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Die Gedenkbibliothek ist voll ausgelastet, könnte aber erweitert werden.

© Kitty Kleist-Heinrich

Neuer Standort am Blücherplatz?: Immer mehr Politiker für Landesbibliothek in Kreuzberg

Welcher Standort eignet sich für eine Zentral- und Landesbibliothek? Mehrere Stadtentwickler und Kulturpolitiker der Koalition plädieren nun für den Ausbau der Amerika-Gedenkbibliothek in Kreuzberg.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Der Kreuzberger Blücherplatz, die grüne Insel am Landwehrkanal, gewinnt immer mehr Freunde – als künftiger Standort für eine Zentral- und Landesbibliothek. Neben dem SPD-Landeschef Jan Stöß sprechen sich auch wichtige CDU-Politiker dafür aus, die Amerika-Gedenk-Bibliothek (AGB) zu sanieren und durch einen Neubaukomplex zu erweitern. Der Vize-Fraktionschef der Union, Stefan Evers, und der CDU-Kulturexperte Stefan Schlede loben vor allem die gute innerstädtische Lage.

„Dort können auch Bevölkerungsschichten erreicht werden, für die Bildung nichts Alltägliches ist“, sagte Schlede dem Tagesspiegel. Er hält den Standort Blücherplatz jedenfalls für besser als die Nutzung des Flughafengebäudes in Tempelhof, für dessen Sanierung und Umbau es bisher weder ein Konzept noch öffentliches Geld gibt. Außerdem blockieren dort dauerhafte Veranstaltungen – wie die Modemesse Bread & Butter – eine großflächige Nutzung des Terminals einschließlich des Flughafen-Vorfeldes für eine Landesbibliothek.

Keine Zersplitterung auf mehrere Standorte

Natürlich kostet ein Erweiterungsbau am Blücherplatz und die Sanierung der 60 Jahre alten AGB, die zudem schadstoffbelastet ist, viel Geld. Der Landesrechnungshof geht von „257 bis 288 Millionen Euro für einen Vollausbau“ aus. „Aber teuer wird’s überall“, sagt Schlede. Zwar gebe es in der CDU auch Befürworter einer Bibliothek im alten Flughafengebäude, aber einig sei man sich, dass die Zersplitterung auf zwei Standorte (Kreuzberger AGB und Breite Straße in Mitte), die baulich marode und überlastet sind, nicht mehr akzeptabel ist.

Ort des Buches: die Amerika-Gedenkbibliothek.
Ort des Buches: die Amerika-Gedenkbibliothek.

© Kitty Kleist-Heinrich

Unterstützung für den Blücherplatz kommt auch von der SPD-Kulturpolitikerin Brigitte Lange. „Da der Neubau auf dem Tempelhofer Feld wegen des Volksentscheids nicht zustande kommt, ist das für mich die beste Lösung.“ Eine große Landesbibliothek in einem verkehrlich gut erreichbaren und sehr lebhaften Quartier, wo die AGB seit Jahrzehnten bildungshungrige Menschen anlockt, das wäre doch was. Allerdings weiß Lange, dass in der SPD-Fraktion aus finanzpolitischen Gründen starke Kräfte immer noch dafür werben, die Zentral- und Landesbibliothek im vorerst stillgelegten Internationalen Congress Centrum (ICC) unterzubringen. Auch in der CDU-Fraktion gibt es Haushälter, die das wollen, um so zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen: Das ICC sanieren und gleichzeitig eine Landesbibliothek schaffen. Ob das bautechnisch und urheberrechtlich überhaupt möglich wäre, ist eine ganz andere Frage. Außerdem sei der Standort zwischen Autobahn, Hauptverkehrsstraßen und S-Bahn sehr unwirtlich, meint die SPD-Kulturexpertin. „Würden Sie Ihre Kinder dort hinschicken?“

ICC kommt für Linke und Grüne nicht in Frage

Für Grüne und Linke, die in der Opposition sind, wäre der Blücherplatz immerhin die zweitbeste Lösung - nach dem Umbau des Flughafengebäudes in Tempelhof. Das ICC halten die Grünen-Fraktionschefin Antje Kapek und die Stadtentwicklerin der Linken, Karin Lompscher, für nicht diskutabel. Sollte es auf die Erweiterung der AGB in Kreuzberg hinauslaufen, müsste nach Meinung Lompschers das üppige Bedarfsprogramm für eine neue Bibliothek eingedampft werden. Ansonsten würde der neue Bau zu massiv. Und es gebe noch ein Problem, das auch von SPD, CDU und Grünen gesehen wird: Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg müsste sich bereiterklären, die Grünfläche neben der AGB für einen Erweiterungsbau zu entwidmen und auf Pläne zu verzichten, in der leer stehenden AGB ein bezirkliches Kultur- und Bildungszentrum einzurichten.

Kulturausschuss tagt im September

Vorerst aber warten Regierungs- und Oppositionsfraktionen auf die vom Kultur-Staatssekretär Tim Renner angekündigte neue Standortprüfung für die Zentral- und Landesbibliothek. An verbindliche Standort- und Finanzierungsbeschlüsse des Senats noch in dieser Wahlperiode glaubt kaum noch jemand. „Wir warten ab“, sagt der CDU-Mann Evers diplomatisch. Im September, in der ersten Sitzung nach der Sommerpause, wird sich der Kulturausschuss des Abgeordnetenhauses mit dem Thema auf Initiative aller Fraktionen befassen.

Dann kommt sicher auch zur Sprache, was die Kulturverwaltung dementiert. Nämlich der angebliche Rückzug des Landes Berlin aus dem Schlossbauprojekt in Mitte – aus finanziellen Gründen. Im Humboldtforum war bisher eine Filiale der Zentral- und Landesbibliothek eingeplant. Eine Dauerausstellung „Welt der Sprachen“ auf 4000 Quadratmetern, im östlichen Teil des ersten Obergeschosses. Um das Projekt ist es allerdings still geworden.

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