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Jackson-Fieber. Der ältere Bruder von Michael Jackson, Jermaine (links), eröffnet eine Mini-Ausstellung in Madame Tussauds Wachsfigurenkabinett in Hollywood.

© dpa

Zweiter Todestag: Dankeschön an Michael Jackson aus der Luft

Hubschrauberflüge über Neverland, ein neues Buch: Zum zweiten Todestag von Michael Jackson brummt die Marketingmaschine. Schwester La Toya heizt die Theorien vom Komplott wieder an.

Die Wärter an der Neverland-Ranch im kalifornischen Santa Ynez Valley haben sich schon dran gewöhnt. Ständig rattern dieser Tage Helikopter über ihre Köpfe hinweg. „Touristen“, sagt Jack, der die Morgenschicht am Tor schiebt. Und fügt leicht gelangweilt hinzu: „Dabei gibt es doch auf der Ranch nicht wirklich was zu sehen.“ Rechtzeitig zum zweiten Todestag von Michael Jackson am 25. Juni hat sich ein pfiffiges Hubschrauberunternehmen aus Santa Barbara einen Gimmick einfallen lassen: „Flight over Neverland“. 175 Dollar kostet der halbstündige Spaß. 100 Anmeldungen gibt es schon. Und die loyalen Fans dürfen dann auch vom Himmel aus eine rote Rose und Briefe abwerfen. Als Dankeschön an die tollen Jahre mit Michael Jackson. Sophie aus Los Angeles ist 16 Jahre alt. Sie hat sich den Flug vom Taschengeld zusammengespart. „Die Ranch sieht noch arg heruntergekommen aus“, erzählt sie nach dem Heli-Abenteuer. „Aber ich bin glücklich, eine rote Rose für Michael Jackson gespendet zu haben“, sagt sie. In Beverly Hills kommen an diesem Wochenende die knallrote „Thriller“-Jacke und andere Gegenstände des Verstorbenen unter den Hammer. Die Lederjacke, die der Sänger in seinem berühmten Video trug, ist nach Schätzungen des Auktionshauses Julien’s 200 000 bis 400 000 Dollar wert.

Was eine Helikopterfirma kann, kann Jackson-Schwester La Toya gleichsam besser. Sie tourt dieser Tage – ebenfalls pünktlich zum Todestag des Bruders – durch die US-Talkshows und vermarktet ihr neues Buch. „Starting Over“, heißt es, so viel wie „Noch mal von vorne“. Für La Toya Jackson fast schon ein Mantra. Ihre eigene Karriere als Musikerin siecht seit Jahren dahin. Unlängst musste die jüngere Michael-Schwester sogar in einer Reality-Show mitspielen, um nicht gänzlich vom öffentlichen Radar zu verschwinden.

Jetzt aber will sie das Glück endlich auf ihre Seite zwingen und wie viele andere dieser Tage mit der Erinnerung an Michael Jackson den eigenen Umsatz in die Höhe treiben. Ungewöhnlich offen plaudert sie über die letzten Stunden im Leben ihres berühmten Bruders. „Es war der traurigste Tag in meinem Leben“, erzählt sie von dem Moment, als sie erfuhr, dass Michael gestorben war. „Meine Mutter schrie ins Telefon: „Er ist tot, er ist tot¹“, berichtet La Toya von den frühen Abendstunden am 25. Juni 2009. Weil ein neues Buch ja immer auch ein bisschen kontrovers sein muss, wirft Jackson dann gleich noch einmal die These auf, Michael Jackson sei möglicherweise tatsächlich ermordet worden und nicht an einer Überdosis von Tabletten gestorben. „Ich weiß, dass er keine Drogen genommen hat“, so La Toya.

Die Tatsache, dass eine Autopsie von Michael Jackson zahlreiche Einstiche in seinen Armen aufwies und die Venen vernarbt gewesen sein sollen, ignoriert La Toya Jackson. Auch die mehr oder weniger nachgewiesene Abhängigkeit von Diprivan, auch Propofol genannt, bleibt unerwähnt. Vielmehr glaubt La Toya, ihr Bruder sei „regelrecht gejagt worden“. Verschwörungstheorien à la Elvis Presley oder James Dean kommen an beim US-Publikum. „Michael hat seinen Tod vorausgesagt“, so La Toya. „Er sagte mir, dass sie hinter ihm her sind“, erzählt sie weiter. „Es geht um Geld. Sie wollen meinen Musikkatalog, sie wollten meine 700 000 Lieder“, weiß La Toya und nutzt den Moment der Spannung, um ihr Buch noch einmal in die TV-Kamera zu halten. Wer „sie“ sind, wird nicht erwähnt, und irgendwie drängt sich der Eindruck auf, dass sich in der Jackson-Familie immer alles nur ums Geld gedreht hat.

Auch heute noch, da Michael Jackson zwei Jahre tot ist, bestimmen die Dollarzeichen das Dasein der berühmten Musikerfamilie. Nie wurden mehr CDs verkauft als nach dem Ableben von „Wacko Jacko“. Allein in den ersten neun Monaten nach seinem Tod verkauften sich in den USA neun Millionen zusätzliche Tonträger. Die zu Lebzeiten angehäuften Schulden konnten vom Vermögensverwalter bezahlt werden. Heute gilt Jackson neben Elvis Presley als einer der reichsten toten Musiker überhaupt. Kein Wunder also, dass selbst die Kinder des King of Pop dem Marketingplan nicht mehr entkommen können. Demnach bereitet Tante La Toya zusammen mit der Oma Catherine Jackson schon jetzt fleißig die Karrieren von Prince (14), Paris (13) und Blanket (9) vor.

So wollen alle Kinder– glaubt man den Äußerungen der Familienmitglieder – dem Vater ins Showbusiness folgen. Auch deshalb verbringen die Jackson-Kids dieser Tage viel Zeit mit den Kindern von Will Smith. „Sie bekommen Ratschläge, sie saugen alles auf, wie ein Schwamm“, sagt La Toya entzückt. Zum Todestag des Vaters wollen sie aber nicht mit Willow und Jaden Smith über Plattenverträge und mögliche Karriere- und Investitionsstrategien reden. Da planen die drei Jackson-Kinder einen stillen Besuch am Grab vom Papa am Forest Lawn Friedhof in Glendale. Es sei denn, eine Radiostation aus Los Angeles macht seine Pläne wahr und verlost für einen Zuhörer einen privaten Friedhofsbesuch bei Michael Jackson. Dann bleiben die Jackson-Kids wohl doch lieber zu Hause.

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