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Fran Drescher, Präsidentin der Gewerkschaft SAG-AFTRA , bei einer Kundgebung in Los Angeles.

© dpa/Chris Pizzello

Update

Streik der US-Schauspielbranche: Keine Einigung mit den Studios – mit weltweiten Folgen

Drehbuchautoren in den USA streiken seit Mai, nun könnten Schauspieler folgen. Das wäre ein harter Schlag für die Unterhaltungsindustrie. Zahlreiche Drehs wären weltweit gestoppt, Stars müssten Premieren fernbleiben.

| Update:

In Hollywood stehen die Zeichen auf Streik: In den Verhandlungen um mehr Geld und andere Forderungen für US-Schauspieler:innen ist am Mittwoch kurz vor Mitternacht (Ortszeit Los Angeles) eine Frist für eine Einigung abgelaufen.

Die Gewerkschaft hat mittlerweile eine Streikempfehlung ausgesprochen. Am Donnerstag wurde darüber abgestimmt, ob gestreikt werden soll. Der Vorstand der Schauspielergewerkschaft Screen Actors Guild (SAG-AFTRA) stimmte einstimmig für eine Arbeitsniederlegung, wie Verhandlungsführer Duncan Crabtree-Ireland sagte. Der nun anstehende Streik ist ein harter Schlag für die Unterhaltungsindustrie in den USA, denn seit dem 2. Mai haben bereits die Drehbuchautor:innen ihre Arbeit niedergelegt.

Die SAG-AFTRA und der Verband der TV- und Filmstudios AMPTP haben bereits seit Wochen verhandelt – zuletzt auch mit der Unterstützung eines Schlichters. Der Studioverband, so die SAG, sei aber nach mehr als vierwöchigen Verhandlungen „immer noch nicht bereit“, auf die wichtigsten Forderungen der Gewerkschaft einzugehen und einen „fairen Abschluss“ anzubieten. Umgekehrt zeigte sich der Studioverband „tief enttäuscht“ über den Abbruch der Verhandlungen, das sei allein die Schuld der Gewerkschaften.

Die Schauspieler:innen fordern angesichts der hohen Inflation unter anderem höhere Gagen und Folgevergütungen von Disney, Netflix und Co. Auch verlangen sie klare Regeln und einen Schutz der Urheberrechts- und Persönlichkeitsrechte beim Einsatz von künstlicher Intelligenz in der Branche. Sie fürchten, dass ihre Schauspielauftritte und Stimmen als Daten für KI genutzt werden könnten, ohne dass sie dafür Geld erhalten.

Gewerkschaftsmitglieder wollen streiken

Viele Schauspieler:innen beklagen auch die Zunahme von selbst aufgezeichneten Castings seit der Corona-Pandemie. Solche Castings seien für sie mit höherem Aufwand verbunden und würden sie einer direkten Rückmeldung durch die Casting-Agentur berauben.

Beide Kreativbranchen – Autor:innen wie Schauspieler:innen – leiden darunter, dass zwar mehr Filme und Serien produziert werden, gleichzeitig aber die Budgets sinken und bei Serien oft weniger Folgen pro Staffel gedreht werden. Außerdem bringen Wiederholungen bei Streaminganbietern – anders als im Fernsehen – den Kreativen geringere und von der Zuschauerzahl unabhängige Tantiemen.

Auch Produktionen außerhalb der USA betroffen

Ein Streik würde sofortige Arbeitsniederlegung an zahllosen Sets überall in der Welt bedeuten, vor allem im englischsprachigen Raum. Dem Branchenmagazin „Variety“ zufolge steht auch zu befürchten, dass etwa britische Schauspieler:innen aus kollegialer Solidarität ebenfalls die Arbeit niederlegen.

Laut „Variety“ haben viele Studios ihre aktuellen Dreharbeiten deshalb in beschleunigtem Tempo abgeschlossen, aus Furcht vor einem Ausfall der Darsteller:innen. Das Magazin nennt unter anderem die Drehs für das Sky-Drama „Mary & George“ mit Julianne Moore, die zweite Staffel von „Rings of Power“ (Prime Video) und Roland Emmerichs Gladiator-Serie „Those About To Die“ mit Anthony Hopkins.

Andere könnte es härter treffen, mitten in oder kurz vor dem Start von Drehs. Dazu gehören eine Serienadaption der „Alien“-Filme und die dritte Staffel von „White Lotus“, die beide in Thailand entstehen sollen. Ausgebremst wäre dem Branchenblatt zufolge auch „Gladiator 2“ mit Paul Mescal und Pedro Pascal, der gerade in Marokko gedreht wird. Auch das Martial-Arts-Sequel „Mortal Kombat 2“ wäre vorerst gestoppt, ebenso die Serie „The Day of the Jackal“ mit Eddie Redmayne und Lashana Lynch – und mit Sets in Europa.

Kommen Ryan Gosling und Margot Robbie trotzdem zur Berliner „Barbie“-Premiere?

Da Gewerkschaftsmitglieder im Fall eines Streiks auch nicht für Filme Werbung machen dürfen, wurde die Europa-Premiere für Christopher Nolans „Oppenheimer“ in London laut „Variety“ um eine Stunde vorgezogen, damit Stars wie Robert Downey Jr., Matt Damon und Emily Blunt noch daran teilnehmen konnten. Ein Streik würde aber wohl die US-Premiere von „Oppenheimer“ am Montag in New York durchkreuzen. Und was ist mit den „Barbie“-Premieren? Ryan Gosling und Margot Robbie werden am Samstag im Berlinale-Palast erwartet, geht die Gala im Streikfall ohne sie über die Bühne? Margot Robbie hatte bei der „Barbie“-Premiere in London vor einigen Tagen über ihre Solidarität und ihre SAG-Mitgliedschaft gesprochen.

Und auch die Emmy-Verleihung könnte dieses Jahr verschoben werden. Die Veranstalter der begehrten US-Fernsehpreise denken angeblich schon darüber nach, die Gala vom 18. September auf November oder auf nächstes Jahr zu verschieben. 

Die Gewerkschaft SAG-AFTRA unter dem Vorsitz von Schauspielerin Fran Drescher („Die Nanny“) hat mehr als 160.000 Mitglieder, darunter Schauspieler:innen für Film und Fernsehen, Stuntleute, TV-Journalist:innen und Moderator:innen. Der Streik beträfe aber nur Schauspieler:innen für Serien und Filme. Er wäre für sie alle bindend, sie dürften dann nicht vor der Kamera arbeiten.

An einer Urabstimmung am 7. Juni hatten rund 65.000 Mitglieder der Gewerkschaft teilgenommen. 97,9 Prozent sprachen sich für einen Streik aus. Zudem hatten Stars wie Meryl Streep, Jennifer Lawrence, Ben Stiller und Pedro Pascal in einem Offenen Brief ihre Solidarität bekundet.

Der Streik der Drehbuchautor:innen hat schon jetzt Auswirkungen für Zuschauende, so können beispielsweise viele Late-Night-Shows nicht mehr wie sonst ausgestrahlt werden.  Sollten die Schauspieler:innen folgen und an diesem Donnerstag ähnlich abstimmen wie Anfang Juni, wäre es der erste Doppel-Streik in Hollywood seit dem Jahr 1960. Die Folgen: eine existentiell bedrohte Branche, und für das Publikum verschobene oder gecancelte Filmstarts sowie weniger neue Serien. Denn nach Einschätzung von US-Medien könnten dann vorerst kaum noch Filme und Serien gedreht werden. (pbl/chp/dpa/AFP)

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