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Vorbildlich integriert. Das von Schinkel erbaute Casino in Lennés Grünanlage im Park Glienicke.

© imago/Jürgen Ritter

Lenné als Gartenkünstler: Park Glienicke: Neapel an der Havel

An schönen Tagen eignet sich der Park von Klein-Glienicke wie kaum ein anderer, um hier so etwas wie das Gefühl von Verreisen zu vermitteln. Echte Profis waren am Werk, genau diese Illusion zu erzeugen.

Von Andreas Austilat

Einer der wichtigsten war Peter Joseph Lenné, erst im Auftrag des preußischen Staatskanzlers Hardenberg, nach dessen Tod 1822 für den PrinzenAn schönen Tagen eignet sich der Park von Klein-Glienicke wie kaum ein anderer, um hier so etwas wie das Gefühl von Verreisen zu vermitteln. Echte Profis waren am Werk, genau diese Illusion zu erzeugen. Carl, 21 Jahre alter Sohn von König Friedrich Wilhelm III. Prinz Carl ließ sich hier einen Traum von Italien verwirklichen, als wäre die Havel der Golf von Neapel. Sogar ein ziemlich großes Fregattenmodell wurde vor Anker gelegt, um dem Ganzen eine maritimere Anmutung zu verleihen, Preußens große Architekten Schinkel und Persius bauten die passenden Kulissen, und wenn der Prinz und seine Gäste über den Pleasureground hinweg rüber nach Potsdam schauten, durften sie sich mit der Kuppel von St. Nikolai im Hintergrund in Roms Villa Medici wähnen, von wo aus man den Petersdom sieht. Wer den Park gewissermaßen von hinten, von Nikolskoe her, betritt, dem gerät die Wanderung vollends zur Reise, vorbei an einem englisch anmutenden Jägerhof und der Teufelsbrücke, als gelte es hier die Alpen zu überqueren, das echte Vorbild steht am St. Gotthard.

Als der Prinz 1883 starb,war keiner mehr da, das Areal und die damit verbundenen Illusionen zu pflegen. 1906 fiel Schinkels steinerne Brücke nach Potsdam für eine Eisenkonstruktion, die den Anforderungen des neuen Teltowkanals entsprach, aber das Panorama weiter trübte. Die Nazis verbreiterten die Chaussee auf Kosten des Parks. Schließlich rückte die deutsche Teilung das Areal an den Rand. Die Sichtachsen wuchsen zu, der Park wurde zum Wald. Erst 1979 begann die Restauration. Über die damalige Staatsgrenze hinweg begannen die Gartendirektoren Ost und West aufeinanderzuzugärtnern, alte Sichtbeziehungen wiederherzustellen, wie Heinz Ohff, damals Kulturchef des Tagesspiegels, erfreut feststellte.

Der Lohn war die Aufnahme Glienickes in die Liste des Welterbes der Unesco, 2000 übernahm die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg den vorderen Teil einschließlich Schloss und Pleasureground und vollendete die denkmalgerechte Sanierung. Allerdings betrifft das nur etwa vier Hektar des über 90 Hektar großen Parks. Den übergroßen Rest muss das Straßen- und Grünflächenamt Steglitz-Zehlendorf erhalten. Das hat nicht die Mittel „für eine fachgerechte Pflege nach denkmalpflegerischen Aspekten“, wie Leiterin Monika Osteresch einräumt. 1983 standen dem Amt noch 600 Mitarbeiter zur Verfügung, 2013 waren es nur noch 214, die finanziellen Mittel haben sich halbiert, davon sind alle Grünflächen im Bezirk zu erhalten. Um wenigstens die Sicherheit zu gewährleisten, sah sich das Amt gezwungen, den Hauptweg zu asphaltieren, Teile des Parks mussten sogar gesperrt werden.

Seit 2005 verhandeln Senat, Bezirk und Stiftung über die Zusammenlegung des Parks unter dem Dach der Stiftung. Unklar ist, wer die dafür erforderlichen Gelder aufbringt. Mit einer Einigung ist auch im Lenné-Jahr nicht zu rechnen.

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