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Vor allem China hat auf Erweiterung gedrängt, um seinen Einfluss auszuweiten.

© AFP/MARCO LONGARI

Brics-Verbund wächst: China konnte sich durchsetzen – aber nicht ganz

Unter den sechs Neumitgliedern sind reiche Erdölmonarchien, aber auch Iran. Peking hatte auf Erweiterung gedrängt, aber die anti-westliche Ausrichtung ist nur bedingt gestärkt.

Mit der Aufnahme sechs weiterer Länder in den Brics-Bund setzen die Schwellenstaaten Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika ein Zeichen: Nicht nur besitzen die neuen Mitglieder weiten Einfluss in ihrer Region, unter ihnen sind auch reiche Ölstaaten und Verbündete des Westens.

Insbesondere China hatte auf eine Erweiterung gedrängt, um den Einfluss der Organisation zu mehren. Allerdings wollten andere Mitglieder verhindern, dass die Organisation stärker anti-westlich ausgerichtet wird.

Eine Neuerfindung der Weltpolitik?

„Wir erleben hier die Neuerfindung der Weltpolitik“, analysierte am Donnerstag das südafrikanische Staatsfernsehen SABC. Nur wenige Minuten zuvor hatte Präsident Cyril Ramaphosa beim 15. Brics-Gipfeltreffen in Johannesburg die Aufnahme Äthiopiens, Ägyptens, Argentiniens, Saudi-Arabiens, der Vereinigten Arabischen Emirate sowie des Iran verkündet.

2024
sollen sie Neuen dem Bund beitreten.

Dann wird Brics nicht nur für ein Drittel der Weltwirtschaft verantwortlich sein , sondern obendrein für 46 Prozent der Weltbevölkerung, betonte Brasiliens Präsident Luiz Inacio Lula da Silva.

Zuletzt hatte sich ein regelrechter Ansturm auf die Staatengemeinschaft entwickelt: An die 40 Länder bekundeten Interesse, beizutreten; 23 davon stellten einen Antrag. Als Auslöser gilt auch die russische Invasion der Ukraine: „Sie hat viel Angst unter den Ländern des Globalen Südens geschaffen.“, so Priyal Singh, Forscher an der panafrikanischen Denkfabrik Institute for Security Studies (ISS).

Wiederholt betonten die Brics-Verantwortlichen in Johannesburg, sie seien weder „anti-westlich“ noch ein „Gegenpol“ zu den G7- oder G20-Staaten. Stattdessen verstehe sich die 2009 gegründete Gemeinschaft als „Kämpferin“ für die Interessen des Globalen Südens und für eine „faire, gerechte, inklusive und florierende Welt“, so Ramaphosa.

Die Länder des Globalen Südens erkennen ihre Macht.

David McNair, Global-Policy-Direktor der Entwicklungsorganisation ONE.

David McNair ist Global-Policy-Direktor der Entwicklungsorganisation ONE. Ihm zufolge schaffe die Brics-Erweiterung nicht nur Potenzial für mehr Handel und Wohlstand in den Mitgliedsländern, sondern stärke auch deren politische Position: „Die Länder des Globalen Südens erkennen ihre Macht und wollen einen sinnstiftenden Platz am Entscheidungstisch.“

China und Russland warben um Verbündete

Nichtsdestotrotz dürfe dies keinen Keil in die Weltgemeinschaft treiben, warnt McNair. Nur gemeinsam könnte man Klimawandel, Pandemien und weltweite Armut bekämpfen. Daher müssten auch die G7-Staaten akzeptieren und sicherstellen, dass Institutionen wie die Weltbank oder der Internationale Währungsfonds (IWF) auch den Globalen Süden bedienen. Hinsichtlich der Dominanz des US-Dollars am Weltmarkt erklärten die Brics-Staaten, ab kommendem Jahr vermehrt in lokalen Währungen handeln zu wollen.

Unter Politologen und westlichen Diplomaten herrschte bis zuletzt Sorge, dass eine Erweiterung der Gruppe vor allem zugunsten Chinas und Russlands ausfallen könnte. Beide warben bei dem Treffen um Verbündete. Dem Gastgeber Südafrika, wo seit Jahresbeginn beinahe täglich der Strom ausfällt, versprach China Energieförderungen von 25 Millionen Euro – zusätzlich zu Generatoren, Diesel, Solarzellen und Batterien.

Russlands Präsident Wladimir Putin fehlte bei dem Treffen, nachdem Südafrika gedroht hatte, ihn wegen eines internationalen Haftbefehls festnehmen zu müssen. Der Kreml-Chef wurde per Video zugeschaltet. Dabei wetterte er neuerlich gegen den Westen. Den zahlreichen Regierungschefs, die aus Afrika angereist waren, versprach er mit Blick auf das aufgehobene Schwarzmeer-Getreide-Abkommen: „Russland ist und bleibt ein verlässlicher Nahrungsmittellieferant.“

Unterdessen formierte sich vor dem Johannesburger Kongresszentrum Widerstand: „Nein zu Putins Imperialismus“ und „Bring die Kinder zurück“, forderten Menschenrechtsaktivisten. Die Staatschefs selbst erwähnten den Ukraine-Krieg in ihrer „Erklärung von Johannesburg“ bloß am Rande: Man schätze alle Versuche, den Konflikt durch Dialog und Diplomatie zu lösen.

Noch am Tag zuvor hatte Brasiliens Präsident Da Silva eine „Denkweise wie im Kalten Krieg“ angeprangert, zu der man zurückgekehrt sei, und gewarnt: „Die Welt muss sich die Gefahren vor Augen führen, die das mit sich bringt.“ Der nächste Brics-Gipfel soll 2024 in der russischen Stadt Kazan stattfinden. Dafür versicherten die anderen Mitglieder Russland ihre „volle Unterstützung“. 

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