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Ins Wasser, marsch! Dieser Schäferhund ist wohl einer der Wenigen im brandenburgischen Leegebruch, die am Starkregen der vergangenen Tage ihren Spaß haben.

© dpa, Paul Zinken

Das Unwetter und seine Folgen: Land unter in der Gemeinde Leegebruch

Leegebruch bei Oranienburg traf der Sturzregen besonders hart. Sonntagmittag waren noch Straßen und Häuser überschwemmt. Eine Katastrophe für die Bewohner.

Taucht der Namenszusatz „-bruch“ in Ortsnamen auf, kann man sicher sein, dass dort an Wasser kein Mangel herrscht. Er leitet sich – man kann es im „Deutschen Wörterbuch“ der Brüder Grimm nachlesen – vom mittelhochdeutschen „bruoch“ ab, was Sumpf oder Moor bedeutet. Es sei also, so heißt es dort, „wie aue, ein feuchter Wiesengrund, der beweidet und betreten werden kann“. Bekanntestes brandenburgisches Beispiel ist das Oderbruch, wo es wiederholt massive Überschwemmungen gegeben hat.

Die Kanalisation war den Wassermassen nicht gewachsen

In den vergangenen Tagen allerdings machte ein anderer „Bruch“ in dieser Weise Schlagzeilen: Leegebruch, eine etwas über 6500 Seelen zählende Gemeinde im Landkreis Oberhavel, südwestlich von Oranienburg gelegen und seit vergangenen Donnerstag, 14.10 Uhr, Überschwemmungsgebiet. Da traf der erste Alarm bei der Freiwilligen Feuerwehr des Ortes ein, dass die Kanalisation des Ortes den vom Himmel herabstürzenden Wassermassen nicht länger gewachsen sei und Teile des Ortes langsam zuliefen.

Fahrbahnen zu Wasserstraßen. Leegebruch traf der Regen besonders hart.
Fahrbahnen zu Wasserstraßen. Leegebruch traf der Regen besonders hart.

© dpa, Russew

Probleme mit dem Starkregen der vergangenen Tage hat es auch anderswo und besonders heftig in Berlin gegeben. Während die Probleme dort aber weitgehend erledigt sind, bildeten in Leegebruch am Sonntagmittag noch immer sechs Straßen eine Wasserlandschaft, war ein Abfließen der trüben Fluten trotz einer Entspannung in anderen Bereichen des Ortes weiterhin nicht absehbar, wie der amtierende Bürgermeister Martin Rother auf Anfrage mitteilte.

Mehr als 100 freiwillige Helfer eilten herbei

Erst in der Nacht zuvor waren weit über 100 freiwillige Helfer aus Leegebruch, aber auch aus Orten der Umgebung, ja sogar dem im Südwesten an Berlin grenzenden Kleinmachnow einem Facebook-Aufruf der Freiwilligen Feuerwehr des Ortes gefolgt und hatten sich zu mitternächtlicher Stunde, mit Schaufeln bewaffnet, am Bauhof der Gemeinde eingefunden, um 5000 Sandsäcke zu befüllen. „Auch andere Wehren und Leute, die aus dem Umland hergekommen sind, nochmals tausend Dank! Wir waren und sind von euren Engagement begeistert. Unglaublich wie ihr gemeinsam und unermüdlich gearbeitet habt“, postete die Freiwillige Feuerwehr nach dem Einsatz.

Der Ort liegt sehr ungünstig in einer Senke

Dass Leegebruch so lange unter den Folgen des Starkregens – laut Bürgermeister „250 Liter pro Quadratmeter in Oranienburg, bei uns sicher ebenso viel“ – leidet, liegt auch an der besonderen Lage Leegebruchs: In einer Senke gelegen, eingeklemmt zwischen den Quasi-Deichen der Bundesstraße 96 und der Autobahn, am östlichen Rand an den Moorgraben grenzend, durch den die nördlich des Ortes gefallenen Niederschlagsmengen Richtung Veltener Hafen abfließen, der dieser Größenordnung aber bald nicht mehr gewachsen war und in Richtung Gemeinde überschwappte. Und dies, obwohl schon die Kanalisation für die Abwässer des Ortes sich gegenüber diesen Fluten als unzureichend erwiesen.

