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Die Zeugin und Nebenklägerin erschien am Montag nicht. Das Bild zeigt einen der Angeklagten.

© dpa/Sebastian Gollnow

Update

Mutmaßliche Vergewaltigung im Görlitzer Park: Nebenklägerin erscheint nicht – Prozess auf der Kippe

Die Zeugin und Nebenklägerin aus Georgien kam nicht zur Aussage vor dem Landgericht. Nun könnte der Prozess platzen oder demnächst mit Freispruch enden.

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„Wie Sie sehen, sehen Sie nichts“, begann der Vorsitzende Richter Thilo Bartl. Kurzfristig hatte die Zeugin aus Georgien ihr Erscheinen zu ihrer geplanten Befragung am Montag im Prozess um eine mutmaßliche Gruppenvergewaltigung im Görlitzer Park abgesagt. Sie komme nicht nach Berlin, die ganze Situation würde sie überfordern, hatte die Nebenklägerin ihrem Rechtsanwalt mitgeteilt.

Nun droht der Prozess gegen die drei Angeklagten vor dem Landgericht zu platzen. Das Gericht könnte das Verfahren einstellen, der Prozess sogar mit Freisprüchen enden. Politisch brisant: Der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) hatte mit dem Fall maßgeblich die Sicherheitsdebatte um den Görli befeuert und die Pläne für einen Zaun um den Park vorangetrieben.

Die damals 27-Jährige hatte rund drei Monate nach der mutmaßlichen Tat die Stadt verlassen und lebt seitdem in ihrer georgischen Heimat. Den Ermittlern teilte sie im Herbst mit, sie sei schwer erkrankt.

Ihr Anwalt Roland Weber sagte am Montag am Rande der Verhandlung, er sei „weiterhin zutiefst davon überzeugt, dass es damals in dem Park eine schwere Straftat gegeben hat“. Es gebe das kurze Video, das seit Prozessbeginn im Fokus steht, und „unklare Zeitabläufe“. Die Frau habe Verletzungen erlitten, man habe DNA-Spuren.

 Ohne die Zeugin kann sich die Strafkammer unmöglich ein umfassendes Bild machen.

Roland Weber, Anwalt der Nebenklägerin

Aber was geschah im Detail? Welche Rolle spielte das Video? „Ohne die Zeugin kann sich die Strafkammer unmöglich ein umfassendes Bild machen“, so Weber. Sollte eine Befragung der Zeugin im Prozess nicht möglich sein, wäre aus seiner Sicht ein Freispruch „nahezu zwingend“.

Vernehmung in der deutschen Botschaft wäre eine Möglichkeit

Mehrere Optionen stehen aus Sicht der Richter nun im Raum. Das Verfahren könnte ausgesetzt und ein Rechtshilfeersuchen an Georgien gestellt werden mit dem Ziel einer Vernehmung in der Deutschen Botschaft. Weil eine Entscheidung der georgischen Behörden sechs Monate und länger dauern könne, müsste die Haftsituation der Angeklagten geprüft werden – sie befinden sich seit rund sieben Monaten in U-Haft.

Sollte sich die Zeugin tatsächlich nicht auf den Weg machen zu einer Aussage in Berlin, könnte die Verhandlung auch fortgesetzt und ihre Aussagen bei der Polizei durch Befragung der Vernehmer in den Prozess eingeführt werden. In dem Fall wäre das Verfahren wohl „alsbald beendet“, hieß es. Richter Bartl sagte, er halte am Termin am kommenden Donnerstag fest in der Hoffnung, „dass wir mehr wissen“.

Dem 23-jährigen D. aus Guinea sowie dem 22-jährigen Somalier Osman B. und dem 23-jährigen Boubacar B. aus Guinea wird besonders schwere Vergewaltigung, gefährliche Körperverletzung und besonders schwerer Raub vorgeworfen. Sie sollen am frühen Morgen des 21. Juni 2023 ein georgisches Paar im Görlitzer Park in Kreuzberg überfallen haben.

Sie hätten zunächst auf den Ehemann eingeschlagen und ihn beraubt, so die Anklage. Dann hätten sie die 27-jährige Frau sexuell attackiert.

Ein Video auf dem Handy eines der Angeklagten, sieben Sekunden lang, war erst kurz vor Prozessbeginn aufgetaucht. Zeigt die Aufnahme einvernehmlichen Sex oder eine Vergewaltigung? Verteidigung und Staatsanwaltschaft interpretieren das unterschiedlich. (mit axf)

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