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Einsatzkräfte der Polizei stehen nach den Schüssen im September 2016 am Tatort am Kottbusser Tor.

© dpa

Update

Früherer Rocker erschoss Mann in Berlin-Kreuzberg: Verurteilter Mörder nach Gefängnis-Ausgang auf der Flucht

Fahnder suchen nach einem bekannten Häftling aus der JVA Tegel. Koray T. aus dem Hells-Angels-Umfeld erschoss 2016 einen Mann am Kottbusser Tor.

Berliner Beamte fahnden nach einem wegen Mordes verurteilten Mann, der dem Umfeld der Hells Angel zugerechnet wird. Koray T. war Samstag von einem genehmigten Ausgang nicht in die Justizvollzugsanstalt (JVA) Tegel zurückgekehrt. T. saß dort eine achtjährige Haftstrafe ab. Er war 2019 wegen tödlicher Schüsse am Kottbusser Tor in Kreuzberg verurteilt worden. Weil er sich seit Ende 2016 in Untersuchungshaft befand, sind noch drei Jahre dieser Strafe offen.

Ein Sprecher der Senatsjustizverwaltung bestätigte lediglich, dass ein 28-Jähriger Häftling gesucht werde. Das Polizeipräsidium sprach von einer sofort eingeleiteten Fahndung. Nach Tagesspiegel-Informationen befürchten Ermittler, dass sich T. ins Ausland abgesetzt haben könnte. Schon nach der Tat floh der mit den Hells Angels vernetzte T. vorübergehend in die Türkei.

T. habe nun auch deshalb Ausgang erhalten, hieß es unbestätigten Angaben zufolge, weil er sich gut mit den Sozialarbeitern verstanden habe. Er soll am 26. August erstmals unbegleitet die JVA verlassen haben, um bei der Einschulung seines Kindes dabei zu sein. Gefangene monierten, dass ein gefährlicher Gewalttäter diese Lockerung erhalten habe, während dies mitunter Männern nicht erlaubt werde, die nur wegen Diebstählen im Gefängnis seien.

Koray T. wurde in Bulgarien aufgegriffen und ausgeliefert

Koray T. hatte im September 2016 am Kottbusser Tor einen 32-Jährigen erschossen, nachdem dieser ihn geohrfeigt haben soll. Wie es zu dem vorausgegangenen Streit gekommen war, blieb während des Prozesses unklar. Nach der Tat flohen Koray T. und sein Schwager vom Flughafen Tegel in die Türkei. Dort, hieß es während der Verhandlung, soll er die tödlichen Schüsse bereut und sich auf den Weg nach Deutschland gemacht haben. Im Dezember 2016 allerdings verhafteten ihn Beamte in Bulgarien und fanden offenbar in der Türkei ausgestellte falsche Papiere. T. wurde nach Berlin ausgeliefert.

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Vor Gericht erklärte sein Verteidiger damals: Sein Mandant habe den 32-Jährigen nicht töten, sondern im Handgemenge einen Angriff auf seinen Schwager verhindern wollen. Das Gericht urteilte jedoch, T. habe sich nicht in einer Lage befunden, die ihn zur Notwehr berechtigt hätte. Aufgrund seiner Tilidin- und Kokainsucht erkannten die Richter auf „verminderte Schuldfähigkeit“, was neben anderen Erwägungen zur achtjährigen Freiheitsstrafe führte. Zuvor war T. schon wegen Eigentumsdelikten verurteilt worden.

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Der FDP-Rechtsexperte Holger Krestel fordere Justizsenatorin Lena Kreck (Linke) auf, die Kriterien offenzulegen, nach denen Hafterleichterungen gewährt würden. Ein solcher Fall wie der des geflohenen T. müsse verhindert werden: „Nun hat die Polizei den Schaden, die zurzeit vollkommen überlastet ist.“ Die CDU will darüber im nächsten Rechtsausschuss sprechen.

Seit einigen Jahren werden in Berlin weniger Taten registriert, die Rocker-Bruderschaften zugerechnet werden. Zuvor hatten insbesondere die Hells Angels die Szene dominiert. Im sogenannten Rocker-Krieg gegen die Bandidos unterlagen die Hells Angels zunächst. Im Jahr 2010 trat eine besonders militante Bandidos-Dependance um den Weddinger Kadir Padir zu den Hells Angels über, die im Rotlichtmilieu an Einfluss gewannen. Zwei Jahre danach verbot der damalige Innensenator Frank Henkel (CDU) diese Hells-Angels-Truppe. In der Verfügung war von Zuhälterei, Betäubungsmittelhandel, Raub und versuchtem Totschlag die Rede.

Einige Szenegrößen haben sich in die Türkei abgesetzt

Namhafte Männer des erwähnten Nordberliner Flügels der Hells Angels wurden 2019 wegen Mordes verurteilt, einige Größen aus der Szene hatten sich zudem in die Türkei abgesetzt. Dort residiert auch ein früherer Hells-Angels-Boss aus Köln, den Ermittler zu den einflussreichsten Rotlichtgrößen Deutschlands zählen.

Im Osten Berlins waren nach der Wende traditionellere, weniger auffällige Hells Angels aktiv. Auch sie dürfen nach entsprechenden Verboten öffentlich nicht die szenetypischen Rocker-Insignien zeigen. Dagegen protestieren die Männer seitdem jedes Jahr mit einem Motorradkorso durch Berlin.

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