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© dpa/Jane Schmidt/Luftwaffe

Exklusiv

Kurz vor Klitschko-Besuch in Berlin: Keine Verbesserung für ukrainische Kriegsverletzte in Sicht

Der Kiewer Bürgermeister hatte im Mai auf die schwierige Versorgungslage der Soldaten in Berlin hingewiesen. Eine Anfrage der Grünen an den Senat zeigt: Bislang wurden keine Maßnahmen ergriffen.

Wenige Tage vor dem Besuch des Kiewer Bürgermeisters Vitali Klitschko in Berlin hat der Senat noch keine Maßnahmen getroffen, um die teils schwierige Versorgungssituation ukrainischer Kriegsverletzter in Berlin zu verbessern. Klitschko hatte Anfang Mai in einem Brief an Berlins Regierenden Bürgermeister Kai Wegner (CDU) auf die Probleme ukrainischer Patienten in Berlin aufmerksam gemacht, insbesondere bei der Frage der Finanzierung der Behandlungskosten.

Es sei „für uns […] nicht immer sicher, dass Deutschland die Behandlungskosten für die Versorgung unserer Soldaten übernimmt“, schrieb Klitschko an Wegner. Der Regierende sicherte daraufhin in einem Antwortschreiben zu, die Probleme zu lösen. Konkrete Verbesserungen sind bisher jedoch noch nicht erfolgt, wie aus einem Antwortschreiben der Sozialverwaltung auf eine Schriftliche Anfrage der Grünen-Fraktion hervorgeht.

„Um dem besonderen Bedarf der Geflüchteten, die über das Kleeblattverfahren zur Behandlung in einem Krankenhaus nach Berlin kommen, gerecht zu werden, wurde […] zunächst eine Situationsanalyse durchgeführt […]“, heißt es in dem Schreiben, das dem Tagesspiegel exklusiv vorliegt. Im Kleeblattverfahren werden strukturiert Patienten auf die Bundesländer verteilt. Weiter heißt es: „Im nächsten Schritt werden nun Lösungsansätze entworfen. Konkrete Maßnahmen oder Zeitangaben können zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht genannt werden.“

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Senat weiß nicht, wie viele ukrainische Kriegsverletzte in Berlin sind

Offen bleibt, welche Erkenntnisse in die Situationsanalyse einfließen. Offenbar ist der Senatsverwaltung nicht einmal bekannt, wie viele ukrainische Soldaten sich derzeit zur Behandlung in Berlin befinden. Auf eine entsprechende Frage der Grünen-Fraktion antwortete die Sozialverwaltung nicht. Auch wo sich die Soldaten befinden – ob im Krankenhaus, im Ankunftszentrum Tegel oder einer anderen Einrichtung –, weiß die Verwaltung nach eigenen Angaben nicht.

„Die Versorgung von kriegsverletzten Kleeblatt-Patienten aus der Ukraine in Berlin entspricht nicht den Erwartungen, die Deutschland, und auch der Regierende Bürgermeister, in der Ukraine geweckt haben“, sagte Catherina Pieroth, gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, dem Tagesspiegel. „Der Senat muss dringend eine eindeutig zuständige Senatsverwaltung benennen und insbesondere für die Nachsorge nach der Entlassung aus dem Krankenhaus einen transparenten und geordneten Prozess für die Versorgung vorstellen.“

Die Probleme bei der Versorgung ukrainischer Kriegsverletzter in Berliner Krankenhäusern betrifft nach Tagesspiegel-Informationen weniger die Erstversorgung, sondern vor allem die Nachversorgung – also etwa die Unterbringung der Soldaten in Pflegeeinrichtungen oder die Gewährung von Rehabilitationsleistungen.

Grundsätzlich gilt, dass auch ukrainische Soldaten, die Deutschland für ihre Behandlung ins Land geholt hat, dem Regelsystem für ukrainische Geflüchtete unterliegen. Sprich, sie müssen sich gemäß Aufenthaltsgesetz registrieren lassen und Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch beantragen, um medizinische Behandlungen in Anspruch nehmen zu können. Dabei wechseln die Zuständigkeiten zwischen Sozialamt und Jobcenter je nach Aufenthaltsstatus, konkreter Leistung und teilweise auch je nach Bezirk.

„Nur durch Ehrenamtliche möglich“

Ehrenamtliche Helfer:innen, die die ukrainischen Soldaten bei Behördengängen unterstützen, machten bereits im Juni auf die schwierige Situation aufmerksam. In einem offenen Brief an Wegner schrieben sie: „Die komplexen Verfahrens- und Zuständigkeits-Regelungen in den Berliner Sozialbehörden stellen die schwerverletzten Menschen vor viele großen Hürden. Ihre Weiterbehandlung, Genesung, Unterbringung und Versorgung sind nur mithilfe der tatkräftigen Unterstützung von einer kleinen Gruppe Ehrenamtlicher in Berlin möglich.“

Dem Senat ist das Problem bekannt. „Die Bereitstellung einer kostenlosen medizinischen Versorgung ukrainischer Soldatinnen und Soldaten ist gewissermaßen ein systemisches Problem, das nicht nur Berlin, sondern alle Bundesländer betrifft“, teilte eine Sprecherin des Senats dem Tagesspiegel damals mit. Berlin arbeite jedoch „an einer möglichen Überbrückungslösung, um bis zu einer Lösung auf Bundesebene die kostenfreie medizinische Versorgung ermöglichen zu können“. Auch dies ist gemäß der Antwort der Sozialverwaltung noch nicht geschehen.

Berlin und Kiew wollen am Donnerstag ihre neue Städtepartnerschaft besiegeln. Dazu empfängt Wegner seinen Kiewer Kollegen Klitschko am Brandenburger Tor und im Roten Rathaus.

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