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Die Prignitzer Eisenbahn.

© Foto: Claus-Dieter Steyer

Von Berlin nach Rostock: Neue Ostsee-Verbindung könnte bedrohte Bahnstrecken in Brandenburg retten

Den Prignitzer Regionalbahnlinien RB 73 und RB 74 mangelt es an Nachfrage. Ein Ex-Bahnmanager schlägt vor, mehr Züge einzusetzen – und die Endstation zu verlegen.

Die bedrohten Prignitzer Regionalbahnstrecken RB 73 und RB 74 sollten als zweite attraktive neue RE-Achse Berlin-Rostock ausgebaut und damit langfristig erhalten werden. Das schlägt eine aktuelle Studie vor, die Ex-Bahnmanager Hans Leister (Bündnis Schiene Berlin-Brandenburg) am Montag gemeinsam mit den beiden betroffenen Landräten Christian Müller (Prignitz) und Ralf Reinhardt (Ost-Prignitz-Ruppin) in Potsdam präsentierten.

„Der Schlüssel dafür liegt in Mecklenburg-Vorpommern. Beide Landesregierungen sollten darüber verhandeln“, sagte Leister. Es geht um die von Stilllegung bedrohten Abschnitte des RB 73 von Kyritz bis Pritzwalk und der gesamten bisherigen Linie des RB 74 von Pritzwalk bis Meyenburg. Beide sind im neuen, von Infrastukturminister Guido Beermann (CDU) vorgelegten, Entwurf des Nahverkehrsplans Brandenburg für 2023 bis 2027 bisher nicht enthalten.

Müller und Reinhardt erneuerten die Forderung nach Aufnahme beider Linien in den Nahverkehrsplan - und eine weitere Bestellung dieser Verbindungen durch das Land. Dass sie teilweise wenig frequentiert sind, liege auch am bisher für Fahrgäste wenig attraktiven Angebot von lediglich vier Zugpaaren täglich, sagte Reinhardt. Zwischen Pritzwalk und Meyenburg fahren täglich nur 20 Fahrgäste mit.

Ausbau bis Rostock soll Strecke attraktiver machen

Genau da setzt der Vorschlag der Studie an: Der Regionalexpress (RE 2) aus Berlin soll künftig nicht in Neustadt/Dosse enden. Ein Zugteil soll weiter über Pritzwalk, Meyenburg und den Urlaubsort Plau am See bis Güstrow und von dort nach Rostock fahren.

Die Fahrzeit Rostock-Berlin wäre damit zwar rund eine Stunde länger als die derzeitige Haupttrasse über Oranienburg und Neustrelitz, sagte Leister. Dennoch wäre die Verbindung gerade für den Westen Berlins „konkurrenzfähig“, vor allem aber mit der Zahl „der vielen Zwischenhalte eine Chance, die Fläche zu erschließen.“ Und das erst recht, wenn es eine Nachfolge für das 9-Euro-Ticket geben werde, betonte Leister.

In der Landespressekonferenz: Bahn-Experte Hans Leister (links) mit den Landräten Ralf Reinhardt (Mitte) und Christian Müller (rechts).

© Foto: Thorsten Metzner

Er hob hervor, dass die Schienenverbindung von Meyenburg bis Prignitz vorhanden, in Betrieb und „sogar in passablem Zustand“ sei. Um die neue Ostsee-Achse zu entwickeln, plädieren das Bündnis Schiene und die beiden Kreise dafür, die Abschnitte nach Mecklenburg-Vorpommern für höhere Geschwindigkeiten von 80 bis 100 Stundenkilometern zu ertüchtigen. Derzeit können dort Züge mit 60 bis 80 km/h fahren. Eingesetzt werden könnten wie bereits jetzt in Ostbrandenburg künftig batteriebetriebene Züge, hieß es.

Leister, auf den die Studie maßgeblich zurückgeht, ist ein bekannter Nahverkehrsexperte. Er war in den 90er Jahren Konzernbeauftragter der Deutschen Bahn für Berlin und Brandenburg, zwischendurch Geschäftsführer eines Bahnunternehmens und arbeitet als Berater.

In Brandenburgs Politik sorgte er mehrfach mit Studien zum Schienennahverkehr für Aufsehen, in der letzten Legislatur etwa im Auftrag der CDU-Opposition, letztes Jahr mit einem Gutachten für die Linke-Opposition zur Zug-Anbindung der Gigafactory von Tesla.

Überlandbusse als Ersatz sind keine Lösung

Reinhardt wandte sich gegen jedwede Erwägungen des Landes, wenig frequentierte Zugstrecken durch Buslinien zu ersetzen, die nach allen Erfahrungen nicht angenommen werden. „In unserem Kreis wurde die Strecke Neustadt Rathenow stillgelegt. Eine Zeit fuhr noch ein Ersatzbus. Heute fährt gar nichts mehr“, sagte Reinhardt. „Und die Gleise sind auch weg.“ Dabei seien gerade Schienenanbindungen für die Attraktivität ländlicher Regionen unerlässlich.

Wegen der Ungewissheit für die beiden Prignitzer Strecken war Infrastrukturminister Guido Beermann (CDU) in der Landespolitik unter Druck geraten, nicht nur durch die Linke-Opposition, sondern in der Kenia-Koalition auch von den Grünen und der aus Prignitz stammenden Finanzministerin Katrin Lange (SPD).

Inzwischen äußert sich Beermann vorsichtig optimistisch. Beim RB 73 sei es völlig außer Frage, dass der Abschnitt zwischen Neustadt/Dosse und Kyritz weitergefahren wird, da dort jeden Tag 400 Fahrgäste fahren.

„Zwischen Kyritz und Pritzwalk fahren dagegen nur 20 Fahrgäste pro Tag mit.“ Und im RB 74 von Pritzwalk bis Meyenburg seien es 100 Fahrgäste. „Das ist eine Strecke, die auch für Mecklenburg-Vorpommern von Bedeutung ist. Deshalb sind wir dort im Gespräch.“ Und: „Ich bin zuversichtlich, dass wir da zu einer Lösung kommen.“

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