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Berlin hat einen höheren Anteil an Gründerinnen.

© Getty Images

Gedämpfter Start-up-Boom in Berlin: Weniger Neueinstellungen, mehr Entlassungen

Laut „Start-up Monitor“ machen die Krisen auch der Gründerszene zu schaffen. Berlin bleibt „Hotspot“, allerdings werden Jobs abgebaut. In der Hauptstadt gründen mehr Frauen Firmen.

Sie bleiben zwar die Innovationshoffnung der Wirtschaft, doch die boomenden Start-up-Zeiten sind vorerst vorbei – auch in der Hauptstadt: Die Stimmung unter den Gründerinnen und Gründern „kühlt deutlich ab“. Das ergab der „Deutsche Start-up Monitor 2023“ (DSM). Der DSM des Startup-Verbands und der Unternehmensberatung PwC Deutschland ist mit fast 2000 Befragten die umfassendste Studie zur Start-up-Landschaft in Deutschland.

Berlin ist „Hotspot“

Laut der Befragung liegt das Geschäftsklima nur knapp über dem bisherigen Tiefpunkt im Corona-Jahr 2020. Es gibt Auskunft über die Erwartungen und Stimmungen von Managern im Hinblick auf die künftige Markt- oder Konjunkturentwicklung. Berlin gehört demnach neben München weiterhin zu den „Hotspots“ der Start-up-Szene.

Neben der Geschäftslage hat sich auch die „generelle Einschätzung zum Start-up-Ökosystem eingetrübt“ und liegt mit 58 Prozent zehn Prozentpunkte unter dem Wert vom vorigen Jahr. Die Gründe: Inflation, Zinswende und Wirtschaftsflaute. Das Fazit des Monitors liest sich doppeldeutig: Das „Innovationsökosystem in Deutschland steht aktuell unter Druck“. Trotzdem bleibe die große Mehrheit der Start-ups auf Wachstumskurs. Die Umfrage besagt auch: Neun von zehn Gründerinnen und Gründern würden wieder ein Unternehmen aufbauen.

Die Bundesregierung muss Start-up-Themen vorantreiben und das Zukunftsfinanzierungsgesetz im Sinne deutscher Start-ups ausgestalten.

Franziska Teubert, Geschäftsführerin Start-up-Verband

Der Blick auf Berlin als „Start-up-Hauptstadt“, wo 20,8 Prozent der Start-ups ihren Hauptsitz haben, zeigt: 41,2 Prozent aller Berliner Start-ups sind im wachsenden „SaaS-Bereich“ aktiv, also in der Softwareentwicklung. (Deutschland: 33,4 Prozent). Hier in der Hauptstadt, wo neben München die wachstumsstärksten Unternehmen sitzen, liegt auch die durchschnittliche Beschäftigtenzahl mit 41,2 Mitarbeitenden deutlich höher als im Bundesdurchschnitt (18,9 Prozent).

Allerdings wird in Berlin ein „Dämpfer“ bei den geplanten Neueinstellungen sichtbar: In der Hauptstadt sind noch 13,2 Neueinstellungen je Firma geplant (2022: 19,8), in München 12,1 (2022: 15,8). Bundesweit fällt dieser Rückgang moderater aus: acht neue Jobs sollen im Mittel in den kommenden zwölf Monaten geschaffen werden (2022: 9,2).

Das „investitionsintensive und wachstumsstarke Ökosystem Berlin“ sei zudem stärker von Entlassungen als der Rest der Bundesländer betroffen: Hier musste im vergangenen Jahr fast jedes vierte Unternehmen (24,2 Prozent) Jobs abbauen, während im gleichen Zeitraum 46,8 Prozent neue Stellen schaffen konnten. In München war die Entwicklung positiver: Nur 12,6 Prozent haben Personal entlassen und 60,9 Prozent konnten neu einstellen.

Positiv ragt Berlin allerdings bei der Zahl der Frauen, die sich selbstständig machen, heraus: Der Gründerinnenanteil liegt mit 26,7 Prozent etwas höher als im Bundesschnitt (20,7 %).

26,7 
Prozent beträgt der Anteil der Frauen in Berlin

Ein deutlich höherer Anteil an Start-ups in Berlin hat Risikokapital von Business Angels (52,1 gegenüber 32,6 Prozent) und Venture-Capital-Fonds (37,4 gegenüber 18,6 Prozent) aufgenommen. Demnach haben allein 21 von insgesamt 33 „deutschen Unicorns“ ihren Sitz in der Hauptstadt. Unicorns sind Unternehmen, die mit mehr als einer Milliarde Dollar bewertet werden.

Franziska Teubert, Geschäftsführerin Startup Verband

© Bundesverband deutsche Startups e.V./Lukas Schramm

40,6 Prozent der Berliner Start-ups haben Unterstützung von einer Hochschule erhalten – weniger als bundesweit mit 49,2 Prozent. Nach Einschätzung des Startup-Verbands zeigten die Entwicklungen in Berlin, dass das Ökosystem der Hauptstadt reifer ist als im Bundesvergleich, „hier gibt es größere, internationalere und erfolgreichere Start-ups“, die weniger auf institutionelle Gründungsförderung und Unterstützung von Hochschulen angewiesen seien.

„Trotz schwieriger Zeiten für die gesamte Wirtschaft sehen wir, dass Start-ups insbesondere in Berlin ein Jobmotor bleiben“, sagt Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD). Dass der Gründerinnenanteil höher als in Gesamtdeutschland, zeige: „Wir sind mit unserer Startup-Agenda und unseren Maßnahmen wie dem neuen GründerinnenBonus auf dem richtigen Weg, um Start-up- Metropole Nummer 1 in Europa zu werden.“

Franziska Teubert, Geschäftsführerin Start-up-Verband, sagte, die aktuelle Lage stelle für junge Wachstumsunternehmen eine Belastung dar. Gleichzeitig werde deutlich: Start-ups blieben ein unersetzlicher Innovationsmotor. Die Bundesregierung müsse Start-up-Themen vorantreiben und das Zukunftsfinanzierungsgesetz im Sinne deutscher Start-ups ausgestalten, forderte sie. Dabei geht es auch um die Ausgestaltung von Mitarbeiterbeteiligungen.

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