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25.03.2018, Thüringen, Heilbad Heiligenstadt: Katholische Gläubige tragen bei der Palmsonntagsprozession überlebensgroßen Darstellungen, die das Leiden und Sterben Jesu Christi symbolisieren. Die Leidensprozession am Palmsonntag ist eine der größten dieser Art und wird immer am Sonntag vor Ostern begangen. Foto: Swen Pförtner/dpa-Zentralbild/dpa ++ +++ dpa-Bildfunk +++

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Ostern als Zumutung: Von der Last, hoffen zu können

Die Welt, wie sie ist, ist unterirdisch. Ostern erinnert an das Überirdische. Mahnt uns aber auch, dass das Hier und Jetzt nur wir verändern können. Dafür braucht es Mut.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Ostern – ein Jahrhunderte altes Fest als Feier des Mutes zu etwas. Denn es lehrt uns zu hoffen – darauf, dass es mehr gibt als das, was wir sehen.

Was wir sehen, ist: unterirdisch. Was wir zu hoffen wagen, ist: überirdische Anleitung. Solche, die uns Menschen hilft, uns darüber klar zu werden, wie wir im Hier und Jetzt bestimmen, dass es trotz allem mit uns weitergeht. Und wie.

Ja, wie? Wenn wir Menschen aus allen sozialen Schichten und allen Generationen den und vor Augen stehenden Auferstandenen zum Vorbild nehmen – und viele und bewundernswerte Werke der Barmherzigkeit und Liebe vollbringen. Der Liebe in ihren verschiedenen Sprachen, geschwisterlich, gedanklich.

Eine Erinnerung an das Versagen der Gesellschaft

Genau in diesen Zeiten der Säkularisierung, der Kirchenkrisen, des Versagens ihrer Autoritäten, der Massenaustritte, des grassierenden Atheismus. Sie sind noch nicht zu Ende.

Ostern ist eine Zumutung. Gemahnt es doch, das Versagen, das der Gesellschaft in ihrer Breite, zu sehen und gute Werke zu beginnen, wann immer möglich. Liebe erfordert: Prävention von und Intervention bei sexualisierter Gewalt. In den Kirchen und weit darüber hinaus.

Heute nennt sich das deshalb nicht ohne Grund eine Querschnittsaufgabe – entlang des Querschnitts durch unsere Gesellschaft.

In Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe, der Altenhilfe, den Unterkünften für Geflüchtete oder in Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen.

Die Anerkennung von Leid ist mehr als eine Glaubenssache

Wissenschaftliche Bearbeitung des Themas ist das eine, Zusammenarbeit mit allen, wie der Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, das Weitere. Die Anerkennung des Leids ist mehr als eine Glaubenssache.

Aber glauben schadet nicht nur nichts – der Glaube ist immer noch stark. Und macht stark: Abermillionen auf dieser geschundenen Erde glauben weiter an ein Leben nach dem Tod, was heißt, dass sie ihn weniger fürchten als ein Versagen vor dem Ende. In dem Punkt darf es kein geradezu institutionalisiertes Versagen mehr geben.

Mehr denn je geht es also darum: Auferstehen, aufstehen, um in Jesu Nachfolge von heute, spätestens von morgen an mutig zu sein, tapfer, unerschrocken. Gibt es nicht doch Dinge, die größer sind als wir?

Ja! Menschenwürde zählt dazu. Sie den Einzelnen zu erhalten, zählt zu dem, was wir erhalten wollen, erhalten müssen, um Mensch zu sein. Und ich als Mensch halte, um gehalten zu werden. Sagt die Bibel, kein dummes Buch.

Hilfe ist Kraft, auch für die Helfenden

Halten als Vorsatz zu Ostern und nach Ostern. Und wen? Die Schwächeren! Die zu Pflegenden, beispielsweise. Die Pflegenden, die darüber selbst in Not geraten, ob privat oder angestellt als „Pflegekraft“. Schon heute fehlen Zehntausende. Das muss in größerem Rahmen gelöst werden; politisch, gewiss, aber auch, indem sich eine gesellschaftliche Haltung verbreitet: Hilfe ist Kraft. Auch für den Helfenden.

Wenn es so geschieht, dann kann sich sogar eine Gemeinschaft im Glauben herausbilden: an das Bessere. Im besten Fall an eine große, unerklärliche, nennen wir sie göttliche Kraft. Wenn die besiedelt und beseelt, wo vorher gedankliche Ödnis war.

Ein Speicher wird dann gebaut, nicht für Korn, sondern an vorbildlichen Taten. Das ist Nahrung für den Geist – aus gutem Geist. Und der Mensch vergäße dann an Ostern, dass er des Menschen Wolf ist, und wäre bereit, ein Lamm zu sein. Das wäre – wundervoll.

Und wer sagt, dass Lammböcke keine Hörner haben? Wenn es wahr ist, hat Gott sie so geschaffen, wehrhaft. Wer’s nicht glaubt, wird es mit eigenen Augen sehen.

Ostern als Feier des Mutes zu etwas: des Mutes, dem, was wir sehen, ein Erkennen entgegenzusetzen. Das ist nicht überhoben intellektuell gemeint, das ist vielmehr das, was Jesus, Gottessohn, vorbildlich zeigt: durch sein Mitfühlen, Mitleiden.

Er, der am Ende alles gibt, auf dass die Welt besser wird. In seinem Geist. Der in uns lebt. Wollen wir doch hoffen. Nur Mut.

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