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Nach den Krawallen in der Silvesternacht 2022/23 setzt die Berliner Feuerwehr einen stärkeren Fokus auf den Schutz der Einsatzkräfte.

© imago/Marius Schwarz/imago/Marius Schwarz

Sicherheit der Retter geht vor in der Silvesternacht: Berliner Feuerwehr will Barrikaden notfalls brennen lassen

Zum Jahreswechsel wird wieder mit Angriffen auf Rettungskräfte gerechnet. Um Leib und Leben ihrer Mitarbeiter zu schützen, verzichtet die Feuerwehr notfalls aufs Löschen.

Es ist gut möglich, dass an Silvester in Nord-Neukölln oder an anderen sozialen Brennpunkten Berlins Barrikaden, Mülltonnen oder sogar Autos brennen. Die Erfahrungen aus der Silvesternacht 2022/23 legen das nahe. Aber es ist genauso gut möglich, dass die Feuerwehr diese Barrikaden oder Mülltonnen erstmal brennen lässt, vor allem wenn die Gefahr besteht, dass Einsatzkräfte dadurch in einen Hinterhalt gelockt werden sollen. Die Sicherheit der Rettungskräfte und die Unversehrtheit ihres Geräts gehen im Zweifelsfall vor.

Auf diese mögliche Zurückhaltung hat Karsten Homrighausen explizit hingewiesen. Der Landesbranddirektor von Berlin informierte am Donnerstag in einer Feuerwehrwache in Mitte über die Sicherheitsaspekte „in der einsatzstärksten Nacht des Jahres“ und gab Hinweise über den richtigen Umgang mit Pyrotechnik.

Die Führungskräfte wurden nochmal geschult

Dass im Zweifelsfall ein brennendes Auto (ohne Insassen natürlich) weniger wichtig ist als die Gesundheit von Feuerwehrleuten, ist gängige Einsatzpraxis bei allen Feuerwehren. Doch im Hinblick auf die Silvesternacht 23/24, in der mit besonderer Gewalt gerechnet werden muss, sind die Führungskräfte der Feuerwehr nochmal besonders geschult worden. Wann muss ich zwingend eingreifen? Wann sollte ich mich besser zurückhalten? Die Antworten waren Teil der Vorbereitungen.

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Am liebsten aber, sagt Homrighausen, sei der Feuerwehr die Prävention. Es soll erst gar nicht zu Ausschreitungen kommen, die Rettungskräfte wollten nur ihre Arbeit machen: im Notfall Leben retten. „Es muss doch jedem klar sein, dass ein Angriff auf Rettungskräfte ein Angriff auf die eigene Lebensversicherung ist“, sagt der Landesbranddirektor. „Wir retten Leben, jede Verzögerung bei den Rettungsmaßnahmen kann schreckliche Folgen haben.“

Und deshalb sei er immer noch „fassungslos über die Gewalt“, die es in der vergangenen Silvesternacht gegeben hatte, bei der viele Einsatzkräfte verletzt wurden.

Auch in dieser Silvesternacht ist Gewalt zu erwarten

Aber da nicht damit zu rechnen ist, dass es bei diesem Jahreswechsel komplett friedlich ablaufen wird – vor allem nicht nach den pro-palästinensischen Demonstrationen infolge des Hamas-Terrorangriffs auf Israel – sind Polizei und Feuerwehr gemeinsam auf Krawalle vorbereitet.

In den sogenannten Brennpunkt-Kiezen sollen in den meisten Fällen Polizeieinheiten die Feuerwehr bei ihren Einsätzen begleiten. Zudem stehen an bestimmten Wachen zusätzlich Polizeieinheiten bereit, die auf Abruf kurzfristig eingreifen können.

Polizei und Feuerwehr sind digital verbunden

Polizei und Feuerwehr sind ständig digital miteinander verbunden, Feuerwehrkräfte können sofort erfahren, ob es am Zielort ihres Einsatzes Ausschreitungen gegeben hat oder noch gibt und entsprechend reagieren.

In den Brennpunkten sind Feuerwehrleute mit insgesamt 59 Bodycams ausgerüstet, in denen Übergriffe dokumentiert werden. Durch eine Gesetzesänderung ist es in dieser Silvesternacht auch erlaubt, Bodycams in Privaträumen einzusetzen. Bisher war dies nur im öffentlichen Raum legal.

Es gibt Staatsanwälte, die sich nur um Anzeigen wegen Übergriffen auf Rettungskräfte und andere Personen im Einsatz kümmern, dazu kommen normale Bereitschafts-Staatsanwälte, die für andere Punkte zuständig sind.

1500 Feuerwehrleute im Einsatz

Die Feuerwehr hat, wie in den vergangenen Jahren, rund 1500 haupt- und ehrenamtliche Kräfte im Einsatz. Davon gehören 545 zur Freiwilligen Feuerwehr. Diese ehrenamtlichen Helfer werden allerdings nicht in Brennpunkten eingesetzt. Auch das Technische Hilfswerk und die Bundeswehr mit ihrem Rettungsdienst sind in der Nacht im Einsatz.

Gewerkschaft kritisiert späte Schulung durch die Polizei

Allerdings hatte Manuel Barth von der Deutschen Feuerwehrgewerkschaft, Personalrat bei der Berliner Feuerwehr, kurz vor Weihnachten kritisiert, dass die Feuerwehrleute erst 16 Tage vor Silvester von der Polizei über das richtige Verhalten bei Gefahrenlagen geschult worden seien. Das sei zu spät. Außerdem sei aus „Kostengründen kein Gehörschutz besorgt“ worden.

Homrighausen sagte dazu, über den Termin der Schulung „kann man streiten“. Aber wenn die Schulung im September gewesen wäre, dann wäre das eventuell zu früh gewesen, weil dann bis Silvester wieder vieles vergessen worden sei. Und über normalen Gehörschutz verfüge die Polizei. Nur einen speziellen Gehörschutz habe sie nicht im Sortiment. Allerdings liege ihm bis heute keine Anforderung für solch einen Gehörschutz vor.

Feuerwehr spielte mit Jugendlichen aus Brennpunkten Fußball

Zur Prävention, die Homrighausen so wichtig ist, gehören auch die Fußballturniere und -workshops, welche die Feuerwehr mit Jugendlichen aus Brennpunktbereichen absolviert hat. Rettungskräfte trieben mit Jugendlichen Sport, das sollte gegenseitig Beziehungen aufbauen und den Jugendlichen die Bedeutung der Rettungskräfte klarmachen. Mit Erfolg, sagt Homrighausen. „Es hat geklappt, es gab sogar ein paar Aha-Effekte. Da sagten Jugendliche: ,Das habe ich ja noch gar nicht von der Feuerwehr gewusst.’“

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