Bis zu 30 Zentimeter hoch stand das Wasser im Haus

Das mittels Unterdruck, also Pumpen arbeitende Abwassersystem fiel teilweise aus und Wasser breiteten sich schon deshalb dort aus, wo es niemand haben wollte: in den Straßen und in den Häusern. Bis zu 30 Zentimeter hoch habe es bei Bekannten gestanden, berichtet ein Leegebrucher. Er selbst sei zum Glück nicht betroffen, weil sein Haus etwas höher im Ort liege.

Die Situation wurde noch erschwert, weil trotz allem Abpumpen Wasser immer wieder nachfloss und auch die Stromversorgung teilweise ausfiel. Die Gemeinde kann dem nur zu wenige offizielle Helfer entgegensetzen. „Wir haben hier nur 35 Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr, und im Rathaus sitzen 28 Mitarbeiter“, berichtet Bürgermeister Rother. „Für eine solche Lage sind wir einfach nicht gerüstet.“ Und er habe auch gar nicht die Möglichkeit gehabt, die gebotenen Schritte zu unternehmen und etwa den Zufluss des Moorgrabens aus Norden zu unterbrechen. Die Sperre liege außerhalb der Gemeindegrenzen.

Die Wasserschäden sind vermutlich sehr hoch

Rother hatte sich daher schon früh an den Landkreis um Hilfe gewandt, der am Sonnabend denn auch die Einsatzleitung übernahm – zu spät, wie Einwohner des Ortes kritisierten. Mittlerweile sind 150 Feuerwehrleute verschiedener Wehren im Einsatz, auch das Technische Hilfswerk hat Helfer geschickt, um dem Wasser mit stärkeren Pumpen und Sandsäcken endlich Herr zu werden. Die Ausrufung des Katastrophenfalls hatte Ludger Weskamp (SPD), Landrat des Kreises Oberhavel, abgelehnt, eine konkrete Gefahr für Leib und Leben sei nicht gegeben. Allerdings seien die vom Wasser verursachten Schäden sehr groß und die Lage in Leegebruch schlimm, eine Tragödie für die Menschen.

Amphibienfahrzeug. Dieser Radler wusste sich zu helfen. Foto: Paul Zinken/dpa
Amphibienfahrzeug. Dieser Radler wusste sich zu helfen. Foto: Paul Zinken/dpa

© dpa

Doch noch ist das Wasser nicht abgeflossen, sodass Bewohner am Sonntag noch immer vor der Wahl standen, notwendige Wege barfuß oder in Gummistiefeln zurückzulegen. Und wer einen Kinderwagen durch halbwegs trockene Bereiche der Gemeinde schob, musste damit rechnen, diesen über ein Gewirr von Feuerwehrschläuchen hinwegheben zu müssen. Ein schwacher Trost, dass vorerst mit keinen weiteren Wolkenbrüchen zu rechnen ist und das durch Leegebruch plätschernde Wasser Gelegenheit hat, abzufließen und zu versickern.

Die gute Nachricht: Statt Regen ein Sonne-Wolken-Mix

An diesem Montag wird das Wetter nach Prognosen des Berliner Wetterdienstes Meteogroup voraussichtlich sogar etwas besser, ein Mix aus Sonne und Wolken bei bis zu 20 Grad sei zu erwarten. Prignitz und Uckermark dürften zwar wieder etwas Regen abbekommen, in Berlin und im südlichen Brandenburg ist es aber bis auf weiteres wohl trocken, wenn auch etwas wechselhaft und eher kühl.
Als schönster Tag der Woche dürfte der Donnerstag mit zwölf Sonnenstunden und 23 Grad ausfallen. Kurz und Gut: Das Gröbste ist überstanden, die Gefahr weiterer Überschwemmungen scheint gebannt.

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