist Direktorin des Büros des Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) für Europa.

Erschwerend kommt hinzu, dass es an Schutzräumen fehlt. „Die Menschen können nicht fliehen, der Gazastreifen ist komplett abgeriegelt“, sagt Marta Lorenzo, Direktorin des Büros des Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) für Europa. Mehr als 137.000 Personen seien in den 83 Schulen, die das UNRWA in Gaza betreibt, untergekommen.

„Wir sind an der Kapazitätsgrenze angelangt“, sagt Lorenzo. Zudem seien in den vergangenen Tagen zwei Schulen des UNRWA von Raketen getroffen worden, wobei jedoch niemand verletzt worden sei. Bei anderen Angriffen seien jedoch zwei Mitarbeiter des UNRWA und fünf Kinder aus UNRWA-Schulen getötet worden. Die Krankenhäuser, die das Hilfswerk betreibt, seien derzeit nur noch für kurze Zeiten am Tag offen – aus Sicherheitsgründen, wie Lorenzo sagt.

„Die Situation wird von Minute zu Minute schlimmer“, sagt der Palästinenser Razi. „Die Menschen hier merken jetzt den Mangel an Strom und Lebensmitteln.“ Die Leute versuchten nun, alternative Wege zu finden, um zu überleben und auf Generatoren und andere alternative Energieantriebe umsteigen. (mit dpa)

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