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Besucher der Automesse in Frankfurt betrachten einen neuen Sportwagen von Mercedes AMG.

© AFP

Neue Startertechnik für Sportwagen: Zweifelhafter Schwung

Ein neuer Startergenerator, der das Auto in 4,4 Sekunden von Null auf 100 beschleunigt? Also, Mercedes AMG, wir müssen reden. Ein Glosse.

Die aktuell übliche Einführung in moralinsaure Predigten lautet: „Wir müssen reden.“ Also, Firma AMG, schnelle Tochter des großen Hauses Mercedes, wir müssen reden. Beziehungsweise: Erst einmal redet die Nachrichtenagentur, die uns für die AMG-Zweitürer der E-Klasse einen neuen Sechszylinder mit 435 PS ankündigt und ein Detail hervorhebt: den sogenannten Startergenerator. Er arbeite mit 48-Volt-Technik und gebe dem Motor beim Anfahren „spürbar zusätzlichen Schub“. Die Folge: Zusammen mit einem Zusatzverdichter gegen das Turboloch reicht das für 4,4 Sekunden von Null auf 100. Höchstgeschwindigkeit 270 Stundenkilometer.

Ach, AMG, ich weiß, euch nervt das. Dass wir in Berlin nämlich bei solchen Nachrichten immer den Asphalt der Tauentzienstraße wimmern hören, auf dem eure Autos bekanntlich einen immerwährenden Kampf um die Pole Position mit Lamborghini und Ferrari austragen. Einmal dort gewinnen kostet ungefähr so viel Sprit, wie eine normal bewegte Familienkutsche von Berlin nach Leipzig verbrennt, und da ist es natürlich eine gute Nachricht, dass der Verbrauch des neuen Sechszylinders, wie es heißt, sogar spürbar gesenkt werden konnte.

Es ist nicht alles Gold, was elektrisch dahersummst

Aber trotzdem, AMG: Was genau ist jetzt der Sinn solcher Fahrzeuge? Dass sie zügig auf den Höfen bestimmter Autovermietungen landen? Die immer ein Herz für 25-jährige Profilierungsfahrer haben, die extrem unter dem Turboloch leiden und jeden zusätzlichen Schub dringend brauchen können? Oh nein, ich höre so etwas wie: Das ist für absolut souveräne Wagenlenker, die im Beruf etwas leisten und diese Performance auch von ihrem Auto in jeder Fahrsituation erwarten. Sagt man doch so, oder?

Okay, AMG: Es ist nicht alles Gold, was elektrisch dahersummst. Und ein ordentlicher deutscher Verbrennungsmotoringenieur ruht nicht, bevor er das Turboloch persönlich auf die Länge eines Wimpernschlags geschrumpft hat, so ist er nun mal erzogen. Aber wäre es nicht doch langsam Zeit, angesichts der Legitimationskrise der deutschen Autoindustrie den Entwicklerschweiß in eine andere Richtung zu vergießen zugunsten von Fahrzeugen, die nicht an pubertierende Saurier erinnern? Und die nicht ihr Röhren womöglich noch per „Fahrerlebnisschalter“ der gesamten Nachbarschaft reinhauen?

Bitte, AMG, wir haben geredet, das war doch gar nicht schlimm. Und wenn das nächste Turboloch kommt: Einfach aushalten. Man kann damit leben.

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