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Jede denkt an sich zuerst. Katarina (Elena Uhlig, v.l.n.r.), Regina (Gesine Cukrowski) und Diana (Felicitas Woll).

© ZDF/Christian Lüdeke

TV-Film „Weihnachtstöchter“: Keinen Giftpfeil schuldig bleiben

Rolf Silbers Tragikomödie „Weihnachtstöchter“ erzählt von drei verkorksten Schwestern im Erbstreit. Doch es ist auch Platz für kleine Heiterkeiten.

Die Filme von Rolf Silber spielen fast immer in Frankfurt, und in der Regel verpackt er seine Geschichten komisch; „Männer ticken, Frauen anders“ zum Beispiel war ein Wirtschaftskrimi, den Silber als Romanze erzählt hat. Eine Ausnahme bildete „Durch diese Nacht“: In dem Drama hat der hessische Autor und Regisseur seine eigene Gehirnblutung verarbeitet. Ein Aneurysma spielt auch in „Weihnachtstöchter“ eine wichtige Rolle, denn der Film ist nur vordergründig eine Komödie: Nach dem Tod von Großbäcker Johann König (Peter Lerchbaumer) treffen sich drei Halbschwestern an Weihnachten im einstigen Elternhaus, um den Nachlass zu klären, den sie zu gleichen Teilen geerbt haben.
Der Erzeuger ist ihre einzige Gemeinsamkeit, ansonsten könnten sie kaum unterschiedlicher sein: Die älteste Tochter (Gesine Cukrowski) heißt treffenderweise Regina; sie hatte offenbar seit jeher Probleme, ihr Königreich mit den jüngeren Geschwistern zu teilen.

[„Weihnachtstöchter“, ZDF, Montag, 20 Uhr 15]
Die zweite, Katarina (Elena Uhlig), leidet bis heute unter einem Trauma, bei dem Reginas Großvater eine wesentliche Rolle spielt. Sie hat einst ihr Psychologiestudium abgebrochen, arbeitet in einem Kinderheim, das eine Finanzspritze gut brauchen könnte, und fürchtet sich davor, wie ihre Mutter in Demenz zu enden.

Die dritte im Bunde, Nesthäkchen Diana (Felicitas Woll), ist Besitzerin eines Clubs, der pleite gemacht hat. Dass sie sich gern mit einer dunkle Aura umgibt, hat allerdings andere Gründe. Einer ist ihre Mutter, die Diana einst als Kind bei König zurückgelassen hat. Aber es gibt auch einen aktuellen Anlass, wie Computertomografische Bilder ihres Gehirns offenbaren.

Alte Rechnungen und düstere Geheimnisse

Im Alltag haben die Frauen offenbar nicht viel miteinander zu schaffen, obwohl sie alle in Frankfurt leben, und selbstredend kommen im Verlauf der Handlung nicht nur alte Rechnungen, sondern auch düstere Familiengeheimnisse zur Sprache. Dass das Trio überhaupt unmittelbar vor Weihnachten eine Nacht im einstigen Elternhaus verbringt, ist der Hartnäckigkeit von Königs Nachlassverwalter (Tim Bergmann) zu verdanken. Wenn sich die Schwestern nicht bis Silvester einigen, wie sie mit dem gemeinsamen Erbe umgehen, wird das Reich des „Backkönigs“ untergehen: Das Unternehmen ist verschuldet, kann aber gerettet werden, wenn Regina, Katarina und Diana an einem Strang ziehen; doch danach sieht es überhaupt nicht aus, weil jede der drei Frauen nur an sich denkt.

Natürlich ist das ein veritabler Dramenstoff, und tatsächlich ist die Geschichte, wenn überhaupt, allenfalls eine Tragikomödie, selbst wenn es dank der bissigen Dialoge immer wieder kleine Heiterkeiten gibt, weil sich die Frauen keinen Giftpfeil schuldig bleiben. Für gleichermaßen anrührende wie zumindest ansatzweise komische Momente sorgen die kurzen Auftritte des alten Herrn, der seinen Töchtern als Geist begegnet. Weil zu echten Weihnachtsfilmen auch Kinder gehören, hat Silber (Buch und Regie) sein Ensemble um eine Figur ergänzt: Amanda, ganz vortrefflich von einem Mädchen namens Yuna verkörpert, hat sich in Katarinas Auto geschmuggelt und versteckt sich nun im Haus.

Die Kulleraugen von Amanda

Amanda ist stumm, seit ihre Eltern bei einem Autounfall gestorben sind. In einer bedrückenden Szene werden die entsprechenden Erinnerungen wach, als eine lautstarke Auseinandersetzung der Schwestern in einen Streit übergeht, den die Eltern des Mädchens während der letzten Autofahrt hatten.

Über weite Strecken muss das kulleräugige Kind bloß ein Schmollgesicht ziehen, aber als es wieder bei Stimme ist, offenbart sich die kleine Yuna als Naturtalent. „Weihnachtstöchter“ lebt ohnehin überwiegend von den Leistungen des Ensembles, zumal die drei Hauptdarstellerinnen ebenso wie Bergmann sehr glaubwürdig in ihren Rollen aufgehen.

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