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Epochal. Neben der Gedächtniskirche wächst das neue Hochhaus am Zoofenster in die Höhe, in dem ein Lokal nach dem Vorbild des Romanischen Cafés entstehen soll. Foto: Imago

© imago stock&people

Waldorf Astoria: Romanisches Café am Zoofenster

Im Waldorf Astoria am Zoofenster soll ein Lokal in der Tradition des Romanischen Cafés entstehen. Die Einrichtung dürfte sich am historischen Vorbild orientieren.

Für Erich Kästner war das Romanische Café vor allem „der Wartesaal der Talente“. Es gebe dort Leute, die „seit zwanzig Jahren, Tag für Tag, aufs Talent warten“, so schrieb er 1928 über das damals berühmte Lokal am heutigen Breitscheidplatz. Es sei „ein infernalisches Gewirr von Charakterköpfen und solchen, die es sein wollen“. Der erste Eindruck: „Haare, Mähnen, Locken, die bedeutend ins Gesicht fallen.“ Der zweite: „Wie oft wird hier die Leibwäsche gewechselt?“

Ein Ort von ambivalentem Ambiente, aber doch eine Legende, verständlich also, dass ein soeben entstehendes Top- Hotel wie das Waldorf Astoria, bemüht um alles, worin es sich von den anderen Top-Hotels der Stadt unterscheiden könnte, an solch eine ruhmreiche Tradition anknüpfen möchte. Am 22. Oktober ist Richtfest fürs Zoofenster, das neue Hochhaus zwischen Breitscheidplatz und Bahnhof Zoo. Die Eröffnung des darin geplanten Hotels ist fürs vierte Quartal 2011 avisiert, zu dessen gastronomischem Angebot auch eine Art Wiedergeburt des Romanischen Cafés gehören soll, wie Olivier Harnisch – offizieller Titel: Vice President International Operations Germany & Switzerland, Hilton Worldwide – bei einem Berlin-Besuch verriet. Ein Restaurationsbereich, der an die Tradition des Romanischen Cafés anknüpfe, möglichst unter diesem Namen, doch seien noch die Namensrechte zu erwerben, so umschrieb er die Pläne, ließ auch wissen, dass sich die Einrichtung am historischen Vorbild orientieren werde.

Das bedeutet keine innenarchitektonische Kopie, sollte es auch lieber nicht, war doch das Interieur des alten Romanischen Cafés eher umstritten. „Lieblos und ohne jede Stimmung, ein besonders missglückter Bau aus der wilhelminischen Zeit, nur groß, zwei Riesenräume“ – so bemäkelte der Journalist und Schriftsteller Walther Kiaulehn die Lokalität. Das mag auch an der Architektur des wuchtigen, eben „Romanischen Hauses“ gelegen haben, in dessen Erdgeschoss das Romanische Café 1916 eröffnet worden war. Das Gebäude selbst stammte von 1899 und stand etwa auf dem Areal des heutigen Europacenters.

Rasch war das Lokal zu einem populären Treffpunkt für Künstler, Schauspieler, Journalisten und Intellektuelle geworden, streng getrennt nach dem „Bassin für Schwimmer“ und dem für „Nichtschwimmer“. Letztere, die es beruflich noch nicht geschafft hatten, waren deutlich in der Überzahl, es war eben, wie Kästner richtig bemerkt hatte, „der Wartesaal der Talente“. Mit deren Kaffeehausidyll war es 1933 zu Ende. Das Gebäude selbst blieb noch zehn Jahre stehen, bis zur Bombennacht des 21. November 1943. Andreas Conrad

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