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Das neue zentrale Einbürgerungsamt wird dem  Berliner Landesamt für Einwanderung unterstellt sein.

© dpa/Britta Pedersen

Mehr Personal, digitale Verfahren: So soll Berlin auf 20.000 Einbürgerungen pro Jahr kommen

Bislang Aufgabe der Bezirke, wird der deutsche Pass in Berlin bald zentral vergeben. 27.000 Menschen warten derzeit auf eine Staatsbürgerschaft.

Bangen, Hoffen, Ungewissheit – und das für etwa zwei Jahre. So lange warten Menschen in Berlin im Schnitt, bis sie die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten. Oft vergeht bereits viel Zeit, bis sie überhaupt ihren Antrag stellen können: Die Wartezeit für die rechtliche Beratung zum Verfahren beträgt mehr als ein Jahr. Doch das soll sich bald ändern.

Ab 2024 wird das zentrale Einbürgerungszentrum für die Anträge auf einen deutschen Pass zuständig sein und nicht mehr – wie bislang – die Bezirke. Die Umstellung ist bereits in vollem Gange.

Berlin soll Einbürgerungshauptstadt werden.

Innensenatorin Iris Spranger (SPD)

Innensenatorin Iris Spranger (SPD) verfolgt ein ambitioniertes Ziel: „Berlin soll Einbürgerungshauptstadt werden.“ Künftig sollten mindestens 20.000 Menschen im Jahr eingebürgert werden, so ihr Wunsch.

Im vergangenen Jahr war Berlin weit davon entfernt. Gerade einmal rund 8000 Personen erhielten 2022 die deutsche Staatsbürgerschaft. Weitere rund 27.000 offene Anträge konnten nicht bearbeitet werden. Um alle diese Anträge abzuarbeiten, bräuchte es beim derzeitigen Tempo fast zweieinhalb Jahre. Und in dieser Rechnung sind neu gestellte Ersuchen noch nicht einbezogen.

Will 20.000 Einbürgerungen im Jahr für Berlin: Innensenatorin Iris Spranger (SPD).

© imago/Contrast/IMAGO/O.Behrendt

Seit 2010 hat sich die Anzahl der unbearbeiteten Anträge, die die Bezirke als Altlasten mit sich schleppen, mehr als verdoppelt. Die Gründe: das langwierige und analoge Antragsverfahren, zu wenig Stellen in den Bezirken.

Für Berlin ist das Problem drängender als andernorts. Denn rund 800.000 der Stadtbewohner:innen, also etwa ein Viertel, haben keinen deutschen Pass. Die Innenverwaltung schätzt, dass etwa 200.000 bis 250.000 von ihnen die Anforderungen an die deutsche Staatsbürgerschaft erfüllen dürften.

Um auch ihnen die Einbürgerungen zu ermöglichen, sollen die Verfahren ab Anfang 2024 digital sein, die Anträge gebündelt vom Einbürgerungszentrum bearbeitet werden. Das Zentrum wird beim Landesamt für Einwanderung (LEA) angegliedert sein, das derzeit schon für Aufenthaltstitel zuständig ist. Das LEA ist erprobt, stellte allein im vergangenen Jahr 51.000 Aufenthaltstitel für Menschen aus der Ukraine aus.

Die Bearbeitungszeit für einen Antrag auf deutsche Staatsbürgerschaft soll sich mit einem entschlackten Verfahren und mehr Mitarbeitenden, so der Wunsch, von zwei bis drei Jahren auf drei bis sechs Monate verringern. Ob das gelingt, wird nicht nur von der geglückten Digitalisierung abhängen. Sondern auch davon, ob Berlin genügend Beamte für die Stellen findet, die neu geschaffen werden.

Personal wird auf das Doppelte aufgestockt

Derzeit sind in den Bezirken rund 90 Stellen für die Einbürgerungen zuständig – allerdings sind sie sehr ungleich verteilt. In Mitte sind derzeit 25 Stellen für die Anträge vorgesehen, von denen vier unbesetzt sind. In Steglitz-Zehlendorf sind es nur vier, von denen wiederum zwei nicht besetzt sind.

Für das zentrale Einbürgerungszentrum wird das Personal um etwas mehr als das Doppelte aufgestockt, auf 200 Mitarbeitende. Die rund 90 Stellen aus den Bezirken werden dafür abgezogen. Alle, die derzeit auf Bezirksebene im Einbürgerungsprozess arbeiten, können freiwillig wechseln. Nach Angaben der Innenverwaltung haben bereits 40 Personen Interesse bekundet.

Kritik an Umstellung aus den Bezirken

In den Bezirken sorgte die Mitarbeiterwerbung im Frühjahr für Unmut: Mehrere CDU-Stadträte warfen Senatorin Spranger vor, nicht nur Mitarbeitende der Einbürgerungsstellen angeschrieben zu haben, sondern auch Fachfremde. Die Innenverwaltung wies den Vorwurf zurück. Nur in Einzelfällen könne die betreffende Mail an eine Person gegangen sein, die nicht mehr für eine der bezirklichen Einwanderungsstellen arbeiten.

Jörn Oltmann, Bezirksbürgermeister von Tempelhof-Schöneberg, hätte sich in dem Prozess eine bessere Absprache mit den Bezirken gewünscht. „Man hätte auch auf die Idee kommen können, die Bezirke personell besser auszustatten“, sagt er. Nun, wo die Entscheidung gefallen sei, gelte es aber, schnell handlungsfähige Strukturen für den Einbürgerungsprozess zu schaffen.

Das ist auch vor dem Hintergrund der von der Bundesregierung geplanten Erleichterung für die Staatsbürgerschaft wichtig. Sie soll künftig schon nach fünf statt nach acht Jahren in Deutschland vergeben werden. Wenn die Gesetzesänderung kommt, dürfte das ebenfalls zu einem weiteren Anstieg der Antragszahlen in Berlin führen.

Die weiteren noch offenen Stellen für das neue Zentrum sind bereits ausgeschrieben. Dienstbeginn: September dieses Jahres. Ab da soll mit der Digitalisierung alter Anträge begonnen werden, damit der Start Anfang Januar glückt. Das digitale Antragsverfahren wird, so heißt es aus der Innenverwaltung, derzeit erarbeitet.

Ab 1. Januar 2024 kann dann, wer Deutscher oder Deutsche werden will, im neuen zentralen Einbürgerungszentrum in der Sellerstraße 16 in Wedding den Antrag stellen. Bis dahin können über die Bezirke laut Innenverwaltung auch während der laufenden Umstrukturierung weiter neue Anträge gestellt werden. Allerdings werden sie später bearbeitet – die alten haben Vorrang.

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