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Der Gasometer in Berlin-Schöneberg.

© Kitty Kleist-Heinrich

Rekommunalisierung der Fernwärme: Der Staat braucht die Wirtschaft für eine moderne Energieversorgung

Vattenfall will nach dem Stromnetz auch die Fernwärme an Berlin verkaufen. Doch für eine klimaneutrale Versorgung sollte das Land auf industrielle Partner setzen.

Ein Kommentar von Alfons Frese

Die neuen Möglichkeiten der Berliner Energiepolitik verdanken sich der Energiepolitik in Stockholm. Vor zwei Jahren entschied sich der schwedische Staatskonzern Vattenfall, das Berliner Stromnetz für rund 2,1 Milliarden Euro an das Land Berlin zu verkaufen. Und im Frühjahr dieses Jahres folgte die überraschende Nachricht, dass Vattenfall auch das Berliner Fernwärmegeschäft zur Disposition stellt. Und dazu auch noch den 31,6-Prozent-Anteil an der Gasag.

Die rot-rot-grünen Energiepolitiker konnten ihr Glück kaum fassen - plötzlich schien ein integrierter Betrieb der wichtigsten Versorgungsnetze möglich, wie ihn sich die Senatsparteien als Ziel in den Koalitionsvertrag geschrieben hatten. Das ist kein Selbstzweck, sondern eine institutionelle Voraussetzung, um die schleppende Energiewende und die noch gar nicht richtig begonnene Wärmewende in Schwung zu bringen. Der Berliner Politik ist das eher weniger zuzutrauen als den Energieversorgern.

Womit wir bei der zweiten glücklichen Wendung im aktuellen Rekommunalisierungsspiel sind: Eon und Engie, die beiden verbleibenden Gasag-Aktionäre, bieten sich dem Land Berlin an als industrielle Partner für die Umsetzung der Wärmewende. Seit Monaten wird verhandelt über Anteile und Einfluss, Kaufpreise und Kompetenzen. Manche Träumereien in der Politik, wonach man in absehbarer Zeit ohne Gas auskommen könne, haben sich dabei verflüchtigt. Jetzt kommt es aufs Tempo an.

Mit Blick auf die wahrscheinlichen Wahlen im kommenden Frühjahr sollten sich alle Beteiligten um eine Übereinkunft in diesem Herbst bemühen. Die Gelegenheit ist jetzt da für einen großen Sprung in Richtung klimaneutrale Wärmeversorgung der größten deutschen Stadt im Rahmen eines Kooperationsmodells, das Schule machen kann. Die Fehler der Privatisierungen in der Vergangenheit können nicht korrigiert werden durch Verstaatlichungen in der Gegenwart. Nur gemeinsam mit der Wirtschaft kann die Politik die ambitionierten energiepolitischen Ziele erreichen.

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