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Betroffen sind unter den Kindern vor allem Heranwachsende in alleinerziehenden Familien oder in Mehrkindfamilien mit drei und mehr Heranwachsenden.

© dpa / dpa / Julian Stratenschulte

Update

Hauptstadt über dem Bundesdurchschnitt: Fast jedes vierte Kind in Berlin ist von Armut bedroht – in Brandenburg jedes fünfte

Eine Studie kommt nun zu dem Ergebnis: In Berlin ist nahezu jedes vierte Kind armutsgefährdet. Bei den jungen Erwachsenen ist die Zahl noch dramatischer.

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Fast jedes vierte Kind und jeder dritte junge Erwachsene in Berlin sind einer Studie zufolge von Armut bedroht. 2021 waren demnach 143.906 Kinder und 88.656 junge Erwachsene im Alter von 18 bis 25 Jahren armutsgefährdet, wie aus einer am Donnerstag von der Bertelsmann-Stiftung veröffentlichten Analyse hervorgeht. Das sind 23,3 Prozent der Berliner Kinder und 34,2 Prozent der jungen Erwachsenen in der Stadt. In Brandenburg ist fast jedes fünfte Kind und jeder fünfte junge Erwachsene von Armut bedroht.

Alleinerziehende und Familien mit mehr als drei Kindern waren der Studie zufolge am stärksten betroffen. „Wer als junger Mensch in Armut aufwächst, leidet täglich unter Mangel, Verzicht und Scham und hat zugleich deutlich schlechtere Zukunftsaussichten“, sagte Anette Stein von der Stiftung laut Mitteilung.

Berlins Sozialsenatorin Katja Kipping (Linke) drängt vor dem Hintergrund der Studie auf die Umsetzung der Kindergrundsicherung, die die Bundesregierung für 2025 geplant hat. Die bisherigen Überlegungen dazu hält Kipping für nicht ausreichend: „Die bisherigen Ausführungen der Bundesregierung sind sehr nebulös und wecken eher Befürchtungen“, sagte sie dem Tagesspiegel.

Sie wolle den Gesetzgebungsprozess im Bundesrat dahingehend begleiten, dass es eine Kindergrundsicherung gebe, die wirklich vor Armut schütze.

Bessere Verzahnung von Hilfsangeboten

Berlin selbst tue bereits einiges für arme Kinder, etwa mit dem kostenfreien Mittagessen in Schulen, dem kostenfreien Nahverkehrs-Ticket für Schüler sowie vergünstigten Angebote für Sport, Kultur und Freizeit mit dem BerlinPass. Bald, so kündigte die Senatorin an, soll es auch freie Zeit-Slots in den Schwimmbädern für BerlinPass-Inhaber geben.

In einem so reichen Land wie unserem ist jedes einzelne Kind in Armut ein gemeinsames Versagen.

Aziz Bozkurt, Berlins Jugendstaatssekretär

Auch Aziz Bozkurt, Jugendstaatssekretär und Vorsitzender der Berliner Landeskommission zur Prävention von Kinder- und Familienarmut, hält die hohen Zahlen für nicht hinnehmbar: „In einem so reichen Land wie unserem ist jedes einzelne Kind in Armut ein gemeinsames Versagen.“ Auch er sieht die Kindergrundsicherung als „zentrale Stellschraube“. Außerdem sei es wichtig, die Vererbungsketten von Armut zu durchbrechen. „Dafür müssen wir unsere Institutionen und Hilfestellungen für Familien, Kinder und Jugendliche stärken und besser verzahnen“, sagte Bozkurt.

Bundesweit gab es 2021 laut Stiftung etwa 2,88 Millionen (20,8 Prozent) von Armut bedrohte Kinder. Bei den jungen Erwachsenen waren es 1,55 Millionen (25,4 Prozent). Im ostdeutschen Vergleich lag die Quote der armutsgefährdeten jungen Erwachsenen in Berlin knapp über dem Durchschnitt (32,5 Prozent) – in Westdeutschland waren es dagegen im Schnitt 24,2 Prozent.

Als armutsgefährdet gelten Kinder und Jugendliche in Familien mit einem Einkommen unter 60 Prozent des mittleren Haushaltseinkommens. Viele dieser jungen Menschen benötigen staatliche Hilfen, um über die Runden zu kommen. Die Zahlen der Betroffenen sind nach Angaben der Bertelsmann-Stiftung insgesamt erstmals seit fünf Jahren deutlich gestiegen, weil aus der Ukraine geflüchtete Minderjährige hinzukamen. (mit dpa)

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