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Die rund 1000 Quadratmeter große Halle brannte komplett ab und stürzte ein. Die meisten Bewohner verloren ihr gesamtes Hab und Gut.

© Marlon Saadi

Update

Verdacht der schweren Brandstiftung: Berliner Polizei ermittelt nach Feuer in Flüchtlingsunterkunft – Nachlöscharbeiten beendet

Im Ankunftszentrum Tegel ist ein Zelt abgebrannt, einige Bewohner verloren ihr gesamtes Hab und Gut. Nun ermittelt die Polizei. Eine Erkenntnis gibt allerdings bereits.

| Update:

Der Brand in einer Flüchtlingsunterkunft auf dem Gelände des früheren Flughafens Tegel ist wohl innerhalb der betroffenen Zelthalle entstanden. „Nach derzeitigen Erkenntnissen kann eine Einwirkung von außen auf die Halle ausgeschlossen werden“, teilte die Berliner Polizei mit. Die Polizei ermittelt wegen des Verdachts der schweren Brandstiftung.

„Zurzeit ist noch Gegenstand der Ermittlungen, ob es sich um fahrlässige Brandstiftung oder eine vorsätzliche Brandstiftung handelt“, sagte eine Polizeisprecherin am Mittwochnachmittag. Die genaue Brandursache ist nach wie vor unklar. Die Nachlöscharbeiten seien inzwischen abgeschlossen, sagte ein Feuerwehrsprecher am Morgen. 

„Auch wenn die Brandursache noch ermittelt wird, kann derzeit nicht ausgeschlossen werden, dass etwa ein defektes Elektrogerät die Ursache war“, erklärte eine Sprecherin des Landesamtes für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF).

Die Berliner Feuerwehr war am Dienstagnachmittag zu einem Großeinsatz auf dem Gelände ausgerückt. In der Notunterkunft sei eine Leichtbauhalle komplett abgebrannt, sagte der Einsatzleiter der Feuerwehr dem Tagesspiegel. Über dem ehemaligen Flughafengelände war in weiten Teilen Berlins eine dichte Rauchwolke zu sehen. Der Notruf ging laut Feuerwehr um 13.47 Uhr ein.

Es gebe keine Verletzten, sagte der Einsatzleiter. Alle Bewohner hätten sich rechtzeitig in Sicherheit bringen können. Die Feuerwehr war nach eigenen Angaben mit 114 Einsatzkräften vor Ort. Sie konnte den Brand schnell unter Kontrolle bringen, auch weil sich auf dem Gelände zurzeit eine Feuerwache befindet. Ein Übergreifen des Feuers auf andere Leichtbauhallen habe verhindert werden können.

Anfangs war von drei brennenden Zelten die Rede gewesen, die Feuerwehr hatte mit vielen Verletzten gerechnet.

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Monika Hebbinghaus, Pressesprecherin des zuständigen Landesamts für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) sagte, 301 Personen seien aus der betroffenen Halle A1 in Sicherheit gebracht worden, 700 weitere Personen aus dem angrenzenden Bereich. Darunter sollen nach Angaben des Betreibers auch Kinder gewesen sein. Haustiere seien ebenfalls aus der Halle gerettet worden, hieß es.

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Die betroffene Halle habe eine Grundfläche von 1000 Quadratmetern gehabt. Sie sei eingestürzt, sagte die Feuerwehr dem RBB. In der Halle habe sich nicht nur Mobiliar wie Betten und Tische befunden, sondern auch die Habseligkeiten der Geflüchteten. Die meisten Bewohner der Halle hätten ihr Hab und Gut vollständig verloren, hieß es auf einer Pressekonferenz am späteren Nachmittag.

„Die Brandursache ist bisher unbekannt“, sagte Kleopatra Tümmler vom Deutschen Roten Kreuz (DRK). Tümmler ist Betriebsleiterin der Unterkunft in Tegel. Ein Fachkommissariat des Landeskriminalamtes war bereits am Nachmittag vor Ort und übernahm die Ermittlungen zur Brandursache, sagte ein Polizeisprecher dem Tagesspiegel kurz nach 16 Uhr.

Das Gelände der Flüchtlingsunterkunft war am Nachmittag gesperrt.
Das Gelände der Flüchtlingsunterkunft war am Nachmittag gesperrt.

© Tsp/Marlon Saadi

Das Gelände war am Nachmittag zunächst gesperrt, davor standen Busse mit etwa 50 bis 80 Menschen – mutmaßlich Shuttles für die Bewohner, die das Gelände normalerweise befahren. Vor den Toren versammelten sich viele Bewohner, die zum Zeitpunkt des Brandes nicht vor Ort waren und auf Einlass warteten. Im Umfeld kam es zu Staus. Auf dem Flughafengelände selbst standen Dutzende Feuerwehrautos, dicke Löschschläuche lagen auf dem Boden. 

