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Bundeskanzler Olaf Schoz (SPD) im Tagesspiegel-Interview mit Chefredakteur Christian Tretbar, Maria Fiedler und Christopher Ziedler.

© Nassim Rad/Tagesspiegel / Nassim Rad/Tagesspiegel

Debatte um Enteignungen: CDU wirft Bundeskanzler Scholz Scheinheiligkeit vor

Olaf Scholz hatte sich im Tagesspiegel-Interview in den Berliner Wahlkampf eingeschaltet und zu Enteignungen geäußert. Nun erntet er von allen Seiten Kritik.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat mit Äußerungen zum Berliner Wahlkampfthema Enteignungen eine Kontroverse ausgelöst. Die Kritik des Kanzlers an Enteignungen sei „nichts als scheinheilig“, sagte CDU-Generalsekretär Mario Czaja dem Tagesspiegel.

Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) sei im letzten Wahlkampf „mit ganz ähnlicher Rhetorik über die Marktplätze gezogen“ und habe ihre „leeren Versprechen dann in der Koalition mit den linkesten Grünen der Republik und der Enteignungs-Linkspartei rasch vergessen“, sagte der CDU-Politiker. „Die Berliner SPD gibt sich im Wahlkampf bürgerlich, steht aber im Zweifel immer fest an der Seite von Linksaußen.“

In einem Volksentscheid 2021 hatten sich die Berliner mehrheitlich für die Enteignung großer Immobilienkonzerne ausgesprochen. Die Sozialdemokraten hatten sich auf ihrem Landesparteitag im vergangenen Jahr für ein Gesetz zur Umsetzung des Volksentscheids ausgesprochen, wenn es ein positives Votum der Kommission gebe.

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Der Berliner CDU-Bundestagsabgeordnete Jan-Marco Luczak warf dem Kanzler vor, ein „ziemlich schwaches Gedächtnis“ zu haben. „Was als Wahlkampfhilfe für Franziska Giffey gedacht war, schlägt zurück wie ein Bumerang.“ Die SPD habe auf ihrem Landesparteitag vor etwas mehr als einem halben Jahr „das glatte Gegenteil beschlossen“, sagte der baupolitische Sprecher der Unionsfraktion.

Der Fraktionschef der Linken im Bundestag, Dietmar Bartsch, sagte, Scholz habe ein „merkwürdigen Verständnis“ davon, wie mit einem Volksentscheid umzugehen sei. „Sinnvoller wäre, die eigenen Wahlversprechen, 400.000 Wohnungen pro Jahr zu bauen, einzuhalten. Da versagt die Ampel.“

„Durch Enteignungen entstehen keine neuen Wohnungen“

Scholz hatte sich im Tagesspiegel-Interview in den Berliner Wahlkampf eingeschaltet. Durch Enteignungen entstünden keine neuen Wohnungen, betonte er. Mit Blick auf Linke und Grüne, die sich für die Umsetzung des Berliner Volksentscheids zu den Enteignungen ausgesprochen haben, sagte der Kanzler: „Die Illusion zu verbreiten, dass man es bei einer wachsenden Bevölkerung mit heute völlig veränderten Lebensverhältnissen schaffen könnte, ohne neue Wohnungen zu bauen, die hohe Nachfrage zu decken, halte ich für unverantwortlich.“

Die Spitzenkandidatin der Berliner Grünen, Bettina Jarasch, warf dem Kanzler vor, seine eigenen Ankündigungen nicht umzusetzen: „Im Wahlkampf hat er uns auf großen Plakaten bezahlbares Wohnen versprochen, aber beim Neubau bisher nicht geliefert.“ Jarasch sagte, sie erwarte von Scholz ein Machtwort Richtung FDP, damit der Mieterschutz nicht weiter aufgehalten werde.

Linke-Spitzenkandidat Klaus Lederer äußerte sich ähnlich: „Die Ampel versagt beim Mieterschutz auf ganzer Linie“, sagte er. Die Berliner hätten beim Volksentscheid ein eindeutiges Votum abgegeben. „Bei der Vergesellschaftung geht es um die Ausweitung des öffentlichen Wohnungsbestandes und damit um die Sicherung von bezahlbaren Mieten im Bestand“, so Lederer. Er verwies darauf, dass seine Partei auch Neubau plane.

Der Berliner CDU-Chef Kai Wegner warf der Berliner SPD vor, den Enteignungskurs mitzutragen, und erinnerte ebenfalls an den Parteitagsbeschluss vom vergangenen Sommer. „Das Vertrauen und die Glaubwürdigkeit sind verloren“, sagte er. FDP-Spitzenkandidat Sebastian Czaja forderte vor dem gleichen Hintergrund: „Die SPD muss ihr Verhältnis zu Enteignungen klären.“

Giffey bekräftigte im Interview mit dem Tagesspiegel ihre ablehnende Haltung. „Durch diese Enteignungsträume ziehen sich weitere Investoren zurück, dabei haben wir sowieso fast schon Stillstand in der Baubranche.“ Aus ihrer persönlichen Haltung habe sie nie einen Hehl gemacht. Trotzdem sei der Volksentscheid zu respektieren. Das Ergebnis der Expertenkommission, die derzeit dazu arbeite, müsse politisch bewertet werden.

Giffey ging auf Distanz zu ihren eigenen Koalitionspartnern: „Es gibt in dieser Koalition an zentralen Punkten sehr unterschiedliche Auffassungen darüber, was der beste Weg für diese Stadt ist“, sagte sie. Schwerwiegende Differenzen mit Grünen und Linken sieht Giffey etwa in der Wirtschaftspolitik.

Mit Blick auf die Liberalen äußerte sie den Wunsch, dass die FDP über die Fünf-Prozent-Hürde komme und ins Abgeordnetenhaus einziehe. „Ich halte es für elementar, dass die FDP im Parlament als liberale Kraft für Ausgleich sorgt“, sagte Giffey.

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