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Zeitsprung am Alex. Für „Babylon Berlin“ versetzte Regisseur Tom Tykwer die Stadt in die 20er Jahre.

©  Thilo Rückeis

Filmstadt Berlin: In der "Berliner Straße" ist vieles möglich

Die "Berliner Straße"  im Studio Babelsberg hat ihre Vielseitigkeit bewiesen. Zwanziger Jahre oder die ferne Zukunft? Dort geht beides.

Die Qualität einer Filmkulisse beweist sich in ihrer Vielseitigkeit. Bei einer Westernstadt hat man in der Regel kaum Auswahl, sie kann allenfalls Dodge City mimen oder Tombstone. Aber bei einer Berliner Straße, zumal wenn sie in vier unterschiedliche Straßenzüge unterschiedlicher Stile aufgeteilt wurde, sollte schon mehr an darstellerischen Möglichkeiten drin sein.

Anfang Juni wurde im Studio Babelsberg die „Neue Berliner Straße“ eröffnet, ein 16-Millionen-Euro-Bauwerk, da darf man etwas erwarten für sein Geld. Und es scheint eine gute Investition gewesen zu sein, die ersten Filmprojekte sind abgedreht, und die Regisseure, so verlautet aus dem Studio, sind glücklich: Über die breiten Straßen, die den Menschen vor und hinter der Kamera viel Bewegungsfreiheit lassen, über die bewusst ein wenig schief konstruierten Fassaden, die der Kameramann nach Bedarf naturalistisch „begradigen“ oder in schräger Perspektive expressionistisch „dramatisieren“ kann.

Und die Anlage bietet eben auch sonst noch viele Möglichkeiten der Variation, ein Blick auf die bislang dort entstandenen Filme belegt es.

Auch vor dem Roten Rathaus drehte Tom Tykwer (hier mit Kameramann Frank Griebe) Szenen zu "Babylon Berlin".
Auch vor dem Roten Rathaus drehte Tom Tykwer (hier mit Kameramann Frank Griebe) Szenen zu "Babylon Berlin".

© Frédéric Batier/X Filme

Den Anfang machte das auf den Gereon-Rath-Romanen des Autors Volker Kutscher basierende und soeben abgedrehte Serienprojekt „Babylon Berlin“, dessen Szenenbildner Uli Hanisch an der Entwicklung der „Neuen Berliner Straße“ sogar beteiligt war. Drei Regisseure, Tom Tykwer, Hendrik Handloegten und Achim von Borries, waren an dem von X Filme Creative Pool gemeinsam mit der ARD, Sky und Beta Film produzierten Projekt beteiligt, das voraussichtlich in der zweiten Hälfte des kommenden Jahres in zwei Staffeln zu je acht Folgen ausgestrahlt wird.

Seit Mai wurde in Berlin, Brandenburg und Nordrhein-Westfalen gedreht, dreimal auch in der Kulissenstraße, von allen drei Regisseuren, und an die Chronologie des Stoffes hat man sich dabei keineswegs gehalten. Da muss eine Kulisse wirklich schon sehr anpassungsfähig sein.

Ein Szenenmotiv aus "Babylon Berlin" mit Liv Lisa Fries, gedreht in der "Neuen Berliner Straße".
Ein Szenenmotiv aus "Babylon Berlin" mit Liv Lisa Fries, gedreht in der "Neuen Berliner Straße".

© Frédéric Batier / X Filme

Und das ist sie auch gegenüber Stoffen unterschiedlicher Zeiten. „Babylon Berlin“ spielt im Berlin der zwanziger Jahre, als hier noch der verschnörkelt-überladene Stil der Gründerzeit dominierte. Danach übernahm David Bowies Sohn Duncan Jones für seinen Science-Fiction-Thriller „Mute“, ein für Netflix gedrehter Film über das Berlin des Jahres 2052. Auch Terence Malick war schon in der Straße. Sein neuer Film „Radegund“ spielt in den frühen vierziger Jahren, in der „Neuen Berliner Straße“ entstand eine Szene hinter einem österreichischen Kleinstadtbahnhof.

Auch Werbefilme und zwei kleinere Studentenprojekte entstanden schon in der Kulisse. Aber das bislang größte Projekt blieb doch „Babylon Berlin“ mit Volker Bruch als Kommissar Gereon Rath, dem Volker Kutscher mittlerweile bereits sechs Romane gewidmet hat, der vorerst letzte – „Lunapark“ – ist gerade erst erschienen. Zum Schauspielerensemble gehören Schauspieler wie Matthias Brandt, Benno Fürmann, Lars Eidinger, Udo Samel, Sebastian Urzendowski, Fritzi Haberlandt, Hannah Herzsprung – und ein Komparsenheer von rund 5000 Darstellern. Die tummelten sich in Berlin unter anderem am Roten Rathaus und auf dem Alexanderplatz.

Einen historischen Kiosk hatte man auf dem Platz aufgebaut, auch ein halbes Dutzend Oldtimer, einen Bierkutscher und selbst eine Straßenbahn – Linie 48 E zwischen Hackescher Markt und Pankow-Kirche – hinbeordert. Im hinteren Waggon durfte sogar geraucht werden. Echt historisch eben.

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