Eine alternative Unterbringung der betroffenen Menschen ist laut offiziellen Angaben sichergestellt. Die für bis zu 7000 Menschen ausgelegte Unterkunft ist aktuell nach LAF-Angaben mit etwa 4500 Menschen belegt. Daher sei für die rund 300 in Sicherheit gebrachten Geflüchteten aus dem fraglichen Zelt in anderen Hallen vor Ort ausreichend Platz. Bei ihnen soll es sich zum größten Teil um Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine handeln.

Senatorin Cansel Kiziltepe (SPD) gab auf dem Gelände eine Pressekonferenz.
Senatorin Cansel Kiziltepe (SPD) gab auf dem Gelände eine Pressekonferenz.

© Marlon Saadi

LAF-Sprecherin Hebbinghaus sagte, es gebe für die vom Brand betroffenen Menschen psychologische Betreuung vor Ort. Das Bezirksamt Reinickendorf habe zudem bereits Angebote von Spenden für die Geflüchteten bekommen. „Wir werden uns am Mittwoch mit dem DRK zusammensetzen, um zu schauen, wie wir die Spenden schnell an die Personen vermitteln können“, sagte Hebbinghaus.

Grüne und Linke fordern Konsequenzen

Integrationssenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) war am Dienstagnachmittag zur Unterkunft nach Tegel gefahren. In einem Statement sagte sie: „Bei dem Brand ist zum Glück kein Mensch verletzt worden. Darüber bin ich unheimlich froh.“ Die Security habe schnell und besonnen gehandelt, alle Menschen in Sicherheit gebracht und damit Leben gerettet. „Die Einsatzkräfte waren schnell vor Ort und haben den Brand gelöscht. Dafür danke ich herzlich!“

Jeder, der jetzt eine Schließung von Tegel fordert, muss uns Alternativen nennen, wo wir die Menschen unterbringen sollen.

Cansel Kiziltepe (SPD), Integrationssenatorin

Kritik kam am Dienstag von der Opposition. „Ich bin schockiert über den Brand“, sagte die migrationspolitische Sprecherin der Berliner Linksfraktion, Elif Eralp, dem Tagesspiegel in einer ersten Reaktion. Zugleich denke sie, dass die Form der Massenlagerunterbringung solche Risiken berge. „Der Schlüssel ist die Auflösung dieser Lager, die Unterbringung in regulären Unterkünften und der Zugang zu Wohnungen.“

Ähnlich äußerte sich der Migrationsexperte der Grünen-Fraktion, Jian Omar. „Wir haben immer davor gewarnt, dass Tegel nicht für die Unterbringung so vieler Menschen geeignet ist. Spätestens jetzt muss der Senat Konsequenzen ziehen“, sagte er dem Tagesspiegel. Sein Parteikollege Julian Pahlke, Migrationsexperte der Grünen im Bundestag, nannte den Berliner Senat „das größte Integrationshindernis“. In Zelten für 300 Menschen, die schlecht angebunden seien, könne Integration nicht gelingen. Die Sicherheit und Integration könne nur mit schneller dezentraler Unterbringung geleistet werden.

Abgeordneten wird Zutritt auf Gelände verwehrt

Die Berliner Abgeordneten Eralp und Omar wollten sich am Dienstagabend selbst ein Bild vor Ort in der Unterkunft machen, wurden aber nicht auf das Gelände gelassen. Ihnen sei gesagt worden, dass es eine Begleitung geben müsse, um auf das Gelände zu kommen, und diese könne gerade nicht gewährleistet werden. „Ich sehe das als mangelnde Berücksichtigung meines Rechtes als Abgeordnete, die Exekutive zu kontrollieren“, sagte Eralp dem Tagesspiegel.

LAF-Pressesprecherin Hebbinghaus bat um Verständnis. „Unser Fokus liegt aktuell darauf, den geschädigten Menschen die notwendige Hilfe zukommen zu lassen.“ Auf das Gelände könnten Personen, die nicht dort wohnten oder arbeiteten, nur mit Begleitung. Derzeit leiste man noch Abhilfe in einer Krisensituation. Am Mittwoch könnten die Abgeordneten mit Begleitungen auf das Gelände, sagte sie weiter.

Die Organisation Pro Asyl sowie der Flüchtlingsrat Berlin hatten zuvor ebenfalls die Schließung der Unterkunft gefordert. „Ob Moria, Lampedusa oder Berlin, die Massenunterbringung bleibt eine Gefahr für die Gesundheit und das Leben geflüchteter Menschen“, hieß es in einem Statement von Pro Asyl.

Integrationssenatorin Kiziltepe reagierte am Dienstagabend eher ablehnend auf die Forderung, die Großunterkunft aufzulösen: „Jeder, der jetzt eine Schließung von Tegel fordert, muss uns Alternativen nennen, wo wir die Menschen unterbringen sollen.“

In der Vergangenheit hatte die Senatorin auch selbst mehrfach darauf hingewiesen, dass Großunterkünfte kritisch zu sehen seien. Ende vergangenen Jahres war es am Standort Tegel zu gewalttätigen Auseinandersetzungen gekommen. (mit dpa)

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