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Die Flatrate für Busse und Bahnen ist zum Thema im Wahlkampf geworden. Bei der BVG und S-Bahn gibt es sie eigentlich schon – als Umweltkarte. Aber das Ticket ist sogar manchem Politiker zu teuer.

© picture alliance / dpa

Wahlprogramm der Grünen in Berlin: Wird aus der BVG die GEZ?

Nach der Öffi-Flat der Linken fordern nun die Grünen eine Fahrkarte für alle. SPD und BVG drücken aber auf die Bremse. Trotzdem könnten die Ticketpreise sinken.

Eine Absenkung auf 24 Euro für das "Sozial"ticket wäre das Richtige und würde zu besseren Mobilitätsmöglichkeiten und zu einer überhaupt erst möglichen Teilhabe am öffentlichen Leben führen.

schreibt NutzerIn doppelem

Es ist ein alter Wahlkampfhit der linken Parteien: die kostenlose oder zumindest preiswerte Nutzung von Bus und Bahn. Nachdem die Piraten 2011 die Berliner umsonst fahren lassen wollten, legte die Linke im vergangenen Jahr mit einer Öffi-Flat für 30 Euro nach. Auf ihrer Landesdelegiertenkonferenz am Wochenende haben nun die Grünen über eine Flatrate für 15 Euro diskutiert – allerdings außerhalb des Berufsverkehrs; erst ab 10 Uhr, wenn die meisten schon am Arbeitsplatz sein müssen. Aufgenommen ins Wahlprogramm wurde dieses Modell dann aber nicht so richtig.

Tatsächlich findet sich im verabschiedeten Wahlprogramm nur eine vage Formulierung, dass man „die Idee eines solidarisch finanzierten ÖPNV mit einer Bärenkarte weiter vorantreiben“ wolle. „Uns stört, dass die Preise in den letzten Jahren teilweise stark gestiegen sind“, erklärt Stefan Gelbhaar, Verkehrspolitiker der Grünen.

Deshalb wolle man das Sozialticket von 36 auf 25 Euro senken. Außerdem habe eine Arbeitsgruppe eine Modellrechnung für einen solidarisch finanzierten Nahverkehr errechnet. Mit 15 Euro Beitrag aller volljährigen Berliner sowie den Einnahmen einer halbierten Umweltkarte wären alle Kosten gedeckt. Das sei aber kein Beschluss, betont Gelbhaar: „Das ist unsere Modellrechnung.“

"Was nichts kostet, ist auch nichts wert"

BVG-Sprecherin Petra Reetz nennt den Grünen-Vorschlag trotzdem eine „gewaltige Forderung“. Sie stört sich daran, dass die Ideen nicht durchdacht seien. „Selbst wenn wir es finanziert bekämen, würden dann auch mehr Menschen den ÖPNV nutzen, weshalb wir mehr Fahrzeuge, mehr Kontrolleure und bessere Anbindungen bräuchten.“

Sie versteht die immer neuen Forderungen nicht so ganz, schließlich sei das bestehende System mit Blick auf die Sozial- und Studententickets ja gar nicht so schlecht. Bei einem solidarisch finanzierten Modell befürchte sie dagegen zunehmenden Vandalismus: „Nach dem Prinzip: Was nichts kostet, ist auch nichts wert.“ Dieses Problem habe es im amerikanischen Seattle gegeben, woraufhin man zum alten Bezahlsystem zurückgekehrt sei. Dem Grünen-Vorstoß kann sie nur eines abgewinnen: „Als Mutter wäre ich direkt für ein 15-Euro-Ticket.“

Harald Wolf, Ex-Wirtschaftssenator und Verkehrsexperte der Linken, hat sich schon länger Gedanken über eine Flatrate im ÖPNV gemacht. „Im Grundsatz stimme ich dem Vorschlag zu. Doch wir brauchen zunächst einen qualitativen und quantitativen Ausbau des Netzes“, erklärt Wolf, der die Idee einer sogenannten Öffi-Flat als Erster hatte. Rechtlich plädiert er für ein Beitragssystem wie bei der Rundfunkgebühr. Dass dies umstritten ist, nimmt er dabei in Kauf: „Angesichts von mehr Verkehr, Staus, Unfällen und höheren Lärm- und Feinstaubwerten in den Innenstädten müssen wir diese gesellschaftspolitische Diskussion führen.“

Ich finde schon die GEZ schlimm, weil ich so gut wie nie die Öffentlichen sehe. Jetzt soll ich auch noch die BVG bezahlen, obwohl ich die so gut wie nie benutze? […] Gibt es bald auch Schrippenumlage oder Tageszeitungsumlage? 

schreibt NutzerIn vern

SPD nennt Vorschläge "Milchmädchenrechnung"

Kritischer sieht Ole Kreins, Verkehrsexperte der SPD, die Pläne des potenziellen Koalitionspartners: „Ich würde den Leuten nichts versprechen, was ich nicht halten kann.“ Er hält den Vorschlag für rechtlich nicht durchsetzbar und spricht von einer „Milchmädchenrechnung“, weil das Geld nicht reiche: „Also müssen wir entweder die Steuern erhöhen oder alle Investitionen der BVG einstellen oder die Landesmittel verdreifachen.“

Trotzdem findet auch Kreins die Preise zu hoch. Neben dem Sozialticket für Arbeitslosengeld-Empfänger, das er wie die Grünen von 36 auf 24 Euro senken möchte, sollen auch die Käufer von Monatskarten unterstützt werden. „Da wollen wir die Preise stabil halten. Notfalls auch mit mehr Zuschüssen.“ Eine Öffi-Flat dürfte sich im Wahlprogramm der SPD jedenfalls nicht finden.

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