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Glück in Kugeln. In der Vitrine ihrer Confiserie Mélanie in Charlottenburg stapelt Schokoladenmeisterin Sabine Dubenkropp derzeit ihre Pralinen-Winterkollektion, unter anderem riesige Bälle aus Knuspernugat mit Haselnuss- und Honig-Marzipan. Und drumherum in den Regalen des Ladencafés ist alles voller Schokolade, Keksen, Kuchen . . .

© Thilo Rückeis

Deutschlands Schokoladenmeisterin kommt aus Berlin: Ein süßer Job

Die perfekte Praline erkennt man schon am Knack exakt temperierter Schokolade. Sabine Dubenkropp kann davon gut 100 Sorten

Von Susanne Leimstoll

Ein Freund erzählt Sabine Dubenkropp von Vanilleeis mit Kürbiskernöl und sagt, kannst du ja mal als Praline machen. Sie ist skeptisch, isst nicht gern Eis, findet kaltes Öl nicht lecker – und versucht sich dennoch an dieser Kombination. Sie rührt eine weiße Vanilleganache, fügt tröpfchenweise Kürbiskernöl hinzu, bettet die Creme in eine zarte Kugel weißer Schokolade. Und? Schmeckt jetzt wie? So, sagt die aktuelle Deutsche Schokoladenmeisterin, wirft die Arme in die Luft, reißt die Augen auf und jubelt: „Oh – mein – Gooottt! Wie Pistazie! Besser als Pistazie!“ Die weiße Versuchung hat sie nun im Programm, sie liegt in kleinen Stapeln auf einem Tablett in der Vitrine ihres Charlottenburger „Café Melanie“, eine von 100 Sorten für den Winter.

Auf den Punkt gewürzt

Die perfekte Praline braucht für Sabine Dubenkropp nicht eine Fülle von Aromen, sie schwärmt für Schlichtheit, zum Beispiel: frischen Thymian in der Sahnefüllung, dazu dunkle Schokolade, nichts weiter. Sie arbeitet nicht mit Flüssigaromen oder Pülverchen. „Damit kann man ja nichts überdecken, nichts unterstützen. Es muss einfach genug von einem gehaltvollen Produkt rein, damit das Ergebnis vollkommen wird.“ Meist ist die komplexere Kombination aus drei Zutaten bei ihr reine Kopfsache. Sabine Dubenkropp ist gelernte Köchin, sie weiß, was zusammengeht. „Das ist, als würde man eine Farbe sehen. Man sagt Petrol und weiß, wie es aussieht.“ Sie öffnet die Kühlhaustür, greift mitten rein in eine akurat aufgereihte Truppe kleiner Pralinenkegel und serviert: „O 3“. Orange, Grand Marnier – ein Orangenlikör auf Basis von Cognac, fassgelagert –, dazu noch Bergamotte als drittes Zitrusaroma. Die Kombination funktioniert mit Vollmilch-, mit weißer, mit dunkler Schokolade. „Da macht nichts ,bamm!‘ “, sagt sie. „Der Geschmack ist nicht sofort da. Man kann genießen, was sich im Mund entwickelt, spüren wie der Alkohol die Nase kitzelt. Man kann ein wenig in sich hineinhorchen und dann erst – vielleicht – eine andere essen.“ Dubenkropp sagt, ihre Pralinen seien „geschmacklich auf den Punkt“. „In der Sternegastronomie“, sagt sie frech, „stehen ja auch nicht Pfeffer und Salz auf dem Tisch.“

Handwerk plus Alchimie

So viel zur Komposition. Der Rest ist, man muss es so sagen, Handwerk plus Gespür. Und Alchimie. Die handwerklich perfekte Praline verrät sich akustisch – durch den Knack beim Reinbeißen. Der ist nur zu hören, wenn die Schokolade optimal temperiert wurde, dann stimmt die Struktur der Kristalle. Das verlangt, jede Sorte Kuvertüre bis zur richtigen Temperatur zu verflüssigen, dunkle als Beispiel auf 45 Grad und sie dann bis zur idealen Gradzahl, also bis zur Vorkristallisation auf 32 Grad herunterzukühlen. Viele Profis machen das mit sehr teuren Temperiermaschinen. Sabine Dubenkropp arbeitet mit dem Lebensmittelthermometer, ihrem „Wärmepott“ und ihrer Erfahrung.

Schokolade in idealer Kristall-Konsistenz sieht aus wie frisch angerührter Pudding. Rasch mit dem Spatel in die Pralinenform streichen, Überschuss auskippen, und die Hülle steht, glänzt perfekt, wird weder grau noch bröselig, schrumpft, wenn Füllung drin und Deckel drauf sind, sodass sie sich leicht aus der Form löst. Bei all dem muss noch die Raumtemperatur stimmen – 18 bis 20 Grad – , die Abkühlung muss rasch erfolgen und die Gemütslage der Chocolatière sollte ausgeglichen sein. „Es gibt Tage“, sagt Sabine Dubenkropp, „da kann ich nicht temperieren.“ Das tröstet den Laien.

Ein Schoko-Burger als "Snack to go"

Vor Kurzem, als sie an der WM der Schokoladenmeister in Paris teilnahm, war es in den Showräumen so warm, dass Dubenkropps korrekt temperierte Praline von innen grau anlief und sie das Malheur flugs mit der Füllung kaschierte. Schwierige Bedingungen für Filigranarbeiter: Scheinwerfer, Kameras, Erschütterungen, Trommlertruppen. Auch Sabine Dubenkropps meterhohes Schaustück, ein emporzüngelndes Fantasiegewächs aus massiver Schokolade, zerbrach. Da flossen ein paar Tränen. In die Runde der letzten zehn kam sie nicht, doch ihr blieb der Triumph, einen der besten „Sweet Snacks to go“ präsentiert zu haben: „Trésor jeunesse“, einen Burger von sechs Zentimetern Durchmesser in einer Spanschachtel. Außen Maronenkeks, innen zweischichtig Pate de fruit von der Gojibeere und der Berberitze, dazu Zartbitterschokoladen-Ganache. Die „Brötchenhälften“, bestreut mit Nussbruch-Bröseln, gehalten von einem Schokoblatt. Das Meisterstück kann nun jedermann kosten, besser noch, Sabine Dubenkropp backt den leckeren Batzen in zwei weiteren Variationen: Rotweinbirne – Zimt und Lychee – Rose – Himbeere. „Ein kleiner Kraftprotz“, sagt sie spitzbübisch, öffnet noch mal die Kühlhaustür und fragt, als spielten Kalorien keine Rolle: „Und, hast du noch Platz für eine Praline?“

- Confiserie Mélanie, Grolmannstr. 20, Charlottenburg

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