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Dr. Magnus Heier

© Stefan Braun

Kirchen, macht die Tore auf!: Der Gesundheitsminister fordert Kälteräume – die gibt es längst

Angesichts der neuerlichen Hitzewelle schmiedet Karl Lauterbach neue Pläne zum Schutz vulnerabler Gruppen. Verglichen mit anderen Ländern ist Deutschland schlecht aufgestellt.

Eine Kolumne von Dr. Magnus Heier

Es bleibt heiß: Bis 30 Grad sind angekündigt. In diese Hitzewelle fällt die Ankündigung von Gesundheitsminister Karl Lauterbach, einen Hitzeschutzplan für Deutschland zu erarbeiten. Eine gute Idee, wenn auch nicht übermäßig früh (die Schuld trifft aber seine Vorgänger im Amt). Die Gefahr ist altbekannt: Das Robert Koch-Institut geht von mehr als 4500 hitzebedingten Todesfällen im letzten Jahr aus.

In Frankreich gibt es entsprechende Notfallpläne schon lange. Dort sind chronisch Kranke und alleinstehende Ältere über 65 Jahren erfasst und werden an entsprechend heißen Tagen telefonisch kontaktiert: Geht es ihnen gut? Sind sie orientiert? Gehen sie überhaupt ans Telefon? Wenn nein, bekommen sie Besuch und werden versorgt, vor allem mit Wasser. Aber auch mit Hilfe. Diese Maßnahme ist so offensichtlich richtig und wichtig, dass es beschämt, dass es Gleiches nicht auch in Deutschland gibt. Aber auch mit Lauterbach wird es dauern. Jetzt gefordert ist die Nachbarschaftshilfe: Rufen Sie ältere alleinstehende oder chronisch kranke Nachbarn an, besuchen Sie sie, bieten Sie Hilfe an – retten Sie Leben!

Außerdem fordert Lauterbach kühle Räume für gefährdete Gruppen. Das wird dauern. Muss es aber nicht, denn kühle Räume gibt es längst. Kirchen! Über 400 Kirchengebäude gebe es in Berlin, schreibt Wikipedia. Vor allem Kirchen mit massivem Mauerwerk können angenehm kühle Räume sein (der Kölner Dom hat im Augenblick 20 Grad). Dicke Mauern sind besser als jede Klimaanlage, die oft zu kalte und immer zu trockene Luft produziert. Kirchenräume für gefährdete Personen, für Menschen die unter der Hitzewelle leiden. Warum nicht?

Es reicht natürlich nicht, die Türen aufzuschließen (sie sollten eh offen sein). Man könnte bequeme Liege- und Sitzgelegenheiten schaffen, das Essen in bestimmten Bereichen erlauben, kühle Getränke und Kaffee anbieten. Eine Antwort auf eine Anfrage an die evangelische Kirche steht noch aus. Deshalb der Appell an die verantwortlichen Pfarrerinnen und Pfarrer: Macht die Tore auf! Lasst die Menschen rein! Gebt ihnen zu Trinken! Es klingt biblisch, und das soll es auch.

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