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Auch Anis Amri, der tunesische Asylbewerber, war ein Gefährder. Sein Bild hängt kurz nach dem Attentat am Breitscheidplatz in einer Polizeiwache.

© dpa/Dedert

Abschiebeanstalt in Berlin: Gewahrsam für islamistische Gefährder

Der Berliner Senat plant eine neue Anstalt für ausreisepflichtige potenzielle islamistische Terroristen.

Der Senat plant, noch in diesem Sommer eine Abschiebeanstalt für islamistische Gefährder einzurichten. Dazu soll nach Tagesspiegel-Informationen ein Justizgebäude umgerüstet werden. In diesen Tagen sprechen Innensenator Andreas Geisel (SPD) und Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) darüber, das bestätigte Geisels Sprecher. Ausländischen Gefährdern muss der Aufenthaltsstatus entzogen werden, um sie bis zur Abschiebung in Gewahrsam zu nehmen. Vorher muss dargelegt werden, dass von ihnen schwere Straftaten zu erwarten sind.

Mehr Salafisten - mehr potenzielle Terroristen

Die Idee, zur Ausreise verpflichtete Terrorverdächtige im märkischen Eisenhüttenstadt unterzubringen, ist demnach obsolet. Berlin selbst hat seit 2015 keine entsprechende Anstalt, das frühere Abschiebegefängnis in Berlin-Grünau steht leer. Die wenigen Ausländer, die die Hauptstadtbehörden in Abschiebegewahrsam nehmen, wurden zuletzt in Eisenhüttenstadt untergebracht.

Salafisten 2012 auf dem Potsdamer Platz in Berlin - aus ihrer Szene stammen Gefährder oft.
Salafisten 2012 auf dem Potsdamer Platz in Berlin - aus ihrer Szene stammen Gefährder oft.

© imago/ Mang

Derzeit wird von 80 Gefährdern ausgegangen, also aktiven Islamisten, denen nach oft monatelanger Beobachtung ein Terrorakt zugetraut wird. Sicherheitsexperten erwarten, dass es mittelfristig eher mehr Gefährder gibt. Die Zahl der potenziellen Terroristen steigt wohl schon deshalb, weil die Szene fanatischer Islamisten insgesamt größer wird. Der Chef des Berliner Verfassungsschutzes, Bernd Palenda, hatte am Dienstag erklärt, dass man von 880 Salafisten in Berlin ausgehe, von denen 410 gewaltbereit seien. Bundesweit wird von bald 700 Gefährdern ausgegangen.

Für Überwachung von Gefährdern fehlen fast 2000 Beamte

Nicht nur in Berlin besteht dabei allerdings ein rechtlich-politisches Problem. In der Stadt haben rund 50 Prozent der Gefährder der Innenverwaltung zufolge die deutsche Staatsangehörigkeit, oft sind es Kinder von Einwanderern aus der Türkei und dem Nahen Osten. Sie können nicht abgeschoben werden. Und während Sicherheitsexperten eine Überwachung dieser Männer für angemessen halten, wird sich auch das nicht umsetzen lassen. In Berlin mangelt es an Personal dafür. Für eine Rund-um-die-Uhr-Überwachung sind 25 Beamte im Schichtbetrieb nötig. Würden die bald 80 Berliner Gefährder, denen ein Anschlag zugetraut wird, dauerhaft observiert, bräuchte die Stadt dafür mehr als 2000 Beamte – vorhanden sind 160 Observationskräfte.

Grünen-Experte Lux: "Dürfen wir nicht warten, bis etwas passiert"

Der rot-rot-grüne Senat wird auch daran gemessen werden, ob er im Umgang mit Islamisten harte Sicherheitspolitik kann. „Die Pläne des Senats zur Terrorabwehr sind sinnvoll und rechtsstaatlich. Bei entschlossenen und besonders gewaltbereiten Gefährdern dürfen wir nicht warten, bis etwas passiert“, sagte Benedikt Lux (Grüne). Der Abgeordnete lehrt an der Hochschule für Wirtschaft und Recht auch Aufenthaltsrecht.

Auch Anis Amri, der beim Breitscheidplatz-Attentat 2016 zwölf Menschen ermordete, war den Behörden als Gefährder bekannt. Dennoch wurde er nicht in Gewahrsam genommen. Etwaige Pannen sollen durch einen Untersuchungsausschuss aufgeklärt werden.

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