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Von TISCH zu TISCH: Slate

Es wird deutlich mehr gezirkelt und geschnörkelt als im Vorgängerrestaurant, dem "Schwein". Der Anspruch ist hoch - und vieles schmeckt ausgezeichnet.

Berichte über das „Slate“ werden für geraume Zeit immer mit dem „Schwein“ beginnen, denn in dessen alten, urplötzlich verlassenen Räumen in Mitte hat es sich niedergelassen. Das neue „Schwein“ lässt noch auf sich warten, das „Slate“ ist am Start und hat sich eine Weile Zeit zum „Soft Opening“ genommen, bevor es am gestrigen Donnerstag auch offiziell eröffnet wurde.

Schriftlich begrüßt

Also: Das ist ein Restaurant und nichts sonst, Wurst und Käse zum Wein im Bar-Stil gibt es nicht, und statt 60 sind nur noch 40 Plätze da. Die Stimmung ist getragener als früher, überraschend zeremoniell mit einer handgeschriebenen Begrüßung im Umschlag auf dem Tisch und fast schon servilem Ton im Service. Ich will das nicht werten, frage mich aber, ob dieser angestrengte Retro-Stil das Richtige ist für Berlin-Mitte. Und die Küche? Lukas Bachl war Sous-Chef im „Lorenz Adlon“, kann also im Prinzip alles, aber er steht damit natürlich auch ein wenig für die filigrane Pinzettenküche mit Pünktchen und Kleckschen, die Kümper mit lässig-instinktiver Einfachheit hinter sich gelassen hatte. Wieder keine Wertung, nur ein Hinweis: Hier wird jetzt deutlich mehr gezirkelt und geschnörkelt als früher, und nicht alles gelingt so selbstverständlich.

Aufwendig getüftelt

So oder so: Vieles schmeckt ausgezeichnet. Die Aromen der klassischen Soljanka sind in einer klaren Suppe aufgefangen, die ein Rindstatar umgibt; obenauf liegen Blüten und Kräuter, Tuffel von Sauerrahm sowie Essiggurken, verpackt in Sphären – was ihnen nichts Wesentliches hinzufügt (15 Euro). Die roh gebeizte Makrele kommt sehr adrett mit Gemüsewürfeln, Senf-Zitronen-Gel, gepopptem Knusper und Korianderöl, das ist feine Adlon-Schule, prächtig balanciert, wohl ein Gericht, das zeigt, wo es hingehen soll (15). Sehr getüftelt, aber fast ebenso überzeugend fanden wir das rustikale Onsen-Ei, das in einer ausgehöhlten Kartoffel mit Espelette-Pfeffer serviert wird, begleitet von einem winzigen, cremigen Kartoffelsalat (11).

Sehr gelungen

Die Forelle, ein Filet mit Feldsalat, Gurke und Meerettichsauce, klang braver, als sie schmeckte, weil die Abstimmung der Komponenten jegliche Plumpheit umschiffte (14). Beim US-Beef, der notorischen Short-Rib mit Broccoli, Mandelkruste und etwas Chili passte fast alles – weshalb der knuffige Biss der Macadamianüsse aber durch Spielchen in Richtung mehlig gedreht war, blieb unklar. Sehr gelungen: Taubenbrust mit kleinen Steinpilzen und Estragon in köstlich dunkler Jus (28), und auch die Desserts hielten Schritt.

Sportliche Preise

Menüs (fünf bis sieben Gänge) kosten aktuell 69/89 Euro, mit Weinbegleitung 129/169. Das ist eine ganze Menge, zumal die Preise seit dem leisen Start schon angezogen haben; ein Viergangmenü gibt es überhaupt nicht mehr, aber alles auch à la carte, Vorspeisen um 15, Hauptgänge um 30 Euro. Das ist sportlich und zeigt den Anspruch an Küche und Gäste bei doch recht kleinen Portionen. Aber die offenen Weine sind hochwertig, vermeiden die zu ausgetretenen Pfade, ohne zu sehr auf „Natur“ zu setzen, und sie werden von Nicolas Schmidt im Service gut ausgesucht, das passt. Auf der Schublade steht also ganz klar „Fine Dining“. Es kann was draus werden.
- Elisabethkirchstr. 2-3, Mitte, Tel. 22 32 75 18, Dienstag bis Sonnabend ab 18.30 Uhr, slateberlin.com

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