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Ausgleich für Berlins angestellte Lehrkräfte: Koalition einigt sich auf 300 Euro Zuschlag – Gewerkschaft nicht zufrieden

Drei Jahre wurde diskutiert, welche Summe als sogenannter Nachteilsausgleich für eine entgangene Verbeamtung möglich wäre. Die GEW fordert das Dreifache.

Es ist der vorläufige Schlusspunkt nach einer zähen Auseinandersetzung: Die Vorsitzenden der drei Koalitionsfraktionen SPD, Grüne und Linke haben sich am Montag darauf verständigt, allen Lehrkräften, die nicht verbeamtet werden können oder wollen, eine Kompensation in Höhe von 300 Euro monatlich zu zahlen.

Noch in dieser Woche soll der Entwurf eines Nachteilsausgleichsgesetzes in das Parlament eingebracht werden, damit die Regelung zum 1. Februar 2023 in Kraft treten kann. Der Senat beschloss bei seiner Sitzung am Dienstag, den Posten für den Nachtragshaushalt einzubringen. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) ist allerdings unzufrieden mit der Einigung: Sie fordert eine Kompensation von 900 Euro pro Monat.

Die jetzt getroffene Übereinkunft ist eine Folge der beschlossenen Rückkehr zur Verbeamtung der Berliner Lehrkräfte. Infolge der 18-jährigen Verbeamtungspause ist eine große Gruppe von Beschäftigten entstanden, die inzwischen zu alt sind, um Beamte zu werden. Hinzu kommen jene Pädagog:innen, die nicht verbeamtet werden wollen oder den Status aus gesundheitlichen Gründen nicht erlangen können.

6000
Lehrkräfte, so die Schätzung, können oder wollen nicht verbeamtet werden.

Insgesamt bestehen diese drei Gruppen, für die eine Lösung gefunden werden musste, aus geschätzt 6000 Personen. Sie haben zwar keinen gesetzlichen Anspruch auf eine Kompensation, aber Rot-Grün-Rot hatte sich in ihrer Koalitionsvereinbarung darauf verständigt, dass es für sie einen sogenannten Nachteilsausgleich geben solle. Damit diese Gruppe nicht noch größer wird, verschiebt Berlin die Höchstgrenze für die Verbeamtung vorübergehend auf 52 Jahre.

Drei Hauptgründe für den Frust der Betroffenen

Der Entwurf der Koalitionsfraktionen sieht darüber hinaus vor, dass Beschäftigte in der höchsten Besoldungsgruppe statt 300 nur 250 Euro monatlich als Kompensation erhalten sollen. Dass beide Beträge den Betroffenen als nicht ausreichend erscheinen, hat mehrere Gründe:

  • Der finanzielle Vorsprung der Beamt:innen gegenüber den Angestellten ist auf die Dauer viel größer und wird durch weitere Vergünstigungen wie die höhere Altersversorgung noch verstärkt.
  • Ab 2023 fällt der monatliche 1600- bis 1700-Euro-Zuschlag weg, den Berlin den angestellten Lehrkräften seit 2008 zahlte. Grund des Wegfalls ist, dass die Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) einen derart hohen Zuschlag nur so lange duldete, wie Berlin durch seine Nicht-Verbeamtung einen eklatanten Wettbewerbsnachteil gegenüber den anderen Ländern hatte, die – inzwischen – alle verbeamten.
  • Die SPD hatte zu hohe Erwartungen an die Höhe des Nachteilsausgleichs geweckt.

Der letzte Punkt ist von besonderer Bedeutung, weil er eine dreijährige Diskussion auslöste: Angesichts des immensen Lehrermangels hatten es nämlich die SPD-Bildungspolitiker:innen 2019 für dringend geboten gehalten, zur Verbeamtung zurückzukehren. Dafür brauchten sie die Zustimmung des Parteitags. Nachdem die Delegierten im März 2019 einen entsprechenden Antrag abgelehnt hatten, wurde ihnen auf dem nächsten Parteitag im Oktober 2019 ein Antrag mit einem attraktiven Angebot vorgelegt: Angestellte sollten wöchentlich vier Stunden weniger unterrichten müssen. Erst dann stimmten die Delegierten zu.

Um diesen Beschluss kreisen seither alle Argumente. Zwar galt er wegen des Lehrkräftemangels als nicht umsetzbar, aber er setzte den Maßstab für die Höhe der von der Linkspartei und der GEW geforderten höheren finanziellen Kompensation – und für die Erwartungen der Betroffenen.

Die Dienststelle muss im jeweiligen Einzelfall entscheiden und kann die entsprechende Zulage nur bei zwingender Notwendigkeit gewähren.

Ein Sprecher der Finanzverwaltung im September zur Auslegung des Tarifvertrages

Die GEW geht davon aus, dass der Tarifvertrag der Länder eine höhere Kompensation zuließe. Sie argumentiert dabei mit einem Passus, der eine Zulage von bis zu 900 Euro ermögliche. Rot-Grün-Rot, sagt die Gewerkschaft, wolle sich hierauf nur nicht einlassen. Dieser Passus sieht vor, dass Beschäftigte „zur regionalen Differenzierung, zur Deckung des Personalbedarfs, zur Bindung von qualifizierten Fachkräften oder zum Ausgleich höherer Lebenshaltungskosten“ zwei Entgeltstufen nach oben gerückt werden können. Das wären dann die erwähnten 900 Euro.

Der Senat lehnt das aber mit dem Argument ab, dass diese Regelung nur individuell und nicht pauschal angewandt werden könne. Die Senatsverwaltung für Finanzen hatte schon im September, als die Diskussion aufbrandete, betont, dass „die Dienststelle im jeweiligen Einzelfall entscheiden muss und die entsprechende Zulage nur bei zwingender Notwendigkeit gewähren kann“.

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