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Ein Bild von Juni 2014. Geflüchtete protestieren gegen die Räumung der Kreuzberger Gerhart-Hauptmann-Schule

© Daniel Naupold/dpa

Gerhart-Hauptmann-Schule in Berlin: Koalition streitet über Abschiebung von Ex-Besetzern

Innensenator Geisel will fünf Geflüchtete abschieben, obwohl ihnen die Aufnahme eines Härtefallverfahrens zugesichert worden war. Die Koalitionspartner sind verärgert.

Bei der Räumung der Gerhart-Hauptmann-Schule in Kreuzberg Anfang des Jahres hatte der Senat den Besetzern eine zügige und wohlwollende Aufnahme ins Härtefallverfahren zugesichert. Die Koalitionsparteien vereinbarten eine einvernehmliche Lösung. Seitdem war das Thema aus der Öffentlichkeit weitgehend verschwunden, die Unterstützerkreise haben sich aufgelöst, die verbliebenen elf Geflüchteten leben in Kreuzberger Heimen.

Doch am vergangenen Dienstag zeigte sich in der Senatssitzung, dass es ganz so einvernehmlich nicht zugeht unter Rot-Rot-Grün. Unter dem Tagesordnungspunkt „Verschiedenes“ bat Linken-Fraktionschef Udo Wolf um Auskunft von Innensenator Andreas Geisel (SPD), wie es sein könne, dass die Abschiebung von fünf Geflüchteten vorbereitet werde, obwohl auf Vorschlag des Regierenden Bürgermeisters vereinbart worden war, dass vor Entscheidungen gemeinsam im Senat die Sachlage erörtert wird. Geisel antwortete, diesen fünf Personen würden schwere Gewalttaten zur Last gelegt, sie seien deshalb ausreisepflichtig. Er sei „nicht bereit, da anders zu verfahren“.

Schwarzes-Peter-Spiel im Senat?

Auch die Grünen waren über den unabgestimmten Vorstoß des Innensenators verärgert, sie sprachen von einem Vertrauensverlust und einem ärgerlichen Durcheinander. Geisel hatte den Betreffenden eine Aufforderung zur Ausreise zugesandt, die Koalitionspartner hatte davon über die Anwälte erfahren.

Zu diesem Durcheinander trägt auch ein Nebenkonflikt zwischen Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Linke) und dem Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg bei. Zur Zeit trägt der Bezirk die Kosten für die Unterbringung der früheren Besetzer, kann und will das aber nicht länger leisten. Eigentlich wäre die Finanzierung an diesem Freitag ausgelaufen, die Geflüchteten hätten ausziehen müssen und wären unter Umständen untergetaucht.

Kurz vor Ablauf der Frist verlängerte das Bezirksamt die Finanzierung noch einmal bis Ende September, dann ist Schluss. Der Sozialsenatorin werfen die Grünen vor, sie setze auf Zeit, wolle sich „sauber halten“ und betreibe in der unklaren Lage ein „Schwarzes-Peter-Spiel“.

Die Delikte sind unbekannt

Bis heute ist unklar, welche Delikte genau den fünf Personen, die abgeschoben werden sollen, vorgeworfen werden. Es laufen Ermittlungsverfahren, es gibt Verurteilungen wegen Drogenhandels. Geisel sagte im Senat, er könne zu jedem einzelnen Fall etwas sagen, ausschlaggebend seien aber keinesfalls kleinere Delikte wie Ladendiebstahl.

Linke und Grüne monieren vor allem, dass Geisel den verabredeten Weg durch seinen Alleingang verlassen habe und es keine Klarheit über die Vorwürfe gebe und welche Straftaten in Rede stehen. Nichts davon sei bisher verifiziert. Außerdem hätte es in jedem Fall zunächst eine Absprache mit Breitenbach geben müssen. Im Senat hatte Geisel dazu gesagt, davon wisse er nichts.

Ob die Härtefallkommission einem weiteren Aufenthalt der Geflüchteten zustimmen würde, ist eher zweifelhaft: Bisher wurden die meisten anderen Fälle abgelehnt.

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