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Mit der Gasumlage sollen Gasimporteure gestützt werden, die wegen der hohen Einkaufspreise für russisches Gas in Schwierigkeiten geraten.

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„Rechtlich zweifelhaft und politisch falsch“: Berliner SPD-Fraktion fordert Abschaffung der Gasumlage

Der Abgabe fehle jegliche gesellschaftliche Legitimität, sagt Fraktionschef Saleh. Derweil plädiert Franziska Giffey für eine Aussetzung der Schuldenbremse.

Die SPD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus fordert Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) auf, die Gasumlage zu kippen. Die Fraktion beschloss am Dienstag einstimmig, dass der Senat darauf hinwirken solle, die umstrittene Zusatzabgabe abzuschaffen.

„Die Gasumlage belastet die Bürgerinnen und Bürger – rechtlich zweifelhaft und politisch falsch – ungerecht mit Milliarden Euro zugunsten von Konzernen mit Milliardengewinnen“, erklärte. SPD-Fraktionschef Raed Saleh. „Spätestens mit der Entscheidung zur Verstaatlichung des Versorgers Uniper fehlt ihr jegliche gesellschaftliche Legitimität.“

Die Gasumlage belastet die Bürgerinnen und Bürger – rechtlich zweifelhaft und politisch falsch – ungerecht mit Milliarden Euro zugunsten von Konzernen mit Milliardengewinnen.

Raed Saleh, SPD-Fraktionschef

Ebenfalls am Dienstag forderte Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) vom Bund einen Energiepreisdeckel für Gas und Strom. „Aus unserer Sicht ist es wichtig, dass nicht nur Programme gemacht werden, die auf eine Abfederung hoher Energiepreise abzielen, sondern an die Wurzel des Übels herangehen“, sagte die SPD-Politikerin nach einer Senatssitzung.

Giffey für Aussetzung der Schuldenbremse

Der Bund müsse jetzt sagen, „es braucht den Energiepreisdeckel, es braucht die Sicherheit, dass Menschen wieder ruhig schlafen können“, sagte Giffey. Der Deckel solle auch für Unternehmen gelten, die ebenfalls mit überbordenden Preissteigerungen konfrontiert seien. Mit dieser Forderung gehe Berlin in die Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Mittwoch kommender Woche.

Finanziert werden könne ein solcher Deckel auch durch die Aussetzung der Schuldenbremse. „Anders wird es auf Dauer nicht gehen“, meinte Giffey. „Die Schuldenbremse auszusetzen, ist das Eingeständnis einer Notlage.“ Eine solche Notlage, in der besondere Maßnahmen nötig seien, bestehe derzeit aus ihrer Sicht.

„Ich bin auch dafür, dass man verantwortlich mit Schulden umgeht und dass wir eine verantwortliche Haushaltswirtschaft betreiben“, fügte Giffey mit Blick auf Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hinzu, der eine Aussetzung der Schuldenbremse ablehnt. Aber es dürfe nicht soweit gehen, dass sich der in den vergangenen 30 Jahren erreichte Wohlstand innerhalb weniger Monate „in Wohlgefallen“ auflöse.

Die Unsicherheit, in welche Höhen das noch geht, was Preissteigerungen angeht, das macht Menschen nicht nur mürbe, sondern es verursacht eben auch eine wirtschaftliche Problematik, weil Unternehmen nicht kalkulieren können auf dieser Basis.

Franziska Giffey (SPD), Regierende Bürgermeisterin

„Die Unsicherheit, in welche Höhen das noch geht, was Preissteigerungen angeht, das macht Menschen nicht nur mürbe, sondern es verursacht eben auch eine wirtschaftliche Problematik, weil Unternehmen nicht kalkulieren können auf dieser Basis“, befand Giffey. „Da müssen wir mehr Sicherheit reinbringen. Und das funktioniert nur durch einen breiten Deckel.“

Giffey listete weitere Berliner Forderungen für die MPK in der kommenden Woche auf. Dazu gehören ein Moratorium für Energiesperren und Kündigungen für private und gewerbliche Mieter, die die hohen Preise nicht stemmen können, sowie Hilfe für die Krankenhausinfrastruktur. Giffey plädierte zudem für eine temporäre Aussetzung der Insolvenzantragsfrist sowie für die Möglichkeit der Steuerstundung für Unternehmen – ähnlich wie in der Corona-Krise.

Berlin sei bereit, zusätzlich einen eigenen Beitrag zur Entlastung von Bürgern und Unternehmen zu leisten, unterstrich die Bürgermeisterin. Das entsprechende Maßnahmepaket, auf das sich ein rot-grün-roter Koalitionsausschuss am Montag verständigt hatte, werde so zügig wie möglich schrittweise umgesetzt. Das ganze sei aber abhängig von den Entlastungsmaßnahmen des Bundes, die zum Teil noch nicht feststünden.

Erster Punkt bei der Umsetzung des Landespakets sei das 29-Euro-Ticket für den Öffentlichen Nahverkehr, das ab Oktober gelten solle. Das Ticket für das Berliner Stadtgebiet soll im Abonnement für drei Monate erhältlich sein in der Hoffnung, dass ab 2023 dann ein bundesweit einheitliches Tarifsystem für den ÖPNV greift.

Im Rahmen des eigenen Berliner Entlastungspakets sind zudem Soforthilfen für Unternehmen, ein Moratorium für Wohnungskündigungen für Mieter landeseigener Gesellschaften und mehr Geld für Förderprogramme zum Ausbau erneuerbarer Energien geplant. Zur Finanzierung soll ein Nachtragshaushalt beschlossen werden. Giffey zufolge will sich der Senat am 4. Oktober auf einen Zeitplan dafür verständigen. (Tsp, dpa)

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